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Schulstart mit Händewaschen, Masken, Abstand

Ein Lokalaugenschein in der Volksschule Sautens in der ersten Woche der Schulöffnung nach der Covid-19-Schließung

Die Schultore sind seit einigen Tagen wieder offen. Für Lehrer, Eltern und Schüler ist die Zeit des E-Learnings endlich vorbei. Händewaschen, Masken und Mindestabstand gilt es nun umzusetzen und auch den Schulbetrieb so normal wie möglich zu gestalten. Gesplittete Klassen, Nachmittagsbetreuung, eingeschränkter Stundenplan sind logistische Herausforderungen. Gerade Volksschulen sehen sich dabei gefordert. Wie die Schulöffnung nach sechs Wochen Schließung funktioniert, hat sich die RUNDSCHAU in der Volksschule Sautens angesehen.
26. Mai 2020 | von Friederike Hirsch
Schulstart mit Händewaschen, Masken, Abstand
Die vierte Klasse der Volksschule Sautens mit Mindestabstand in den letzten Schultagen. Durch die Teilung in Kleingruppen verbleiben für die Kinder nur 15 Schultage bis zum Zeugnis. RS-Foto: Hirsch
Von Friederike Hirsch

Sechs Wochen ist es her, dass keine Kinder, außer Betreuungskinder, in der Schule waren. „Wir haben die Schule offen gehalten, damit immer ein Ansprechpartner da ist und weil wir ja auch Kinder in der Betreuung hatten, aber von Normalität konnten wir natürlich nicht sprechen“, sagt der Sautner Volksschuldirektor Klaus Heiß. „Die Umstellung war für alle – Schüler, Eltern und Lehrer – extrem“, sagt er. „Niemand konnte sich vorstellen, dass eine Schließung aller Schulen jemals passieren könnte. Die Situation war komplett neu und die Art zu unterrichten, war ebenso komplett neu“, erinnert sich Heiß. In der Volksschule Sautens hatte jeder sein eigenes System. Wochenpläne wurden vorbereitet und diese wurden dann von den Eltern am Wochenende abgeholt. Das Abholen war „getaktet“, damit nicht viele Menschen gleichzeitig vor Ort waren. Die Kinder sollten dann anhand dieser Arbeitsblätter an die zwei Stunden täglich konzentriert daran arbeiten. „Man hat sozusagen einen Schulalltag zuhause gespielt“, sagt der Direktor. Mit diversen Kommunikationstools wurde der Kontakt zu Schülern und Eltern gehalten. „Fast täglich sind neue Vorschläge, Anregungen und Verordnungen vom Ministerium gekommen, die wir natürlich weitergeben wollten“, erklärt Heiß. Er selbst unterrichtet die vierte Klasse der Volksschule Sautens und hat sich trotz Schließung täglich vor die Tafel gestellt. Er hat seinen Unterricht auf Video-Meeting umgestellt. Von 9 bis 10 Uhr hat sich Klaus Heiß mit dem Laptop vor die Tafel gestellt und alle seiner Schüler waren per Internet mit ihm verbunden. „Wir hatten nie den Eindruck, dass wir uns nicht mehr sehen“, lächelt der Direktor.

E-LEARNING ERSETZT DIE SCHULE NICHT. Aus Sicht der Lehrer sind die Rückmeldungen der Lehrer was Home-Schooling und E-Learning betrifft zwar positiv, aber E-Learning ersetze Schule nicht. „Wenn man sich nicht sieht, das haben wir gemerkt, dann fehlt die soziale Komponente. Durch die Video-Meetings konnten wir dem entgegensteuern“, ist sich Heiß sicher. „Selbst nach der improvisierten Schulstunde sind die Kinder noch am Computer geblieben und haben sich unterhalten und sich sozusagen getroffen“, sagt Heiß. Die Lehrer der Volksschule Sautens waren in der Krise bemüht, eine gewissen Normalität zu entwickeln und dadurch Routine in den Alltag zu bringen. Er ist sich sicher, dass die Lehrer das eine oder andere digitale Werkzeuge im Unterricht fortführen werden, aber die persönliche Begegnung ist einfach durch nichts zu ersetzen. 

