Von Jürgen Gerrmann
Was er denn von diesem Projekt hält? „Gleich viel wie von einem Straßentunnel – nämlich nichts“, sagte er im Gespräch mit der RUNDSCHAU: „Der bringt einfach nichts.“ Der „kapitale Denkfehler“ liege nämlich schon 30 Jahre zurück: „Es war und ist eine Naivität, wenn man glaubt, die Transitkatastrophe mit Infrastrukturmaßnahmen in den Griff bekommen und den Bahntunnel praktisch als Autoschleuse installieren zu können.“ Niemand im Inntal wolle zusätzchen Verkehr. Vor der Volksabstimmung zum EU-Beitritt habe man publikumswirksam die Vorgabe präsentiert, dass 1300 bis 1600 Lkw täglich auf die Schiene verladen werden müssten, um die Bevölkerung zu entlasten. Und was sei passiert? „Kein einziger wurde verladen.“ Weil die Rahmenbedingungen nicht stimmten. 2012 wiederum sei die Unterinntalbahn neu in Betrieb gegangen: „Und wieder wird nichts verladen.“ Jetzt setze man auf den Brenner-Basistunnel – und der Herr Landeshauptmann fordere plötzlich „Zulaufstrecken auf der Schiene bis rauf nach Hamburg.“ Die auch nicht so schnell kämen.
Unerfüllte Forderungen.
In Wahrheit gebe es keine andere Lösung als das, was die EU-Umweltagentur schon 2001 für den alpinen Raum gefordert habe: Es müsse erstens technische Verbesserungen an den Fahrzeugen hinsichtlich Lärm und Schadstoffen geben. Das funktioniere auch: „Es hat hier deutliche Verbesserungen gegeben. Sonst hätten wir ja Zustände wie einst im Ruhrgebiet.“ Davon hätten ja auch die Fahrzeughersteller profitiert, die immer neue Modelle verkaufen könnten. Unerfüllt sei jedoch die zweite Forderung geblieben: eine Begrenzung des Transitverkehrs durch Fahrverbote. Der Mengenzuwachs an Lkw und Pkw habe die Erfolge bei Lärm und Schadstoffen wieder aufgefressen. Deswegen führe kein Weg daran vorbei: „Wir brauchen Sofortmaßnahmen.“ In Form des Pakets, das er und seine Mitstreiter schon lange immer wieder auf den Tisch legten: ein funktionierendes Dosiersystem, eine Neuaufstellung des 7,5-Tonnen-Fahrverbots, eine Neuorganisation der An- und Abreise der Urlauber in Zusammenarbeit mit den Touristikern in den Hotspots der Inn-Seitentäler. Es sei einfach ein Unding zu behaupten, die Außerferner könnten künftig schnell nach Innsbruck zum Einkaufen fahren: „Das ist purer Blödsinn. Es gibt nichts, was es im Außerfern nicht gibt.“ Er fordere ein Engagement in anderer Richtung: „Wenn Politik und Behörden nur zehn Prozent ihrer geis-tigen Energie in die Umsetzung unserer Sofortmaßnahmen stecken würden, gäbe es sehr schnell das staufreie Außerfern.“ Das tue nun bitter Not: „Statt mit Tunnels abzulenken, die das Problem nur verschieben – sei es auf der Straße oder auf der Schiene. Angesichts der Missstände jetzt, spielt es keine Rolle, was man da jetzt fordert.“ Die Konsequenz für ihn: „Deshalb erwarten wir bis Ende September – also noch vor der nächsten Wintersaison – eine Ampel an jeder Einfahrtsstraße, eine funktionierende Ampel an den Grenzen zu Tirol. Sonst wird die betroffene Bevölkerung das Dosieren des Verkehrs selbst in die Hand nehmen.“