Der Künstler, Sammler und Archivar Willi Pechtl hat schon einige Bücher über die Geschichte der Fotografie heraus- beziehungsweise mitherausgegeben. Nun ist sein jüngstes Werk erschienen, das sich mit den frühen Jahren der Fotografie beschäftigt und dabei besonderes Augenmerk auf jene Menschen und vor allem Frauen legt, die Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Fotografenausrüstung ausgestattet durch ganz Europa wanderten.
Von Agnes Dorn
Das über 200 Seiten starke Werk mit 270 wunderbaren alten Fotografien trägt den Titel „Wanderjahre. Ein Beitrag zur Geschichte der Fotografie im alpinen Raum“ und ist bereits im Buchhandel erhältlich. Willi Pechtl, selbst leidenschaftlicher Fotograf und Archivar frühester Zeugnisse dieser Kunst, hat sein jüngstes Buch jener Zeit von 1840 bis 1914 gewidmet. Die ersten Fotografen gingen noch als Pioniere ihrer Zeit auf Wanderschaft, um jeden abzulichten, der Willens war, länger stillzuhalten und sich das nicht gerade billige Vergnügen auch etwas kosten zu lassen. Berichte von Zeitzeugen, von Nachkommen und von jenen, die sich geschichtlich mit der frühen Epoche befasst haben, reiht Pechtl an Stimmungsbilder der Zeit und Rückblicke auf längst vergangene Erlebnisse.
Und die hatten es in sich, wie man erkennt, wenn man diesen Spuren der ersten Pioniere folgt: Wie den neun Lentsch-Geschwistern aus dem Pitztal, die als Wanderfotografen jeweils zu zweit aufbrachen, um die Welt mit ihren Fotografien zu beglücken. Sieben Schwestern und zwei Brüder kehrten dem kleinen Hof in Amishaufen oberhalb von Wenns den Rücken zu, um ihre Dienste als Fotografen in Deutschland, Frankreich, Bulgarien oder auch an Orten bis nach Russland oder Ägypten anzubieten. Mit im Gepäck hatten diese Pioniere zumindest in der Anfangszeit ihre Dunkelkammer, die sie direkt vor Ort aufbauen mussten. Auch Hühner begleiteten so manche Expedition, da man das Eiweiß für die Fotoentwicklung benötigte, wie Pechtl weiß. Erfrischend reiht Pechtl die einzelnen Erzählungen aneinander, die ein buntes Mosaik unterschiedlicher Sichtweisen ergeben. Auch ein Interview mit der Schauspielerin Julia Gschnitzer und eines mit der Kunsthistorikerin Silke Mellin finden Platz in dieser vielschichtigen „Annäherung“ an die frühe Zeit der Fotografie.
Das Buch ist ein Produkt jahrzehntelanger Recherche und Sammelleidenschaft Pechtls. 90 Prozent der 270 Fotografien, die das Buch bereichern – darunter auch Daguerreotypien und Ambrotypien – sind aus seinem reichen Fundus, zu dem neben den Bildern in den vielen Jahren zahlreiche Erzählungen auf Tonträgern und Dokumente aus Privatbesitz und Archiven gekommen sind. Lesungen zu dem im Studia-Verlag erschienenen Buch wird der Autor übrigens im Herbst geben, nämlich am 19. September in der Studia-Buchhandlung in Innsbruck, am 26. September in der Landesbibliothek Vorarlberg sowie im Oktober im Turmmuseum und im November in der Tyrolia Imst.