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Gastbetriebe sehen für sich keine Zukunft mehr

Obsteig: Betreiber von Ferienwohnungen und -zimmern im Weiler Wald fürchten durch Geflügelfarm um ihre Existenz

Nachdem vergangene Woche vom Obsteiger Gemeinderat der Beharrungsbeschluss für den Bebauungsplan der umstrittenen Geflügelfarm im Weiler Wald mit großer Mehrheit getroffen wurde, zeigen sich die Bewohner weiterhin verzweifelt: Der Gestank sei bereits jetzt unerträglich und auch den Gästen der Ferienwohnungen immer unzumutbarer. Einige Stammgäste haben sich nun bei der Gemeinde und dem Tourismusverband über die Zustände beschwert.
25. Oktober 2021 | von Agnes Dorn
Gastbetriebe sehen für sich keine Zukunft mehr
Von Agnes Dorn

„Seit mehreren Jahren schon verbringen wir als Stammgast im Haus Thaler unsere Ferien und fühlen uns sehr wohl dort. Wir konnten bisher unseren Aufenthalt, die Landschaft, die Ruhe und die frische Landluft in vollen Zügen genießen. Dies hat sich leider mit dem angrenzenden Geflügelmastbetrieb dramatisch geändert“, beginnt ein Brief einer Gastfamilie aus Mildenau an die Gemeinde Obsteig. Im Laufe des Schreibens vom Juli dieses Jahres schildern die Urlauber dann, wie vom bereits bestehenden Hof desselben Betreibers, der nun eine zweite Hühnerfarm im selben Weiler von der Gemeinde bewilligt bekommen hat, „regelrechte Gestankswolken“ schwallartig in die Umgebung ziehen, sodass ein Aufenthalt im Garten verunmöglicht wird. Die Heftigkeit des „Kloakengeruchs“ bestätigen indes mehrere andere Gäste und Bewohner. Gastgeberin Martha Thaler, die seit über 30 Jahren zwei Ferienwohnungen in Wald betreibt, zeigt sich verzweifelt angesichts der Zustände: „Wir liegen gegenüber dem alten Stall und haben jetzt schon eine massive Belastung. Von zuerst 1800 Tieren hat der Betreiber jetzt auf 3600 verdoppelt. Mit dem neuen Stall bekommen wir dann noch einmal die doppelte Belastung. Wir sind rundum mit Gestank eingedeckt. Wenn das so weitergeht, kann ich zusperren.“ 

TOURISTISCH. Auch die Gäste aus Mildenau haben in ihrem Schreiben an Gemeinde und Tourismusverband angekündigt, ihren Urlaub im nächsten Jahr an einem anderen Ort zu verbringen. Ein Ehepaar aus Waldenburg, seit 2007 Stammgäste in Wald, sieht die Existenz der Gästehäuser im Weiler als „sehr gefährdet“ an. Sie berichten davon, dass sie während ihres Urlaubs bei der Familie Thaler um 4 Uhr in der Früh durch Motorenlärm eines landwirtschaftlichen Fahrzeugs vom Hof des Mastbetriebs aus dem Schlaf gerissen wurden. Auch sie berichten, dass ein ungestörter Aufenthalt im Garten untertags aufgrund des Gestanks teilweise nicht möglich sei. Gäste aus Ratingen, die seit 30 Jahren immer wieder ihren Urlaub in Wald verbringen, schrieben ebenfalls an den Tourismusverband: „Der Lärm, die Fäkalaerosole beeinträchtigen die Erholung der Feriengäste, die Existenzgrundlage der Vermieter, aber auch die Lebensqualität aller dort lebenden Menschen.“ Zumindest der Familie aus Mildenau blieb der Tourismusverband eine Antwort nicht lange schuldig. So spricht der stellvertretende Direktor des Innsbruck Tourismus, Christoph Stock, sein Bedauern darüber aus, dass die langjährigen Stammgäste ihren Urlaub nicht mehr in Wald „bei der von uns als Vermieter sehr geschätzten Familie Thaler“ verbringen wollen und hofft darauf, „dass Sie zumindest dem Mieminger Plateau als Gäste erhalten bleiben werden“. Ihnen als Tourismusverband seien die Hände gebunden, da sie „leider in Entscheidungen über Widmungen und Ansiedelungen von gewerblichen Betrieben nicht miteingebunden“ würden. Das sei Sache der jeweilig dafür zuständigen Kommunal- und Landespolitik. Doch: „Auch wir sehen eine derartige landwirtschaftliche Nutzung in der Nähe von Zimmervermietungen als eher problematisch“, äußert auch Stock seine Bedenken gegenüber dem Geflügelmastbetrieb in Wald.
 
POLITISCH. Stellungnahmen von 17 Bewohnern des Weilers zählt die Gemeinde als zuständige Behörde angesichts des nun erlassenen Bebauungsplans für die zweite Hühnerfarm. Die Argumente seien aber bereits „berücksichtigt und beurteilt“ worden, als es um die Widmung ging, heißt es im Protokoll: „Über weite Strecken erschöpfen sich die eingelangten Stellungnahmen in der Wiederholung von Behauptungen und Einwendungen, die bereits im Widmungsverfahren vorgebracht wurden.“ Der in so mancher Stellungnahme geäußerte Vorwurf, „die Einwendungen der Walder Bevölkerung seien ignoriert worden“, möchte die Gemeinde „entschieden zurückgewiesen“ wissen: „Alle rechtzeitig eingelangten und zulässigen Stellungnahmen wurden geprüft und erörtert“, wobei den Bewohnern des Weilers dann auch während der Gemeinderatssitzung „noch die Möglichkeit gegeben worden sei, ihre Bedenken zu äußern“. Mit zehn zu zwei Stimmen wurde auf Antrag des Bürgermeisters beschlossen, den Stellungnahmen daher keine Folge gegeben. Der Betreiber der Hühnerfarm war indes telefonisch tagelang nicht zu erreichen.

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