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„Das ist für mich eine neue Situation“

Ein Jahr wie kein anderes im Leben von Daniel Federspiel

Daniel Federspiel, mehrfacher österreichischer Meister, Europameister und zweifacher Weltmeister im Cross Country Eliminator, ist mit Tatendrang vollgestopft wie selten zuvor. Obwohl die vergangenen drei Jahre für ihn kein Honigschlecken waren. Vor allem auch wegen einer schweren Verletzung, die den Imster Paradeathlet zu Beginn des Jahres ereilte. Mittlerweile geht es wieder steil bergauf. Einen erheblichen Stimmungs-Booster stellte dabei die Vertragsverlängerung bei seinem Team „Felbermayr Simplon Wels“ dar. Federspiel kann sich nun zum ersten Mal voll und ganz auf Straßenrennen konzentrieren. Die RUNDSCHAU interviewte den 35-Jährigen in der Rodelhütte des RV Imst.
8. November 2022 | von Albert Unterpirker
„Das ist für mich eine neue Situation“ <br />
Daniel Federspiel: „Das ist für mich eine neue Situation. RS-Foto: Unterpirker
RUNDSCHAU: Seit deinem Wechsel vom Mountainbike auf die Straße im Jahr 2018 hat sich bei dir einiges getan. Sowohl sportlich, als auch beruflich und privat hattest du eine schwierige Zeit zu bestehen. Sportlich gab es ja wegen der Corona-Pandemie zwei Jahre lang Stillstand. Im Jänner hast du dann mit dem Sieg bei den österreichischen Meisterschaften im Cyclocross wieder sehr positiv bilanziert, aber dann – erwischte dich ein echter Keulenschlag!
Daniel Federspiel: Genau, aber dann! Drei Tage nach dem Rennen habe ich mir beim Schitourengehen die Schulter gebrochen und alle Bänder gerissen (u.a. die Bizeps-Sehne, Anm.).


RS: Wo war das?
Federspiel: In Hoch-Imst. Ich bin beim Raufgehen einfach abgerutscht. Dann war zwei Monate total Pause, da hab ich rein gar nichts machen können. Ich bin nur tagtäglich spazieren gegangen, zum Teil 50 km. Danach bin ich zwei Wochen lang Radgefahren. Dann war Bundesliga-Eröffnungsrennen in Leonding – und ich bin Dritter geworden.

RS: Nach der schweren Verletzung zwei Monate spazierengehen, zwei Wochen radfahren – und du wirst Dritter ... eigentlich unglaublich, oder?
Federspiel: Ja, eben. Und dann ging es weiter, und ich bin wieder innerhalb von eineinhalb Monaten bei Rennen (u.a. Ardennen-Rundfahrt in Frankreich, OÖ-Rundfahrt) zweimal auf dieselbe Schulter gefallen (eingerissen). Was folgte, war wieder ein Pause.

RS: Frustriert das nicht extrem?
Federspiel: Ja und Nein. Irgendwie motiviert es mich, weil ich kann das nicht so stehenlassen – das weiß ich jetzt. Ich hab’ auch das Gefühl, dass ich nicht ausgebrannt bin, und noch ein bisschen was auf Reserve hab’. Darum kann ich es auch noch nicht lassen.

RS: Du bist ja ursprünglich wegen der Österreich-Rundfahrt auf die Straße gewechselt, oder?
Federspiel: Ja, ich wollte einfach einmal bei der Ö-Tour starten. Jetzt war sie dreimal wegen der Pandemie nicht, und heuer konnte ich wegen der Verletzung nicht mitfahren. Nächstes Jahr hoffe ich aber, dass ich dabei bin.

RS: Welchen sportlichen Schwerpunkt gab es in diesem Jahr noch?
Federspiel: Den Ötztaler (Radmarathon), da bin ich Fünfter geworden. Am Timmelsjoch waren wir zu Dritt vorne (u.a. mit dem späteren Sieger). Mir ist einfach die letzten 200 Höhenmeter die Luft ausgegangen. Ich hatte zuwenig gegessen, dann war Ende. Ich hatte wirklich gedacht, dass ich um den Sieg mitfahren kann, war nicht weit weg. Ich bin dann aber komplett eingebrochen.

RS: Trotzdem ein super Ergebnis, oder?
Federspiel: Ja, ich hatte meine bisher beste Platzierung beim Ötztaler erreicht. Ich hatte mich auf dieses Rennen einfach so gut es geht vorbereitet, hab’ auch die Schulter auskurieren lassen, und habe mich auf das Rennen fokussiert.  

