Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Wer vergibt die Schuld?

29. März 2021 | von Meinhard Eiter
Wer vergibt die Schuld?
Liebe Freunde der Suche nach Schuldigen!

Jüngst flatterte über WhatsApp eine Karikatur in mein Handy. Die Nachricht zeigte unseren smarten Kanzler. Einsam und allein. Mit langen Ohren. Unter der Zeichnung stand: Außer mir sind alle schuld! Den Rest des Bildes füllten Sprechblasen. Mit Sprüchen wie: Urlaubsheimkehrer schuld, Wien schuld, Impfkoordinator im Gesundheitsministerium schuld, Grün schuld, Kickl schuld. Ich konnte nicht wirklich lachen. Und ich verspürte weder Mitleid noch Schadenfreude. Eher ein schauriges Gefühl von Kälte und Leere. Das ironische Bild zeigt nicht nur unseren jungen Staatschef. Es ist ein Abbild der Gemütslage von uns Österreichern. Wenn ein Problem auftaucht, dann denken wir nicht gemeinsam an Lösungen. Nein. Wir suchen reflexartig nach Schuldigen. Dieser kollektive Geisteszustand ist natürlich längst ein Wahlmotiv. Ich mache alles richtig, die anderen alles falsch. Diese Botschaft ist für die Menschen, die zu den Urnen turnen, ein Trumpf, der sticht! Wir lieben Leute, die andere bewerten, beurteilen, verurteilen oder zumindest verdächtigen. Wer Skepsis sät, der erntet Zuspruch. Schuld ist also nicht der, der sich dieses Phänomen zunutze macht. Sondern die, die in diese Falle tappen. Das ist in Wohlstandzeiten alles kein Problem. Da ist es purer Luxus, sich darüber zu freuen, dass die anderen nicht so gut sind wie Ich und Wir. In Seuchenzeiten ändert sich das dramatisch. Weil so ein Virus ein Feind ist, von dem wir nicht wirklich ein Bild haben. Eine Pandemie macht uns rat- und hilflos. Dort, wo uns das Nichtwissen verängstigt, ersetzt zumeist der Glaube unser Denken. Wie im Vater unser. Lieber Basti! Vergib unseren Schuldigern. Dann vergeben auch wir deine und unsere Schuld. Amen!

Meinhard Eiter

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