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Bürgermeister im Kreuzfeuer

21. Mai 2019 | von Nina Zacke
Bürgermeister im Kreuzfeuer
Bürgermeister Klaus Ziernhöld spürte bei der Bürgerversammlung in Bichlbach viel Gegenwind. Vor allem sein Ja zum Fernpass-Scheiteltunnel nahmen ihm viele übel. RS-Fotos: Gerrmann

Auf Klaus Ziernhöld prasselte bei der Bichlbacher Bürgerversammlung Kritik ein


Keinen angenehmen Abend konnte Bichlbachs Bürgermeister Klaus Ziernhöld am Dienstag vergangener Woche verbringen: Bei der Bürgerversammlung im Dorfheim hagelte es Vorwürfe von allen Seiten. Und immer wieder wurde eine Forderung laut: Das Dorfoberhaupt solle öffentlich klarstellen, dass seine Unterschrift für den Fernpass-Scheiteltunnel seine rein private Meinung sei – und die Bürger das genaue Gegenteil wollten.

Von Jürgen Gerrmann

Wenn sich die Wirkungsbereiche verschiedener Waffen überlappen, spricht man beim Militär von einem „Kreuzfeuer“. Und mittendrin muss sich Klaus Ziernhöld wohl beim Punkt „Allfälliges“ vorgekommen sein. Hans Strolz gab dabei den ersten Schuss ab: Vor 30 Jahren seien 8000 Autos pro Tag durchs Zwischentoren gerollt, nun mit 17 500 mehr als das Doppelte. Dazu habe er im Bericht des Bürgermeisters zuvor kein Wort gehört. Und der Taxi-Unternehmer machte klar: „Ich halte nix vom Fernpass-Tunnel, der zieht nur noch mehr Verkehr an.“
Gravierende Vorwürfe.

Als Ziernhöld die Auffassung vertrat, eine schnelle Lösung bringe nur der Fernpass-Scheiteltunnel plus einer Maut durchs Außerfern, platzte seinem Vorgänger Albert Linser der Kragen: Bei einer Bürgerversammlung vor drei Jahren sei das ganze Dorfheim gegen dieses Projekt gewesen, der ganze Gemeinderat habe sich angeschlossen, und dennoch habe der Ortschef dafür unterschrieben. Als Privatmann dürfe er das ja: „Aber ich will nicht, dass der Eindruck erweckt wird, ganz Bichlbach sei dafür. Es darf nicht sein, dass der Bürgermeister sich gegen die eigene Bevölkerung stellt!“
Und Linser fuhr noch schärferes Geschütz auf: Bei einem Gespräch habe Ziernhöld unter mehreren Zeugen gesagt, die Tunnel-Gegner seien „zu blöd“. Die Gemeinde brauche Geld vom Land, also müsse man der Regierung auch entgegenkommen. Und vielleicht habe es ja auch sein Gutes, wenn das Tonnagelimit für Lkw möglicherweise falle – dann stehe alles, und dann müsse endlich etwas Wirkungsvolles getan werden. Dieser Darstellung wurde an diesem Abend auch nicht widersprochen. Zumindest nicht lauthals.
Laut Linser verursacht auch eine Mautstelle nur noch zusätzlichen Stau, und wenn auch noch der Tschirgant-Tunnel durchgeboxt werde, dann wolle die ASFINAG auch den Lkw-Verkehr als Einnahmequelle. Erneut zu lasten des Außerferns. Die Verantwortlichen seien „zu feige“, um mit „den Deutschen“ ernsthafte Verhandlungen über eine Dosierampel schon vor dem Grenztunnel zu führen.
Stefan Kätzler ärgerte sich über die Landesregierung: Die vermelde immer kleine Erfolge aus dem Inntal, aber in Wahrheit überflute immer mehr Verkehr Tirol.
Verkehrssteuerung per Maut?

„Der Verkehr ist zu billig. Etwas zu steuern, geht nur über Geld“, versuchte wer, erneut für die Maut zu werben. Und er hielt Linser entgegen: „Der Scheiteltunnel wird gebaut, egal ,was Du oder ich sagen.“
Manuela Lagg verwies auf das Beispiel von Lermoos, wo der Bürgermeister klargestellt habe, dass er für, die Gemeinde aber gegen das Projekt sei: „Du bist der Bürgermeister von uns allen und hast unsere Interessen zu vertreten!“ Der wiederum verwies darauf, dass man mit den (ebenfalls oft kritisierten) 100 Millionen immerhin die Spitze der Fernpass-Route kappen, etwas für Radler und Wanderer tun und auch das Natura 2000-Gebiet auf der Passhöhe entlasten könne.
Das freilich brachte Linser noch mehr auf die Palme: „Um das Naturschutzgebiet oben auf dem Fera kümmerst Du Dich, aber Deinen Bürgern fällst Du in den Rücken!“
„Für konstruktive Lösungen“.

Der Einzige, der dem Ortschef vernehmbar den Rücken stärkte, war Gemeinderat Stefan Schwarz: Man gehe ja die Lärmprobleme in Lähn und Wengle an, mache Messungen, erhöhe den Druck auf das Land. Auch das sei sehr wichtig. Und dann müsse man sich eben hinsetzen, gemeinsam konstruktive Lösungen suchen. Statt immer nur loszuwettern.
Ziernhöld ging letztlich auch in diese Richtung: „Ich bin nicht gewählt, um den Kopf in den Sand zu stecken. Das ist mir zu wenig. Ich will eine konstruktive Lösung.“ Aber eine Spur von Resignation konnte er dann doch nicht verbergen: „Wenn bei der Wahl in zweieinhalb Jahren jemand meint, dass er es besser macht, dann bin ich dafür sehr empfänglich.“
Grundzusammenlegung?

Schon beim eigentlichen Anlass der Bürgerversammlung hatte er kräftigen Gegenwind gespürt: Für eine Grundzusammenlegung hatten sich nur wenige Fürsprecher gefunden. Nun sollen alle 640 Grundeigentümer angeschrieben werden, um zu klären, inwieweit überhaupt ein Interesse an solch einem Projekt, das laut Ziernhöld wohl um die acht Jahre in Anspruch nähme, besteht.

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