Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Betrugsopfer wurde plötzlich zum Täter

Finanzverwalter der Stadtgemeinde Imst zweigte 123.000 Euro ab und wurde dafür zu acht Monaten bedingt verurteilt

Wie schnell man vom Opfer zum Täter werden kann, zeigt nachstehender Fall, der am Dienstag vergangener Woche am Landesgericht Innsbruck verhandelt wurde und einem 60-Jährigen aus dem Bezirk Imst acht Monate Haft bedingt auf drei Jahre und eine Geldstrafe in Höhe von 7.200 Euro einbrachte. Das Urteil ist rechtskräftig.
2. August 2022 | von Gebi G. Schnöll
Betrugsopfer wurde plötzlich zum Täter<br />
Acht Monate Haft auf drei Jahre bedingt und eine Geldstrafe in Höhe von 7.200 Euro fasste der ehemalige Finanzverwalter der Stadtgemeinde Imst am Landesgericht Innsbruck wegen der Veruntreuung von 123.000 Euro aus. RS-Foto: Schnöll
Von Gebi  G. Schnöll

Über den Fall, der weit über Imst hinaus für großes Aufsehen sorgte, hat die RUNDSCHAU bereits im Feber dieses Jahres ausführlich berichtet. Der damalige Finanzverwalter der Stadtgemeinde Imst hat nämlich 2021 im Laufe des Jahres bei mehreren Zugriffen aus den Kassen der fünf städtischen Jagdgenossenschaften insgesamt 100.600 Euro und aus der Kassa einer Gesellschaft, an der auch die Stadtgemeinde beteiligt ist, rund 23.000 Euro auf seine Konten abgezweigt. Heuer im Feber erstattete er dann Selbstanzeige bei der Stadtpolizei Imst, am Dienstag vergangener Woche musste er sich am Landesgericht Innsbruck wegen des Vergehens der Untreue verantworten.

VON OPFER- IN DIE TÄTERROLLE. Vor dem Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Paul Menardi schilderte der ehemalige Finanzverwalter wie es zu den Zugriffen in den fremden Kassen gekommen ist. Er sei im Jänner 2021 wegen der Scheidung von seiner Frau psychisch am Ende und damit eine leichte Beute für Betrüger gewesen. Über eine Internetplattform habe er damals eine Person kennengelernt, zu der er im Laufe der Monate großes Vertrauen aufbaute. Plötzlich stand da eine Erbschaft im Raum, die der Internet-Bekanntschaft ein Millionenvermögen bringen und diesem gemeinsam mit dem 60-Jährigen ein sorgenfreies Leben ermöglichen sollte. Um die Erbschaft abwickeln zu können, brauchte es aber Geld für Flüge und Urkunden, das der 60-Jährige schließlich in mehreren Tranchen an den „Millionen-Erben“ überwiesen hat. Erst Ende 2021 wurde dem damals völlig unbescholtenen Finanzverwalter klar, dass seine Konten leer geplündert waren. – Und das Opfer wurde plötzlich zum Täter. Der 60-Jährige zweigte von Kassen der Stadtgemeinde Imst insgesamt 123.000 Euro ab. „Irgendwie ahnte ich, dass ich einem Betrüger aufgesessen bin, doch zwei, drei Prozent in mir glaubten immer noch, dass alles wahr ist“, schilderte der Angeklagte vor Gericht und er betonte, dass er die Stadtgemeinde nie schädigen wollte. „Mir ist die ganze Sache einfach aus den Händen geglitten. Ich wollte meiner Gemeinde das nicht antun. Das Geld wollte ich nie für mich behalten, ich wollte immer alles zurückzahlen!“

BEDINGTE HAFTSTRAFE.Verteidiger Florian Stachowitz ging in seinem Plädoyer auf das vorbildliche Verhalten seines Mandanten ein. Immerhin habe dieser Selbstanzeige erstattet und er sei auch ernsthaft bemüht, den Schaden wiedergutzumachen, indem er demnächst eine in seinem Besitz befindliche Wohnung verkaufen will. Staatsanwältin Verena Pezzei zog alle denkbaren Milderungsgründe in Betracht und sah von einem weiteren Verfall strafrechtlich erlangter Gelder  an die Republik Österreich ab. Die Schöffen erkannten den Angeklagten als schuldig, Richter Paul Menardi verhängte eine angemessene bedingte Haftstrafe von acht Monaten (Probezeit drei Jahre) und eine Geldstrafe in Höhe von 7.200 Euro. Das Urteil wurde mit Ablauf des vergangenen Freitags rechtskräftig.

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