Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
Artikel teilen
Artikel teilen >

„Reduzierung der Alpinunfälle ist oberstes Ziel“

Jahresrückblick auf die Alpinunfallstatistik 2020

261 Menschen verloren im vergangenen Jahr in den Bergen Österreichs ihr Leben – das geht aus der Alpinunfallstatistik des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS) für das Jahr 2020 hervor. Im Zehnjahresmittel waren es 290 Tote pro Jahr.
25. Jänner 2021 | von Mel Burger
„Reduzierung der Alpinunfälle ist oberstes Ziel“
Auch die Alpinpolizei steht Jahr für Jahr bei alpinen Unglücken in Österreichs Bergen im Einsatz. Foto: BM.I Alpinpolizei
Von Barbara Heiss

Das Kuratorium für Alpine Sicherheit (ÖKAS) sieht seine Kernthemen in der Sicherheit und Präventionsarbeit auf Österreichs Bergen. „Das Jahr 2020 hat gezeigt, dass auch im Sicherheitsbereich Berg die digitalen Kommunikationsmittel ein wichtiger Weg zur Aufklärung der breiten Öffentlichkeit darstellen. Oberstes Ziel des ÖKAS ist die Reduzierung der alpinen Unfallzahlen durch Aufklärung der Öffentlichkeit“, so Peter Paal, seit Sommer 2020 der neue Präsident des ÖKAS. Dabei will man alle Menschen ansprechen, die auf den Bergen unterwegs sind. „Eine breitenwirksame Aufklärung kann nur mit starken Partnern bewältigt werden. Alpinpolizei, Vereine, Verbände und die Mitglieder des ÖKAS leisten hier hervorragende Arbeit. Eine enge Kooperation mit den Medien ist von zentraler Bedeutung“, erklärt Paal. 

EIN ALPINES JAHR IN ZAHLEN. In Österreich gab es im vergangenen Jahr insgesamt 11290 verunfallte Personen (Tote, Verletzte, Unverletzte). Im Mittel der letzten zehn Jahre gab es 11446 Verunfallte. Alpine Notrufe werden nicht nur bei Unfällen mit Toten und Verletzten abgesetzt, sondern auch von unverletzten Personen, die sich in einer misslichen Lage befinden. Der Anteil der Unverletzten lag 2020 bei rund 32 Prozent aller registrierten Notrufe. Wie in den Vorjahren zeigt der Bundesländervergleich auch heuer Tirol an der Spitze bei den Alpinunfällen. Mit insgesamt 4835 Verunfallten inklusive 88 Todesfällen sind die Zahlen in Tirol mehr als doppelt so hoch wie in Salzburg, das an zweiter Stelle rangiert. Insgesamt starben in Österreich 261 Personen in den Bergen. Der Großteil der tödlich Verunglückten stammte aus Österreich (169 Tote), gefolgt vom Nachbarland Deutschland mit 48 Toten. Die Bergsportdisziplin mit den meisten Unfalltoten im Jahr 2020 war in Tirol (aber auch in ganz Österreich) das Wandern beziehungsweise Bergsteigen mit insgesamt 31 Alpintoten (insgesamt 1032 Verunfallten). Danach folgt die Unfalldisziplin Piste/Skiroute mit 16 Toten (insgesamt 2158 Verunfallte) sowie (Ski-)Tour und Klettern mit jeweils fünf Toten. Zudem nahmen sich fünf Menschen in Tirols Bergen im vergangenen Jahr das Leben. Insgesamt starben 2020 rund 49 Prozent bei Sommerbergsportdisziplinen, 23 Prozent bei Wintersportdisziplinen und 28 Prozent bei klassischen Nicht-Bergsportdisziplinen, wie Jagd- oder Forstunfälle oder im alpinen Straßenverkehr. Die meisten Verunfallten waren zwischen 51 und 60 Jahre alt, gefolgt von den 61- bis 70-Jährigen. Von den 261 Todesopfern starben im Jahr 2020 insgesamt 60 Personen in Österreichs Bergen an Herz-Kreislauf-Versagen (22 Prozent) und stellt neben Sturz/Stolpern/Ausgleiten/Absturz (17 Prozent) die Hauptunfallursache bei Alpinunfällen dar. Insgesamt registrierte die Alpinpolizei zudem 58 Lawinenunfälle, bei denen elf Personen ums Leben kamen, drei davon in Tirol.

SCHWANKUNGEN. In einem „normalen“ Jahr unterliegt die Ausübung von Bergsport stark saisonalen Schwankungen wie der Witterung. Im Jahr 2020 kam noch ein weiterer Faktor hinzu: Die aufgrund der Corona-Pandemie ausgesprochenen Ausgangssperren des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 (ab Mitte März) haben sich ebenfalls auf die Unfallzahlen ausgewirkt. Zumeist ist die Anzahl der Alpintoten im Juli, August und September am höchsten. In unfallreichen Wintern kann es aber auch zu einer Verschiebung in die Monate Februar oder März kommen, so im Jahr 2020 mit 32 Alpintoten im Februar. Der unfallträchtige Jahresstart hat sich, mit Unterbrechung durch den ersten Lockdown, bis in die Sommermonate fortgesetzt. Mitursächlich waren Anfang des Jahres mangelnder Schnee an den Pistenrändern und überfüllte Pistenbereiche sowie im Sommer der Bergsport-Hype, der durch die Corona-Pandemie in den Alpen besonders verstärkt wurde. In Sommer boomten Wandern, Biken und insbesondere E-Biken.

RICHTIGES VERHALTEN. Eine Kernaufgabe des Kuratoriums für Alpine Sicherheit ist die Aufklärungs- und Präventionsarbeit, die nach Möglichkeit bereits im Kindes- und Jugendalter erfolgen sollte – nicht nur bei internationalen Gästen, sondern vor allem auch bei Einheimischen. Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten, verschiedenste Kurs-, Aus- und Fortbildungen bei alpinen Vereinen und Verbänden zu absolvieren. „Es geht aber nichts über die regelmäßige Praxis am Berg, am besten von Kindesbeinen an. Eine fundierte Ausbildung bei einem alpinen Verein sollte dies ergänzen. Bergsteigen kann man nur durch das Tun erlernen“, so Präsident Paal, selbst passionierter Bergsteiger. Auch digitale Kommunikationskanäle werden in Zukunft immer öfter in die Veranstaltungen des ÖKAS integriert. Das erstmalig im November 2020 online durchgeführte Alpinforum war beispielsweise ein großer Erfolg: Innerhalb der ersten zehn Tage wurde das Forum über 30000 Mal aufgerufen. Alle Beiträge stehen online jederzeit unter www.alpinforum.info zur Verfügung. Zudem können die drei Fibeln für Erste Hilfe, Skitouren und Lawinen unter www.alpinesicherheit.at/de/fibeln bestellt werden. 
„Reduzierung der Alpinunfälle ist oberstes Ziel“
Peter Paaö. Präsident des ÖKAS, sieht die Reduzierung der Alpinunfälle als oberstes Ziel an. Foto: ÖKAS

Feedback geben

Feedback abschicken >
Nach oben