Von Mel Burger
Waren bis vor wenigen Jahren Ablehnung und Unverständnis in weiten Teilen vorherrschend, treffen Transgender-Personen heute – zumindest in aufgeklärten, offenen Gesellschaften – vermehrt auf Verständnis und Unterstützung. Die Angst bleibt dennoch: Betroffene fürchten ihr wahres Ich zu zeigen, leben vielfach in Isolation – und eben im falschen Körper.
Hoffnung
Auch Bürgermeister Helmut Dablander (2.v.r.) ließ es sich nicht nehmen und mischte sich neben Ricardo unters Publikum und versprach für den nächsten Vortrag einen größeren Veranstaltungsraum. RS-Foto: Burger
Es geht aber auch anders. Wie im Fall von Ricardo Föger. Der junge Silzer ist glücklich, sein Leben als Anja verabschiedet zu haben und nun in dem Körper weiterleben zu dürfen, der sich für ihn richtig anfühlt. Aber nicht nur diese geschlechtsangleichende Entscheidung macht sein Leben vollkommen, sondern auch die Heirat mit seiner Partnerin Miriam, die ihn ebenso wie seine Familie auf einem Teil seines Werdegangs begleitete und unterstützte. Um anderen diesen oft beschwerlichen Weg zu erleichtern, geht er mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit, erzählt offen über seine Erfahrungen. Wichtig ist ihm dabei, von seinem Vorbild, das ihm selbst den Rücken gestärkt hat, zu berichten. So freute sich Föger, seinen Wegbegleiter und Mentor Balian Buschbaum aus Deutschland für Vorträge in seiner Heimatgemeinde Silz begrüßen zu dürfen.
Offenheit
Bürgermeister Dablander (l.) möchte das sympathische Paar Ricardo und Miriam Föger auch weiterhin unterstützen. RS-Foto: Burger
Die beiden jüngst angebotenen Vortragsabende zum Thema Transgender waren weit über den letzten Platz hinaus besetzt, das Jugendheim Silz platzte mit 200 Zuhörern beinahe aus allen Nähten. Föger zeigte sich über die große Resonanz seiner Einladungen sichtlich gerührt: Nicht nur, dass er sich in seinem Wunsch nach weiteren Vorträgen und Aufklärungsbesuchen an Schulen und Jugendeinrichtungen bestärkt fühlt – auch die vielleicht bestehenden Zweifeln hinsichtlich der Bestätigung seiner Person als Ricardo Föger dürften nun angesichts der zahlreichen Besucher zerstreut sein. Gekonnt durch die Abende führte der als ehemalige Spitzensportlerin und Olympionikin Yvonne Buschbaum bekannt gewordene Balian Buschbaum, der nun als Coach und Autor vom Weg in sein neues Leben erzählt.
Aufklärung
Balian Buschbaum, frühere Spitzensportlerin Yvonne Buschbaum, fühlte sich in Silz aufgenommen und war über die aufgeschlossenen Besucher, die aus ganz Tirol und von Vorarlberg wie Südtirol anreisten, begeistert. RS-Foto: Burger
Zu Beginn seines Vortrags erklärte Buschbaum, wie wissenschaftlich die Hintergründe zum Verlangen nach dem Leben im anderen Geschlecht eigentlich sind. Die Geschlechtsidentität ein es Menschen hängt von vielen Entwicklungsstufen in der Embryonalphase ab. So sind medizinisch nachgewiesene Hormonstufen für die Identitätsentscheidung im Gehirn sowie für optische Merkmale zuständig. Jeder Embryo ist in den ersten Wochen gleich und erst mit den ersten Testosteron-Schüben entstehen entweder männliche oder weibliche Geschlechtsmerkmale. Bleibt ein Hormon-Schub aus, kommt es zum Ungleichgewicht und das weiblich geprägte Gehirn trifft auf männliche Geschlechtsteile oder umgekehrt. Mit der Geburt wird der individuelle Mensch zum Gefangenen im eigenen, falschen Körper. Diese Diskrepanz kann quälen, bei Akzeptanz und Unterstützung aber zur Vielfalt werden, die das Leben für alle interessanter und lebenswerter werden lässt, so das übergreifende Statement von Balian Buschbaum.
Wegweiser
Schmerzlich ist für Betroffene, dass Mitmenschen versuchen, das Gegenüber in Schubladen wie Mann und Frau zu zwängen, eine optische Abweichung zum „Normalen“ zu hinterfragen. Eine zu muskulöse Frau könnte ein Mann sein oder ein zu zarter Mann eine Frau. Ebenso wie Buschbaum versucht Föger aufzuklären und Wege aufzuzeigen, möchte in Zukunft für Hilfesuchende erreichbar sein und beratend zur Seite stehe, auch bei Behördengängen und der Suche nach medizinischer Hilfe. So wird er die Öffentlichkeit wohl noch öfter einladen, dem Transgender-Thema offen, aber aufgeklärt zu begegnen.