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„Der Radler wird im Winter gemacht“

7. April 2020 | von Sabine Schretter
„Der Radler wird im Winter gemacht“
Freilufttraining ist auch trotz Ausgangssperre möglich. Foto: Gobber

Christoph Gobber bereitet sich im Keller und auf der Terrasse auf eine Rennsaison mit vielen Unbekannten vor


Der Außerferner Radsportler Christoph Gobber steckte bereits mitten im Trainig für die Radrennsaison 2020, als Corona kam und seine Trainingspläne über den Haufen warf. Jetzt trainiert er unter angepassten Voraussetzungen. Der Saisonstart steht in den Sternen.

„Mein letztes Rennen bestritt ich im Oktober 2019. Danach lief mein Grundlagentraining noch etwa drei Wochen weiter, bevor es in eine vier- bis fünfwöchige Pause ging“, erzählt Christoph Gobber, der beim RSC Auto Brosch Kempten fährt, im Gespräch mit der RUNDSCHAU. Während dieser Pause wurde das Training ziemlich zurückgefahren. Christophs Trainer Thomas Steurer stellte einen Plan zusammen, der vorsah, drei Monate ohne Rad zu trainieren. „Lauftraining und Dehnübungen waren angesagt“, lässt der Sportler wissen. Im Dezember ging es dann wieder voll los mit Lauf-, Kraft- und Ausdauertraining und Muskelaufbau. Vor allem Ausdauer wird im Winter trainiert, denn „der Radler wird im Winter gemacht“. Der Ausbruch des Coronavirus in Europa und die damit verbundenen, immer restriktiver werdenden Maßnahmen stellten für den jungen Sportler alles auf den Kopf. Thomas Steurer arbeitete einen neuen Trainingsplan aus. „Das Lauftraining draußen fällt ja jetzt weg. Ich dürfte zwar für eine bestimmte Zeit auch im Freien was machen, wir haben aber beschlossen, das nicht zu tun und uns an die Vorgaben zu halten“, schildert Christoph Gobber die neue Situation. Wenn er beim Outdoor-Training einen Unfall hätte, würde er unter Umständen Rettungskräfte beanspruchen, die derzeit viel dringender an anderen Stellen gebraucht werden. Auch eine Einlieferung in ein Krankenhaus soll vermieden werden.
Im Keller und auf der Terrasse.

Er kann seine Training unter geänderten Bedingungen fortsetzen. Mit seinem Trainer Thomas Steurer steht Christoph Gobber in regelmäßigem Kontakt. „Daran hat sich nichts geändert. Wir sprechen uns mehrmals in der Woche ab, gehen alles durch. Mein Krafttraining kann ich zu Hause machen, da ich das nötige Equipment habe. Das Rollentraining mit dem Rad findet halt jetzt im Keller und bei schönem Wetter auf der Terrasse statt. Ich komme also auch zwischendurch an die frische Luft.“ Körperlich ist er schon ziemlich fit, führt der Radsportler weiter aus. „Wir müssen uns aber darauf einstellen, dass die Rennsaison später – wahrscheinlich erst im Juni – startet. Auch das Training ist jetzt auf diesen verschobenen Saisonstart aufgebaut. Lust, früher schon in den Rennsattel zu steigen, hätte ich natürlich. Aber wenn die vielen durchgestrichenen Termine im Rennkalender sehe, weiß ich, dass die neue Trainingsstrategie die Richtige ist.“ Normalerweise wird der persönliche Rennkalender gemeinsam mit dem Trainer im Frühling erstellt. Heuer nicht, alles ist ungewiss. Er kann daher auch nicht genau sagen, welche Rennen er bestreiten wird, sagt der Radsportler. „Ich denke, dass mein Plan wahrscheinlich ähnlich wie im letzten Jahr aussehen wird. Ich möchte auf jeden Fall an den Österreichischen Meisterschaften im Bergfahren teilnehmen, das Dolomitenrennen in Lienz bestreiten und am Kitzbüheler Horn mitfahren. Diese Rennen finden meistens in der zweiten Saisonhälfte statt und sollten daher nicht gefährdet sein. Heimrennen stehen auch auf dem Programm – ich weiß nur nicht wann!“ Mit seinen Teamkollegen hat Christoph Gobber zur Zeit kaum Kontakt. Jeder trainiert zu Hause für sich und spricht sich mit seinem Trainer ab. „Wir hätten wieder unseren jährlichen Fototermin mit der gesamten Mannschaft gehabt und hätten uns da alle getroffen. Der Termin fiel aber auch ins Wasser und so wissen wir nicht viel voneinander.“
Mentale Herausforderung.

Es kommt gerade jetzt auf mentale Stärke an. „Es gibt Radsportler, die viele Rennen brauchen, um in Top-Form zu kommen. Es gibt aber auch solche, die sich voll auf ihr Training konzentrieren und nicht so viele Rennen brauchen. Das ist sehr individuell. Wir wissen ja auch nichts voneinander, können uns nicht in Rennen messen. Man kann also nicht einschätzen, wie weit Konkurrenten in ihrem Aufbau sind, wo sie stehen“, betont Christoph Gobber, dass der mentalen Einstellung großes Gewicht beizumessen ist. Wegen seines Sponsors braucht er sich keine Sorgen zu machen. Im Team passt alles. „Schwieriger ist es sicher für manche Austragungsorte, die bangen müssen, ob sie genug Sponsoren finden. Für viele Veranstaltungsorte sind die Radrennen sehr wichtig. Wenn die jetzt wegbrechen, ist der Schaden enorm. Wenn etwa das Dolomitenrennen in Lienz ausfällt, gibt es ja auch viele Rahmenveranstaltungen nicht, Übernachtungen fehlen und so weiter“, beschreibt Gobber. Für ihn als Profisportler werde sich auch nach der Corona-Krise nichts ändern. Er fokussiert sich auf sein Training und seine Rennen. „Ich denke aber, dass gerade Hobby- und Freizeitsportler es wieder mehr zu schätzen wissen, dass sie ihren Sport im Freien und ohne Einschränkung ausüben können, und auch ihre Gesundheit höher einordnen werden. Es ist das Wichtigste, dass wir gesund bleiben – egal ob Profi- oder Hobbysportler.“ Christoph Gobbers Botschaft lautet daher: „Bleibt daheim. Jeder Unfall, beim Sport oder in der Freizeit, ist einer zu viel. Es werden unnötig Rettungskräfte blockiert, die gerade jetzt ihren Dienst woanders tun müssen. Viele Idole gehen hier mit gutem Beispiel voran. Sie bleiben zu Hause, trainieren in den eigenen vier Wänden und schauen, dass sie gesund bleiben.“

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