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Gemeinde soll mit Erben an einem Strang ziehen

Erbengemeinschaft fordert Haiminger Gemeinderat dazu auf, Umwidmung von Handl-Gründen nicht zuzustimmen

Die Causa Westtirolergründe ist noch längst nicht abgeschlossen, auch wenn das wohl einige Involvierte gern so sehen würden. Denn nun hat Erbensprecher Anton Raffl gemeinsam mit Adi Meierkord dem Gemeinderat in einer eigens einberaumten Sitzung die Hintergründe zu dieser brisanten und bis in die Nazizeit zurückreichenden Geschichte erläutert. Ob die Gemeinde nun ihrerseits zu einem Akteur wird, soll ein erweiterter Ausschuss klären.
6. Dezember 2022 | von Harald Gstrein
Gemeinde soll mit Erben an einem Strang ziehen<br />
Im Auseinandersetzungsvertrag von 1979 verkaufte die Gemeinde Haiming der Tiwag die roten Flächen im Tausch gegen die grünen. RS-Foto: Dorn
Die Geschichte rund um jene Gründe, die die Nationalsozialisten seinerzeit Haiminger Bauern und der Gemeinde zum Zwecke eines Kraftwerkbaus abgekauft hatten, ist wieder aktuell: Denn wie die meisten Gemeinderäte erst jetzt von Erbensprecher Toni Raffl erfahren haben, war für den auf einem Teil des damaligen Areals inzwischen angesiedelten Betrieb Handl Tyrol schon im Jahr 2015 klar, dass er die 5,4 Hektar umfassende westlich gelegene Fläche ebenfalls kaufen wolle. Ein diesbezügliches Vorkaufsrecht wurde in einem Nachtrag zum Kaufvertrag mit der Tiwag vereinbart. Auch der östlich gelegene, 3,7 Hektar große Teil des inzwischen aufgelassenen Campingplatzes wurde damals bereits als Optionsfläche gekennzeichnet.

GEHEIMHALTUNG? Allein dieses Detail der insgesamt sehr umstrittenen Angelegenheit sorgte bei der außertourlichen Sitzung für einiges Aufsehen: „Von diesem geheimen Lageplan von 2015 haben weder Gemeinderat noch Raumplaner etwas gewusst. Noch 2019 wurde der Campingplatz in der Fortschreibung des örtlichen Raumordnungskonzepts vom Raumplaner als sehr wichtig beschrieben und erklärt, man sollte den Standort beibehalten und als Sonderfläche absichern“, erläutert dazu Raffl. Auch GV Stephan Kuprian bestätigt das: „Da haben damals nicht alle die Wahrheit gesagt, vorsichtig formuliert. Das schaut schon nach Strategie aus.“ Dass das inzwischen bekannt gewordene Gesamtkonzept ursprünglich im Forchet Platz finden sollte, sei unwahrscheinlich, geht Kuprian noch einen Schritt weiter. Im Februar dieses Jahres kaufte Handl schließlich die Campingplatz-Fläche von der Tiwag ab und spekuliert nun auf eine Umwidmung durch die Gemeinde. Denn laut Raffl stehe im Kaufvertrag, dass der Kauf nur dann als abgeschlossen gilt, wenn innerhalb von vier Jahren die Fläche zu Gewerbe/Industriegebiet oder entsprechender Sonderfläche umgewidmet wird. Sonst erlösche auch die Option auf das Areal. Damit hat die Gemeinde die Zügel in der Hand, da sie diejenige ist, die über die Umwidmung entscheidet. Und hier bringt Raffl schließlich alte Ansprüche der Gemeinde gegenüber der Tiwag ins Spiel.

PRÜFEN UND BERATEN. Denn so wie die Erben hat auch die Gemeinde Haiming Grundstücke an die Westtiroler Gesellschaft veräußert bzw. 1979 in einem „Auseinandersetzungsvertrag“ mit der Tiwag Flächen getauscht, die man nun laut Raffl zurückfordern könnte. Denn auch in diesem Vertrag dient der geplante Kraftwerksbau als Geschäftsgrundlage. Insgesamt 6,1 Hektar südlich der Bundesstraße, davon ein großer Teil des heutigen Handl-Areals bzw. des nunmehr in Diskussion stehenden westlichen und östlichen Gebiets, hat die Gemeinde dazumal im Tausch gegen eine wesentlich kleinere Fläche nördlich des Bahnhofs Ötztal an die Tiwag verkauft. 2018 erklärt noch ein mit der Untersuchung der gesamten Angelegenheit beauftragter Rechtsgutachter, dass er keine Kenntnis davon habe, ob die Geschäftsgrundlage weggefallen sei. „Inwieweit davon aber die Gerichte zu überzeugen sind, lässt sich nicht vorhersagen“, zitiert Raffl aus dem vom Land in Auftrag gegebenen Gutachten. „Ich bin überrascht und dankbar für die Aufarbeitung dieser Geschichte. Wir müssen das jetzt von unserem Anwalt prüfen lassen und dann beraten, wie wir weiter vorgehen“, will auch Bürgermeisterin Michaela Ofner vorerst noch keinen Schlussstrich unter die Causa ziehen und ihr Vize Christian Köfler ergänzt: „Wir müssen jetzt lösungsorientiert arbeiten, sonst geht das noch 40 Jahre.“ Nun wird ein erweiterter Ausschuss gegründet, der über die weitere Vorgehensweise berät.

 
Gemeinde soll mit Erben an einem Strang ziehen<br />
Schon 2015 wurde die Fläche westlich von Handl als Vorkaufsfläche, die Fläche östlich als Optionsfläche eingezeichnet. RS-Foto: Dorn
Gemeinde soll mit Erben an einem Strang ziehen<br />
Die beiden „Erben“ Annemarie Gritsch und Anton Raffl befassen sich seit sieben Jahren gemeinsam mit Adi Meierkord intensiv mit den umstrittenen Westtiroler Gründen.

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