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Viel Wind um nichts?

Abstimmung zum Windpark auf der Simmering-Alm bringt ein klares Nein

Die Idee klang vielversprechend: Mehrere Windräder auf dem Plateau des Simmerings sollten zur Energiewende beitragen, die Region finanziell entlasten und eine nachhaltige Stromquelle schaffen. Doch die Abstimmung innerhalb der Alpinteressentschaft Simmering-Alm sprach eine deutliche Sprache: 42 Stimmen dagegen, nur 16 dafür. Damit scheint das Projekt vom Tisch zu sein – oder bleibt ein Hintertürchen offen?
4. März 2025 | von Benjamin Hofer
Viel Wind um nichts?<br />
Das Plateau am Simmering – Schauplatz der Windkraft-Debatte. Sanfte Hänge, weite Almflächen und ein Panorama, das zum Verweilen einlädt. RS-Foto: Hofer
Tirol wartet weiterhin auf sein erstes Windkraftwerk – und das, obwohl die finanziellen Weichen längst gestellt sind: Das Land stellt 100.000 Euro für die Errichtung der ersten großen Windkraftanlage bereit und unterstützt Windkraftmessungen mit einem jährlichen Fördertopf von 300.000 Euro. Das niederösterreichische Unternehmen „ImWind“ nahm die Herausforderung an und erkannte in der Simmering-Alm eine der vielversprechendsten Flächen Tirols. Das Vorhaben umfasste vier Windräder mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Neben den ökologischen Vorteilen hätte das Projekt auch wirtschaftliche Anreize geboten: Jährliche Pacht- und Entschädigungszahlungen in Höhe von insgesamt 120.000 Euro pro Jahr an die Alpinteressentschaft und Gemeinde sowie eine Prämie des Landes Tirol sollten Anreize schaffen. Zusätzlich war geplant, die lokale Bevölkerung über eine Energiegemeinschaft aktiv einzubinden. Trotz dieses wirtschaftlichen Ansporns und der Aussicht auf eine nachhaltige Energiequelle blieben erhebliche Vorbehalte bestehen. Vor allem die notwendige Erweiterung der Infrastruktur sowie die als unzureichend empfundene Informationspolitik des Unternehmens ließen Zweifel aufkommen. Bürgermeister Michael Kluibenschädl aus Mötz äußerte Kritik: „Es gab zu wenig Informationen. Eine so weitreichende Entscheidung sollte auf fundierten Daten basieren, doch die Windmessungen würden erst nach Abschluss eines Vorvertrags erfolgen. So wüsste man letztlich nicht, worauf man sich einlässt.“ Zudem befürchteten Kritiker eine nachhaltige Beeinträchtigung der alpinen Landschaft sowie Eingriffe in das ökologische Gleichgewicht der Region – Argumente, die am Ende schwerer wogen als wirtschaftliche Anreize.

DIE ABSTIMMUNG - KLARES ERGEBNIS, GERINGE BETEILIGUNG. Entscheidungsträger waren die 107 Mitglieder der Alpinteressentschaft Simmering-Alm, einer Gemeinschaft aus Grundeigentümern der Agrargemeinschaften Mötz, Mieming und Obsteig. Die Wahlbeteiligung fiel jedoch bescheiden aus: Lediglich 58 Mitglieder gaben ihre Stimme ab – 42 sprachen sich gegen das Projekt aus, nur 16 dafür. Doch was erklärt die verhaltene Beteiligung und die deutliche Ablehnung? Laut Dominik Pfausler, Obmann der Alp-
interessentschaft Simmering-Alm, geriet das Thema nach der letztjährigen Vorstellung in eine Art Dornröschenschlaf, um erst kurz vor der Abstimmung wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Bürgermeister Kluibenschädl verweist zudem auf eine strukturelle Herausforderung: „Viele der Stimmberechtigten sind nicht mehr vor Ort oder nicht mehr aktiv in der Landwirtschaft am Simmering tätig. Das spiegelt sich auch in anderen Abstimmungen wider.“ Er plädiert für eine breitere Einbindung der Bevölkerung: Eine Entscheidung von solcher Tragweite dürfe nicht im kleinen Kreis getroffen werden – Transparenz und Mitsprache seien essenziell, um Akzeptanz zu schaffen. Obsteigs Bürgermeister Erich Mirth führt die Ablehnung auf die Bedenken der Grundeigentümer zurück: „Die Sorge galt vor allem den Auswirkungen auf Weide- und Almbetrieb. Ein derartiger Eingriff ließ die meisten zurückschrecken. Viele konnten sich auch schlicht nicht vorstellen, wie sich diese Anlagen in die vertraute Landschaft einfügen
sollen.“

VOM TISCH - ODER NUR VERTAGT? Doch ein Nein in der Abstimmung bedeutet nicht zwangsläufig das Ende des Projekts. „Ob Windkraft in Tirol forciert wird, hängt stark von der politischen Entwicklung ab“, erklärt Pfausler. Auch Bürgermeister Kluibenschädl vermeidet endgültige Positionen: „Ökologischer Strom ist essenziell – doch braucht es mehr Information, mehr Einbindung – dann kann man nochmal darüber diskutieren.“ Ähnlich sieht es sein Amtskollege Mirth: „Der Standort Simmering bleibt attraktiv – vielleicht ändert sich in 15 oder 20 Jahren die Sichtweise. Die Tür ist nicht komplett geschlossen.“ Das Unternehmen „ImWind“ äußerte auf unsere Anfrage hin sein Bedauern über das Abstimmungsergebnis und betonte die Bedeutung des Projekts für die Energieautarkie Tirols – insbesondere im Hinblick auf die sogenannte Winterproduktions-Lücke. „Wir haben zum gegebenen frühen Projektstatus sämtliche vorliegende Informationen geteilt und das Projekt umfangreich vorgestellt“, versichert „ImWind“. Ob das Projekt in naher Zukunft erneut aufgerollt wird, ließ das Unternehmen offen. Die zentrale Frage lautet also weiterhin: Dreht sich der Wind künftig zugunsten solcher Projekte, oder bleibt Tirol
weiterhin eine windkraftfreie Zone?

 

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