Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Wo sie gebraucht wird – und wo es sie schon gibt

Mobile Jugendarbeit: In Imst in politischer Bearbeitung, in Landeck seit zehn Jahren Realität

Um einen Schub bei der Realisierung der seit Jahren geplanten Mobilen Jugendarbeit wurde bei der jüngsten Imster Gemeinderatssitzung wie berichtet ein Dringlichkeitsantrag ersucht – und fällt bis auf des Scheiterns an der nötigen Zweidrittelmehrheit bis auf Weiteres in die Zuständigkeit des Finanzausschusses. Dass das Thema damit nicht vom Tisch ist, hofft und glaubt der Imster Jugendzentrumsleiter Philipp Scheiring. Die RUNDSCHAU schaut derweil über die Bezirksgrenzen – nach Landeck, wo die Jugendarbeit vor mittlerweile zehn Jahren mobil machte.
27. Oktober 2020 | von Manuel Matt
Wo sie gebraucht wird – und wo es sie schon gibt<br />
Der Postplatz in Imst – leider auch bekannt für Drogendeals. Helfen könnte Mobile Jugendarbeit, meint Jugendzentrumsleiter Philipp Scheiring. RS-Foto: Matt
Von Manuel Matt

Weil Kinder und Jugendliche am Postplatz von Fremden aus Autos heraus angesprochen, ihnen illegale Substanzen angeboten werden würden – und dann stehen da noch die immer kürzer werdenden Tage vor der Tür: So begründete kürzlich ein Dringlichkeitsantrag im Imster Gemeinderat, die Realisierung der Mobilen Jugendarbeit (MoJa) schnellstmöglich voranzutreiben. Neun Mandatare stimmten dagegen – und überantworteten das Anliegen somit vorerst dem Finanzausschuss. Wohl auch wegen den jährlichen Kosten in Höhe von rund 40.000 Euro.

Prävention. Die Suchtmittelproblematik in der Stadt sei bekannt. „Auch am Postplatz“, sagt der Imster Jugendzentrumsleiter Philipp Scheiring. Jedoch würden die Substanzen zumeist unter gegenseitig bekannten Personen den Besitzer wechseln. „Was dann in weiterer Folge mit dem erworbenen Suchtgift passiert, ist schwer zu sagen“, sagt Scheiring: „Unsere Aufgabe ist es, dass wir bereits im Vorfeld Präventionsarbeit leisten, über die Auswirkungen von Drogenkonsum informieren und bei Fragen beraten. Auch beraten wir Jugendliche, die bereits in diesen Kreisen unterwegs sind, und bieten Hilfestellung an, wie die Begleitung zu Facheinrichtungen. Neben Beratung, Prävention und Information versuchen wir, ein möglichst attraktives, alternatives Freizeitangebot für alle Jugendlichen anzubieten, damit sie erst gar nicht auf die schiefe Bahn kommen.“

Hoffnung & Glaube. Genauer unter die Lupe genommen wurde die Situation am Postplatz in den Sommermonaten, während einer Pilotphase der Mobilen Jugendarbeit. Straftaten konnte das Team des Jugendzentrums während dieser Zeit nicht beobachten, „was wir vor allem auf unsere Anwesenheit zurückführen“, wirbt Scheiring dafür, es nicht bei der Pilotphase zu belassen. Denn: Durch „Beziehungsarbeit, Präsenz von Sozialarbeitern vor Ort, durch Präventionsarbeit und Schaffung attraktiver Freizeitangebote“ könne nicht nur der Suchtproblematik entgegengetreten werden. Sondern auch Gewalt und beruflicher Perspektivenlosigkeit. Dabei kommt längerfristigen Projekten – wie die jüngste Neugestaltung am Postplatz in Zusammenarbeit mit Jugendlichen – besondere Bedeutung zu. „Weil wir so eine entsprechende Beziehung zu den Jugendlichen aufbauen und in weitere Folge positiv auf sie einwirken können“, erklärt Scheiring: „Ich hoffe und glaube nicht, dass dieses Thema nun vom Tisch ist.“ Dringlichkeit bestehe immerhin „bereits seit Jahren“, zugleich sei die Mobile Jugendarbeit von Netzwerkpartnern und Mitarbeitern der Offenen Jugendarbeit „einstimmig als wichtiges Helfersystem für unerlässlich befunden“ worden.

Die Lebenswelt Junger Menschen. Seit zehn Jahren angeboten wird Mobile Jugendarbeit in Landeck, etabliert wegen sich damals mehrenden Fällen von Vandalismus im Stadtgebiet. Alleine im vergangenen Jahr hätten rund 370 Besuche in der Anlaufstelle stattgefunden, während 505 Teilnehmer bei Aktionen, 430 Kontakt im öffentlichen Raum sowie 42 Beratungen verzeichnet wurden. Damit sei das Angebot „heute nicht mehr wegzudenken“, erklärt der Hauptverantwortliche Mario Pircher. Gemeinsam mit drei weiteren Mitarbeitern stehen wöchentlich 50 Stunden zur Verfügung – um sich „in die Lebenswelt junger Menschen“ zu begeben, erklärt Pircher, was dank „aufsuchendem Charakter“ einen Zugang zu den Jugendlichen ermögliche, der anderen Institutionen bisher versagt geblieben sei – speziell bei intimen Themen wie Substanzkonsum und zwischenmenschlichen Konflikten. Letztere hätten sich beispielsweise diesen Sommer dank Mobiler Jugendarbeit beilegen lassen – zwischen zwei verschiedenen Jugendgruppen und Anrainern im „Funpark“. „Nach Gesprächen mit den Cliquen und der Stadtgemeinde konnten wir den Platz in seiner Ausgestaltung so ändern, dass der Konflikt entschärft wurde“, freut sich Pircher. In Imst wären solche Erlebnisse für 40.000 Euro jährlich zu haben, mitsamt zweier Vollzeit-Mitarbeiter. Eine solche Doppelbesetzung mache jedenfalls Sinn, bestätigt Martina Steiner vom Dachverband Offene Jugendarbeit Tirol: Das stelle Kontinuität sicher, im Urlaubs- und Krankheitsfall sowie bei einem Wechsel der Mitarbeiter – und erlaube zudem eine gemischtgeschlechtliche Besetzung: Weil es gilt, „auch auf die Bedürfnisse von Mädchen und Burschen gut eingehen zu können“, betont Steiner.

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