Wie man etwas besonders gut macht
Eine wagemutige Idee zweier exzellenter Musiker hat sich zu einem unverzichtbaren Kammermusikfestival internationalen Formats gemausert. Die „Obertöne“ in Stams haben sich in zehn Jahren ein hellauf begeistertes Publikum, eine Reihe namhafter Unterstützer und eine durchaus eigenwillige, aber völlig unverwechselbare Programmlinie geschaffen. Die vier Konzertabende zum Jubiläum waren die reine Freude.
Von Lia Buchner
„Ideal für mich ist eine Gruppe, die in einen Kleinbus passt“, bekennt Toni Innauer zur Eröffnung der 10. Kammermusiktage im Stift Stams, „und genau so ist Kammermusik.“ Innauer ist als Obmann des Vereins Obertöne einer der namhaften Helfer des Festivals und „mit seiner Erfahrung von Leben, Erfolg und Scheitern genau der, den die Obertöne brauchen“, erzählt die Geigerin Mariya Nesterovska nach dem Eröffnungskonzert. Sie leitet das Festival gemeinsam mit ihrem Mann Hubert Mittermayer Nesterovskiy und erinnert sich an das große Vertrauen, das ihnen in den Anfangsjahren immer wieder entgegengekommen ist. „Wir hatten damals nicht viel mehr als eine sehr präzise Vorstellung davon, wie gute Musik sein soll. Wenn nicht so viele Menschen an uns geglaubt hätten, wäre uns vielleicht irgendwann die Kraft ausgegangen.“
WAS IST GUTE MUSIK! „Musik findet immer zwischen Menschen statt, gute Musik ist ein Geben und Nehmen zwischen dem Komponisten, den Musikern, den Zuhörern“, überlegt Hubert Mittermayer, wobei gut nicht mit nett und harmonisch zu verwechseln sei. Gute Musik dürfe auch fordern und komplex sein. Und genau das liebt das Publikum so an den Obertönen. Diese kluge, mutige Programmierung, die Barockmusik wie selbstverständlich neben Zeitgenössisches stellt, Tango neben Romantik. Und immer wieder passiert das Wunder, dass der Funke des einander Zuhörens auf alle im Raum überspringt. Dass sich das Publikum vertrauensvoll in die entlegensten Ecken der Hörgewohnheiten mitnehmen lässt und beglückt wieder zurückfindet. Vertrauen ist für Mittermayer der Schlüssel zu diesem intensiven Konzertieren: „Ein Konzertsaal muss ein geschützter Ort sein, in dem sich die Musiker auf der Bühne und die Menschen im Publikum sicher fühlen, damit das entstehen kann, weshalb wir in Wirklichkeit ins Konzert gehen: ein gemeinsames Erleben.“
DAS BESTE. Die vier Konzertabende des Jubiläumsfestivals waren so außergewöhnlich wie alle 36 Konzerte bisher: Exzellente Musiker aus allen musikalischen Welten gaben einfach ihr Bestes. Ganz wunderbar der Argentinier Marcelo Nisinmann am Bandoneon mit Astor Piazzolla Interpretationen, Jan Krigovsky am Violone, der großartige Rafael Bonavita an der Barockgitarre. Und natürlich Mariya Nesterovska, die nicht nur mit „Il Trillo del Diavolo“ von Guiseppe Tartini am Samstag einen wahren Teufelsritt hinlegte. Und wer die Obertöne bisher nur von den Plakaten kennt, kann sich die 11. Kammermusiktage im September 2024 vormerken. Er ist ein Erlebnis.
„Die Menschen schenken uns ihre Lebensmomente und wir geben unser Bestes“: Mariya Nesterovska.
RS-Foto: Buchner
Musikalische Intimität im geschützten Raum: Das Ensemble der Obertöne 2023.
RS-Foto: Buchner
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