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Österreichs Finanzpolitik im Fokus

Die RUNDSCHAU traf Finanzminister Magnus Brunner zum Gespräch in Hoch-Imst

Am 29. September 2024 wird in Österreich der Nationalrat gewählt. Finanzminister Brunner blickt im Gespräch mit der RUNDSCHAU auf die vergangenen Jahre zurück und skizziert, was es aus seiner Sicht für die Zukunft Österreichs braucht.
27. August 2024 | von Martin Grüneis
Österreichs Finanzpolitik im Fokus
Finanzminister Magnus Brunner im Gespräch mit der RUNDSCHAU.

RS-Fotos: Grüneis
Es war ein herrlicher Tag hoch über Imst. Finanzminister Magnus Brunner zeigte sich beeindruckt von dem, was hier geschaffen wurde und von der Leistung des Teams der Imster Bergbahnen rund um Geschäftsführer Bernhard Schöpf. In einer gemütlichen Ecke der Untermarkter Alm traf sich die RUNDSCHAU mit dem Bundesminister für Finanzen zum Gespräch. Die Bundesregierung hatte in den letzten Jahren außergewöhnlich viele Krisen zu bewältigen. Natürlich war es auch für den Finanzminister eine herausfordernde Legislaturperiode. Als kleine exportorientierte Volkswirtschaft im Zentrum Europas sei Österreich von der Entwicklung der Weltwirtschaft abhängig. „Wir haben in diesen Krisenzeiten enorme Unterstützungsleistungen übernehmen müssen“, blickte der aus Vorarlberg stammende Bundesminister zurück. Selbstverständlich könnte immer darüber diskutiert werden, ob die getroffenen Maßnahmen auch treffsicher genug gewesen seien. Finanzminister Brunner ist überzeugt: „Wir haben unser Bestes getan.“ Man habe aus Fehlern gelernt, reagiert und versucht, die Maßnahmen sukzessive entsprechend anzupassen. So sei es der Bundesregierung unter anderem gelungen, die Kaufkraft zu erhalten und die Inflation mittlerweile wieder unter drei Prozent zu drücken. Brunner weist auch darauf hin, dass die aktuelle Bundesregierung die erste seit langem ist, die wieder volle fünf Jahre gearbeitet hat. „Wir haben relativ viel vom Regierungsprogramm abgearbeitet“, berichtet Finanzminister Brunner. Ein absolutes Highlight sei die Abschaffung der kalten Progression gewesen. Als weitere Beispiele nannte er die Ökosoziale Steuerreform, das Start-Up-Paket sowie das Gemeinnützigkeitspaket, darüber hinaus konnten Unternehmen durch die Senkung der Körperschaftsteuer entlastet werden. „Es ist sehr, sehr viel vorwärts gegangen“, so Bundesminister Brunner. „Natürlich: Luft nach oben gibt es immer, so selbstkritisch muss man sein.“

„Win-Win-Situation“. Gerne hätte er noch das Vorsorgedepot mit Behaltefrist bei der Kapitalertragssteuer umgesetzt. Damit wäre das Thema stärker in den Vordergrund gerückt und jungen Menschen, jungen Familien, aber auch älteren Menschen die Vorsorge erleichtert worden. „Das ist eine Reform, die aus meiner Sicht sehr sinnvoll gewesen wäre“, meint Finanzminister Magnus Brunner. Denn das Vorsorgedepot hätte nicht nur den Vorsorgegedanken unterstützt, sondern auch zur Attraktivität des Kapitalmarktes beigetragen. „Win-Win-Situation“, so Brunner. Er weist darauf hin, dass der Kapitalmarkt für die Finanzierung der ökologischen und digitalen Transformation gebraucht werde.

Wie der Kapitalmarkt attraktiver werden kann. Der Finanzminister spricht sich für eine Kapitalmarktunion auf europäischer Ebene aus. Hürden müssten abgebaut, der Zugang zu Risiko- und Beteiligungskapital für Unternehmen erleichtert werden. „Hier müssen wir grenzüberschreitend denken“, betont Brunner. „Das wäre auch für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union ganz entscheidend.“ Mit Blick auf den Kapitalmarkt unterstreicht der Finanzminister zudem die Bedeutung der Finanzbildung. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die vom Bund in Zusammenarbeit mit der OECD und in enger Abstimmung mit zahlreichen weiteren (nationalen) Institutionen auf den Weg gebrachte Finanzbildungsstrategie.

