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Geschichten aus der Nachbarschaft

Künstler Stergin verbindet Menschen mit Musi

„Alle, alle hier. Alle, alle da“ tönt es aus dem aktuellen Album von Vincenz Stergin, der sich in seinem Projekt „One Square Mile“ von Geschichten aus der eigenen Nachbarschaft inspirieren lassen und musikalisch interpretiert hat – dabei ist es ihm wichtig, alle Menschen zu erreichen. Doch der gebürtige Imster, der als freischaffender Künstler in London lebt, hat noch viel mehr zu erzählen.
9. August 2021 | von Janine Zumtobel
Geschichten aus der Nachbarschaft
Vincenz „Vinnie“ Stergin ist Musiker, Komponist, Songwriter und Produzent. Seit 2008 lebt der gebürtige Imster nun in London und geht mit Leidenschaft seiner künstlerischen Tätigkeit nach, welche von sozialer Interaktion geprägt ist. Foto: Nora Jenewein/neulandphotography.com
Von Janine Zumtobel

Vinnie ist Musiker, Komponist, Songwriter und Produzent. Puh, ganz schön vielseitig. Doch: „In einer Metropole wie London ist es einfach wichtig, breit aufgestellt zu sein“, erklärt der 37-Jährige, den es – angetrieben von einer gewissen Neugierde und Experimentierfreudigkeit – schon immer hinaus in die Welt zog und nun in verschiedenste kreative und soziale Projekte involviert ist. Die Essenz seiner künstlerischen Arbeit ist nämlich stets geprägt von Interaktion, dem Austausch mit Menschen auf globaler und lokaler Ebene sowie dem sozialen Handeln selbst.

KREATIVITÄT. „Ich finde, die Kunst ist ein relevantes Werkzeug, welches dem Leben Sinn und Ausdruck verleihen kann“, so Stergin, „die Musik gab mir immer Halt in schwierigen Zeiten.“ Nebenbei ist der Künstler bei dem Musiklabel aka Sozialprojekt „In House Records“ tätig und arbeitet mit straffälligen Jugendlichen im Gefängnis zusammen, wo er genau das vermitteln will. Dabei fördert das Arbeiten an eigenen Musikprojekten und der Austausch untereinander die Kommunikation, Anpassungsfähigkeit sowie die Eigenverantwortung und führe zudem zu einem positiveren Lebensgefühl. „Ich will dazu anregen, etwas Neues auszuprobieren, zu experimentieren und dafür braucht man meist nicht viel Equipment.“ Wichtig dabei scheint, dass Musik und Kunst für alle zugänglich gemacht werden und man der Kreativität freien Lauf lassen darf. 

TRANSFER. Wenn beispielsweise eine Polaroid-Kamera auf Reisen geht, um an zwölf zufällig gewählte Personen weltweit versendet zu werden und dabei 62000 Kilometer zurücklegt, dann steckt Vinnie dahinter. „Jeder hatte dabei nur eine Chance ein Foto zu machen“, erzählt der Künstler, der schließlich nach rund 365 Tagen diese einzigartigen Impressionen kollaborativ in dem Werk „12 photos – 12 tracks“ musikalisch transferierte und verwirklichte. Diese Art von künstlerischen Arbeiten zeigt nicht nur eine partizipative, sondern auch intermediale Dimension auf, die in das Oeuvre des Künstlers zu passen scheint. Ganz nach seinem Motto „Reden, Zuhören, Kreieren“ will er alle Menschen erreichen und auch sprechen lassen, wie nun das aktuelle Projekt wortwörtlich beweist.

KOMMUNIKATION. Den von der Pandemie geforderten Zusammenhalt in schwierigen Zeiten nutzte Stergin für sein aktuelles Projekt „One Square Mile“ (kurz: „1 Mi2“). Diesmal blickt der Musiker direkt vor seine eigene Haustür und tritt im Umfeld von einer Quadratmeile in den Dialog mit seinen Nachbaren, wo er ihren persönlichen Geschichten lauscht. „Jede Person hat etwas Außergewöhnliches in sich“, so Stergin, „die Reinigungskraft von nebenan hat mindestens genauso viel zu erzählen wie ein Brad Pitt.“ Die aufgezeichneten Interviews stehen einerseits für sich, anderseits entsteht durch die kreative Auseinandersetzung eine neue künstlerische Ebene, aus der ein eigens komponierter Song hervorgeht. Wer nun neugierig geworden ist, wie sich das anhört, kann jederzeit die Online-Ausstellung (onesquaremile.eu) besuchen und die interessanten Persönlichkeiten kennenlernen. Ebenso zeigt der Künstler damit auf, dass es sich lohnt, den Menschen um sich herum zuzuhören, und inspiriert dadurch wiederum weitere Musikschaffende, sich an dem Projekt zu beteiligen – und, um es mit Vinnies Worten zu sagen: „Ich reiße meine Arme auf, soweit wie es nur geht, jeder ist willkommen hier, wo immer ihr auch steht“. 

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