RS: Aber da war noch was in diesem Jahr, erst kürzlich ...
Federspiel: Stimmt, ich habe vor kurzem das fünfte von fünf Cross-Rennen heuer gewonnen (Österr. Cyclocross, Cup-Serie).  

RS: Dir reicht momentan keiner das Wasser ...
Federspiel: Momentan ist es echt geil (lacht), ich kann es mir nicht erklären! Ich nehme derzeit einfach alles ein bisschen lockerer. Wenn ich Lust auf ein Bier hab’ hier in der Rodelhütte, dann trink’ ich mit Peter (Schmid, RV Imst-Obmann) eines! Ich habe gemerkt: Es gibt ein Leben nebenbei auch noch – und ich leb’ das jetzt.

RS: An welches Ereignis denkst du am meisten zurück?
Federspiel: An meinen ersten Weltmeistertitel (Andorra 2015). Das war für mich der emotionalste, schönste und größte Erfolg. Ich wollte Weltmeister werden seit es diese Disziplin gab. 2016 den Titel zu verteidigen, war auch ein Traum. Aber der erste ist und bleibt der Beste, der ist speziell. Das Rad, mit dem ich damals den Titel gewonnen hab’, das hab’ ich nachher weggestellt, ...  

RS: ... und eingefroren ...
Federspiel: ... ja, genau (schmunzelt), ich hab auch den Dreck von damals obengelassen, hab’ ihn nie runtergewaschen.
 
RS: Wie schaut nun deine nähere Zukunft aus?
Federspiel: Ich habe ein weiteres Jahr (kürzlich) bei Felbermayr Simplon Wels (Continental Team) unterschrieben. Ich möchte einfach wissen, was möglich ist, wenn ich mich hundertprozentig auf die Straße konzentrieren kann. Ich war mein ganzes Leben lang nie Profi, habe nebenher immer gearbeitet – und so wie es jetzt ausschaut, stellt mich Felbermayr Simplon Wels an.

RS: Das heißt, du kannst dich ab sofort erstmals auf die Straße konzentrieren?
Federpspiel: Genau, und das voll und ganz!

RS: Was ist dann mit deinem Bike-Geschäft?
Federspiel: Wie genau das mit dem Geschäft weitergeht, ist noch offen.

RS: Nochmals zurück zu deinem Engagement beim Team Felbermayr Simplon Wels – wie wird das alles in etwa ablaufen?
Federspiel: Das ist für mich grad eine neue Situation. Wir sind da sicher an die 150 Tage im Jahr unterwegs, ich kann nebenher nichts anderes mehr machen. Eine volle Saison auf der Straße kostet soviel Substanz,  sodass ich einfach mehr Regeneration brauche. Im Jänner haben wir das erste, im Februar das zweite Trainingslager – sowie die erste Rundfahrt (Türkei-Rundfahrt).

RS: Bei der Ö-Tour – welches Abschneiden kannst du dir da vorstellen?
Federspiel: Ganz ehrlich? Mein Ziel ist es wirklich, eine Ö-Tour-Etappe zu gewinnen. Zwar keine Bergetappe, ist klar, aber eine Flach-Etappe. Ich finde, das ist irgendwo realistisch. Wenn ich mich auf fünf, sechs Fahrer voll verlassen kann, die mich zum Sprint hinführen, und ich meinen Job erledigen kann – ich traue mich zu sagen: Das kann funktionieren!  

RS: Das wäre dann der zweite Meilenstein nach dem Triumpf in Andorra ...
Federspiel: Ja, das wäre echt brutal!  

RS: Da wären die zwei Medaillen dann eifersüchtig aufeinander ...
Federspiel: (lacht) Ja, das könnte schon sein. Und den Ötztaler würde ich auch noch gerne gewinnen.  

RS: Alles klar. Hab’ ich sonst noch was Wichtiges vergessen zu fragen?
Federspiel: (grinst) Nein, alles gut. Aber mit dem Peter (Schmid) und mir könntest noch ein Foto machen!  

RS: Gerne! Danke für das Gespräch.

 
„Das ist für mich eine neue Situation“ <br />
Lupft die 71kg, sprich: Daniel Federspiel, mal schnell auf, und schultert den Weltmeister mit einer Hand: RV Imst-Obmann Peter Schmid (langjährig befreundet). RS-Foto: Unterpirker

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