Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Schneidige Tiroler

3. Mai 2022 | von Meinhard Eiter
Schneidige Tiroler
Liebe Freunde der Tapferkeit!

Wir Tiroler inszenieren uns gerne als mutiges, widerspenstiges und aufrichtiges Volk. Leute mit Ecken und Kanten, schneidige Burschen halt. Nicht selten ist diese Mär freilich eine verklärte Verherrlichung einer Vergangenheit, die es so wohl eh nie gab. Selbst unser allseits verehrter Andreas Hofer oder später Altlandeshauptmann Eduard Wallnöfer entsprachen in der Realität nicht der Heldenhaftigkeit ihrer Darstellung. Das Tragen von Trachtenhüten und Lederhosen sowie das feiertägliche Austragen von Schießgewehren sind als Ausdruck von Schneidigkeit eher Schein als Sein. Echte Kämpfer sind andere. Leute, die sich gegen Ungerechtigkeit auflehnen. In Notlagen helfen. Oder Skandale aufdecken. Ein solcher Freiheitskämpfer ist der Ötztaler Markus Wilhelm. Er hat mit seinen Publikationen im legendären Föhn und seit vielen Jahren auf seinem Internet-Blog www.dietiwag.org den Mächtigen auf den Zahn gefühlt. Für die Betroffenen meist unangenehm lüftete der unbequeme Geheimnisse, die den Regierenden zur Vorteilswirtschaft verhelfen und vorbehalten sein sollten. Mehrmals wurde Wilhelm für diese Arbeit als Aufdecker verklagt. Und als Nestbeschmutzer dargestellt. Das von ihm gesammelte Recherchematerial hielt ihn dabei vor Gericht stets frei von Verurteilung. Jetzt hat Markus seine Finger von der Tastatur genommen und seinen Blog eingestellt. So manchem Politiker mag das sehr recht sein. Aber Menschen, die gerne auch die peinliche Wahrheit erfahren, wird der investigative Journalist aus dem Ötztal fehlen. Eine Landesehrung wird er nicht bekommen. Aber seine Internetseite bleibt als Archiv bestehen. Als Nachschlagewerk für Korruption im Land der Berge. Und als Mahnmal, wie man das mit der Macht eben nicht machen sollte!

Meinhard Eiter

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