DIE NEUE NORMALITÄT. Alle sind froh, dass der Schulalltag wieder stattfindet, dass man sich treffen kann und sich wieder sieht. „Im Laufe der Wochen haben wir tatsächlich eine Art Koller bekommen. Das wichtigste hat in den letzten Wochen gefehlt – die Schüler. Der Grund, warum wir Lehrer geworden sind, hat gefehlt, die Arbeit mit den Kindern“, sagt Heiß. „Auch jetzt nach der Schulöffnung ist es noch kein normaler Unterricht“, sagt Heiß. „Wir haben alle Klassen in zwei Gruppen geteilt und unterrichten sozusagen im Schichtbetrieb“, erklärt er. „Es wird weiterhin für alle, auch in der unterrichtsfreien Zeit und am Nachmittag, eine Betreuung in der Schule geben“, sagt der Direktor. An den unterrichtsfreien Tagen haben die Schüler „Hausübungstage“. „Nun ist es so, dass wir ja nur jeweils die halbe Klasse unterrichten und daher am nächsten Tag wieder denselben Unterrichtsstoff unterrichten. Auch der Stundenplan ist durcheinander geschüttelt und in einigen Bereichen eingeschränkt. Musikunterricht und Turnen muss ganz anders organisiert werden. Wir haben in Sautens eine Bläserklasse, die leider nicht unterrichtet werden darf. Im Musikunterricht darf nicht gesungen werden. Wir können nur Musiktheorie machen. Turnen im Turnsaal ist auch nicht erlaubt“, sagt Heiß. 

AUSWIRKUNGEN DER QUARANTÄNE. „Die Kinder sind eher ruhiger geworden. Das ganz Schulhaus ist viel ruhiger. Mir kommt vor, dass die Kinder in einem anderen Modus sind. Von Normalität kann man noch nicht sprechen“, sagt Heiß. „Die Kinder sind vorsichtiger geworden, irgendwie schaumgebremst“, meint er. Ein weiteres Problem ist, dass einige Kinder nicht verstanden haben, dass Schulzeit ist, obwohl sie doch zuhause waren. „Je kleiner die Kinder sind, umso schwierig war es für die Eltern, ihnen beizubringen, dass Schule zuhause stattfindet“, sagt Heiß. Die Volksschullehrer in Sautens versuchen, den Kindern das Virus und die Auswirkungen und vor allem die Maßnahmen zu erklären und näher zu bringen. „Wir haben den Kids Filme gezeigt und versuchen auf kindgerechte Art Covid-19 zu erklären“, so der Volksschuldirektor. „Für viele Kinder ist es schwierig zu verstehen, warum man Abstand halten soll. Krank waren sie schon öfter und sehen den Zusammenhang nicht. Für die Kinder ist Corona einfach nur blöd“, sagt er. Einiges kann man nicht mehr machen, besonders Veranstaltungen, die den Kindern großen Spaß machen. „Die Hüttentage fallen aus, Naturwanderungen können wir nicht machen, Innsbruck-Besuch ist abgesagt. Also die vielen, kleinen sozialen Aktionen sind gestrichen“, erklärt Heiß. Einen kleinen Lichtblick gibt es allerdings für die Größeren. Die Fahrradprüfung kann wie geplant gemacht werden. „Wenigstens hat die vierte Klasse die Fahrradprüfung, denn alles andere, sogar die Abschlussfeier, findet nicht statt“, so Heiß. Allen ist bewusst geworden, dass die Schule mehr ist als nur ein Ort der Wissensvermittlung. „Schule ist ein sicherer Ort, ein Ort der sozialen Begegnung, der Freundschaft. In der Schule spielt sich in pädagogischer und sozialer Weise viel ab“, sagt der Direktor. Die Kinder sind gerne wieder da und sind sich einig: „Wir freuen uns auf die Schule und gemeinsam lernen ist viel schöner als ohne Freunde allein daheim.“
Schulstart mit Händewaschen, Masken, Abstand
Kindgerechte Erklärungen zu den Covid-19-Maßnahmen hängen überall in der Volksschule Sautens. RS-Foto: Hirsch

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