Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Gute alte Raufasertapete

19. April 2022 | von Meinhard Eiter
Gute alte Raufasertapete
Liebe Freunde der Nostalgie!

In unsicheren Zeiten neigen wir verstärkt zur Verherrlichung der Vergangenheit. Ich denke, es gab sie nicht, die viel strapazierte gute alte Zeit. Aber es gibt schöne Geschichten von früher. Erinnerungen, die wir mit unseren Freunden neu aufleben lassen. So ein Gespräch hatte ich kürzlich mit einem Arbeitskollegen. Zufällig kamen wir auf das Thema Wohnen. Der Historiker erzählte mir, wie er einst mit Kollegen seine Studentenbude sanierte. Die alten Tapeten wurden runter gerissen. Danach die Wände mit Raufasertapeten neu beklebt und drüber geweißelt. Damit es so richtig behaglich wurde, überklebten die Burschen den herrlichen Holzparkett mit einem Teppichboden. Mittlerweile weiß man, dass das Staubfänger sind. Man entfernt die Wollfliesen, schleift den Boden ab und versiegelt ihn. Zum Beispiel mit Bienenwachs. Auch, um den Geruch des stinkenden Klebstoffs los zu werden. Tapeten, die irgendwann Falten und Blasen ziehen, sind längst nicht mehr zeitgemäß. Heute lebt man unverziert. Obwohl Ornamente schon auch ihren Charme hatten. Meine beiden älteren Brüder, beide Malermeister, beherrschten damals noch die Kunst des Walzens. Als kleiner Bub haben mich die Hartgummirollen mit den unterschiedlichen Mustern fasziniert. Der Keller in unserem Häuschen war voll davon. Wir reden hier von den 70er Jahren. Als unsere Eltern nach dem harten Wiederaufbau so etwas wie einen ersten bescheidenen Wohlstand schafften. Schön war die Zeit. Trautes Glück. Bald danach fuhr ich mein erstes gebrauchtes Moped. Eine blaue Puch DS 50. Danach wuchsen meine Haare. Und die Musik der Beatles und Rolling Stones beschallte mein Zimmer. Hinter den Vorhängen gab es damals auch noch Store. Und Mama kam kaum mit dem Waschen nach!

Meinhard Eiter

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