Wettbewerbsfähigkeit stärken. Neben der Attraktivierung des Kapitalmarktes sei auch der Abbau von Bürokratie notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die Politik müsse laut Brunner durch konkrete Maßnahmen zeigen, dass sie dazu in der Lage sei. Dies sei beispielsweise mit der Steuerbefreiung von Lebensmittelspenden gelungen. Europa werde zwar nie die niedrigsten Arbeitskosten oder Energiepreise aufweisen, „aber was wir haben: schlaue Köpfe“, so Brunner. Europa und Österreich müssten sich daher vor allem auf Innovation, Forschung und Entwicklung konzentrieren. Die Politik sei gefordert, die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Effizienzsteigerung und  Leistungsanreize. Statt einer Arbeitszeitverkürzung brauche es nach Überzeugung des Finanzministers Leistungsanreize wie die Steuerbefreiung von Überstunden. Eine der Aufgaben der neuen Bundesregierung werde es sein, die Lohnnebenkosten zu senken. In Österreich gebe es jedenfalls ein enormes Potenzial, das System effizienter zu gestalten und Steuergelder effektiver einzusetzen. So liegt etwa die Förderquote um 0,8 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt. Die Ressorts müssten in den nächsten Jahren Prioritäten setzen. Es brauche auch Anreize für jene, die länger im Erwerbsleben bleiben wollen – jeder Monat bringe Einsparungen von 200 Millionen Euro.
Österreichs Finanzpolitik im Fokus
Geschäftsführer Bernhard Schöpf (l.) präsentierte Finanzminister Magnus Brunner (r.) und Nationalratskandidatin Margreth Falkner die Imster Bergbahnen – eine Fahrt mit dem Alpine Coaster durfte natürlich nicht fehlen.
Der Traum von den eigenen vier Wänden. Ein zentrales Thema ist natürlich das Wohnen, insbesondere in Kombination mit der geänderten Zinssituation. Mit dem Bau- und Wohnpaket der Bundesregierung wurden beispielsweise die Grundbuch- und Pfandrechtseintragungsgebühren für die ersten 500.000 Euro abgeschafft. Bundesminister Brunner bekräftigte, dass er gerne noch einen Schritt weiter gegangen wäre und die Grunderwerbsteuer für das erste Eigenheim abgeschafft hätte. Die Wohnbauförderung liegt zwar in der Zuständigkeit der Länder, der Bund versuche aber bestmöglich zu unterstützen, unter anderem durch Zinszuschüsse.

Unterstützung für die Kommunen. „Wir wissen, dass die Gemeinden und Länder mehr finanzielle Mittel benötigen, die Herausforderungen sind größer geworden“, betonte Finanzminister Brunner. Durch den neu verhandelten Finanzausgleich würden zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt. Zum ersten Mal sei dieses Geld jedoch auch an Reformen gekoppelt. „Das ist ein Paradigmenwechsel“, erklärt der Finanzminister. Die Kommunen spüren freilich auch die Auswirkungen der Teuerung. „Wir sind uns bewusst, dass die Gemeinden stark unter Druck sind“, so Brunner. Deshalb wurde ein weiteres Gemeindepaket geschnürt: Mit dem Kommunal­investitions­gesetz 2025 stellt der Bund 500 Millionen Euro zur Verfügung, wobei der Kofinanzierungsanteil der Gemeinden auf 20 Prozent gesenkt und jener des Bundes von 50 auf 80 Prozent erhöht wird. „Die Gemeinden sind echte Konjunkturtreiber wenn sie inves-
tieren“, weiß der Finanzminister. Die Frist für das bestehende Kommunalinvestitionsgesetz wurde um zwei Jahre verlängert (Schlüssel bleibt bei hier bei 50 Prozent). Zur zusätzlichen Verbesserung der Liquidität gewährt der Bund den Gemeinden eine Finanzzuweisung in Höhe von 300 Millionen Euro. Darüber hinaus wird der digitale Wandel in den nächsten Jahren mit 120 Millionen Euro unterstützt.

Herausforderungen auf Europäischer Ebene. Von der Bundesregierung wurde Bundesminister Magnus Brunner als Mitglied der Europäischen Kommission vorgeschlagen. Für ihn hat die Stärkung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU in den nächsten fünf Jahren oberste Priorität. „Wir müssen erkennen, dass unsere Konkurrenz nicht in Baden-Württemberg oder Bayern sitzt, sondern in den USA und China“, stellte Brunner klar.

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