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Quarantänegemeinden einmal mehr im Fokus

31. März 2020 | von Friederike Hirsch
Quarantänegemeinden einmal mehr im Fokus
„In Sölden gibt es niemanden, der unversorgt und obdachlos auf der Straße liegt“, verspricht Ernst Schöpf, Bürgermeister der Gemeinde. RS-Foto: Hirsch

„Unversorgt und obdachlos in den Quarantänegemeinden“, warnt die Arbeiterkammer – auch in Sölden?



Unversorgt, obdachlos. Dramatische Notrufe würde die AK Tirol aus den Tiroler Tourismus-Zonen über unterschiedliche Kanäle erreichen. „Dutzende verzweifelte Notrufe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, so AK-Präsident Erwin Zangerl in einer Aussendung. Und weiter: „Die Arbeiterkammer könne die Vorwürfe wegen der Sperren derzeit nicht überprüfen.“ Ein telefonischer Lokalaugenschein in der Quarantänegemeinde Sölden.



Von Friederike Hirsch



Die kürzlich lancierten Aussagen des Tiroler AK-Präsidenten, Mitarbeiter in den Quarantäneregionen würden schlecht behandelt werden und auf der Straße sitzen, haben massive Irritationen ausgelöst. In den Quarantäne-Gemeinden ist man über Zangerl empört und auch die Wirtschaftskammer Tirol ist von der Vorgangsweise enttäuscht. Die RUNDSCHAU hat mit dem Bürgermeister von Sölden, Ernst Schöpf, einem Hotelier aus Sölden und einer kroatischen Mitarbeiterin gesprochen.



Niemand vor die Tür gesetzt


Im Hotel Bergland in Sölden wohnen derzeit noch 37 Mitarbeiter aus insgesamt acht Nationen. „Unsere Mitarbeiter wohnen in den Mitarbeiterwohnungen natürlich kostenlos. Alle Arbeitsverhältnisse wurden korrekt abgewickelt und alle sind finanziell abgesichert. Wir haben auch die Partner unserer Angestellten in unseren Mitarbeiterwohnungen untergebracht, auch wenn sie nicht bei uns gearbeitet haben. Auch diese bezahlen nichts für die Unterkunft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es tatsächlich einen Chef gibt, der die von der AK beschriebenen Zustände zulassen würde“, sagt der Hotelier Sigi Grüner. Grüner zeigt sich, wie auch die Wirtschaftskammer Tirol, verwundert. „Es ist für mich verwunderlich, dass man jetzt beginnt, die Hoteliers anzuschwärzen und populistisch auf die ganze Branche einschlägt“, zeigt sich Sigi Grüner enttäuscht. „Es trifft mich persönlich schwer, dass wir Hoteliers sowohl als Arbeitgeber und als auch als Gastgeber fast schon als Schwerverbrecher gebrandmarkt werden“, ist Sigi Grüner sichtlich entrüstet. Eine kroatische Mitarbeiterin meint zu den Vorwürfen: „Ich verstehe diese Vorwürfe nicht. Wir sind geschätzte Mitarbeiter und werden nicht einfach auf die Straße geworfen. Wir alle können in Sölden bleiben, bis sich die Lage beruhigt hat und bis wir wissen, wann und wie wir nach Hause kommen. Die Quarantäne hat uns alle beruhigt und wir haben wirklich ein großes Sicherheitsgefühl. Viele von uns meinen, dass wir hier in Sölden sicherer sind als sonst irgendwo auf der Welt“, sagt sie. Täglich informieren sich die Mitarbeiter und stehen mit den Behörden in Kontakt. „Wir haben im Hotel Internet, kostenlos, und können so immer mit unseren Familien und auch den Behörden sprechen und so alle Informationen bekommen, die wir brauchen. Natürlich möchten wir alle nach Hause, aber wir sind optimistisch. Es fehlt uns an nichts, außer dass wir nicht bei unseren Liebsten sind. Ich bin sicher, dass alles gut werden wird“, sagt sie. Die Familie Grüner würden ihnen Mut machen und helfen, wo es notwendig ist.



Erhebung am Laufen


Ernst Schöpf, Bürgermeister von Sölden, sagt zu den Vorwürfen der Arbeiterkammer und zur aktuellen Situation: „Es ist nichts Neues, dass aus Krisen immer wieder politisches Kleingeld geschlagen wird. In Sölden gibt es niemanden, der unversorgt und obdachlos auf der Straße liegt.“ Die Gemeinde Sölden erhebt derzeit die Anzahl und die Nationalität der Mitarbeiter. „Damit wir, gemeinsam mit den zuständigen Stellen, das Ausreisemanagement koordinieren können und alle sicher in ihre Heimatländer bringen können“, so Schöpf. Die Ausreisen werden in enger Abstimmung mit dem Außen-, Gesundheits- und Innenministerium abgewickelt. Alle ausreisenden Personen werden mit einem Formular erfasst. Eine Kopie dieses Formulars soll ebenso den jeweiligen Gesundheitsbehörden am Hauptwohnsitz der Personen übermittelt werden, heißt es dazu von Landesseite. Die Verantwortung, die jeweiligen Zustimmungen der Heimatländer einzuholen und die Ausreise mit den Konsulaten und Botschaften zu koordinieren, liege hingegen beim Bund.


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