Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Was die Zukunft bringt

Lösungen für eine starke, zukunftsfähige Tiroler Wirtschaft

Die Tiroler Wirtschaft hat ein zähes Jahr gemeistert und blickt nun voller Zuversicht auf 2022. „Wir starten in das neue Jahr, wie wir das alte beendet haben. Wir befinden uns nach wie vor in einer Pandemie – nur haben wir jetzt mit Omikron eine neue Variante“, so Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser, der gemeinsam mit Bezirksobmann Josef Huber künftige Herausforderungen aufzeigt, die schon heute angepackt werden müssen.
18. Jänner 2022 | von Martin Grüneis
Was die Zukunft bringt
Im Bild: WK-Präsident Christoph Walser und Bezirksobmann Josef Huber (v.r.) RS-Foto: Grüneis
Von Martin Grüneis

„Die Betriebe haben ihre Hausaufgaben gemacht – es wurden professionelle Präventions- und Sicherheitskonzepte entwickelt“, hält WK-Präsident Christoph Walser fest und ist sich sicher: „Die Wirtschaft ist kein Treiber der Infektionsentwicklung. Das bestätigt uns auch immer wieder die AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Anm.).“ Auf die Wirtschaftssektoren im Land wirkten sich die beiden vergangenen Krisenjahre jedenfalls völlig unterschiedlich aus. Die exportorientierte Industrie, das Gewerbe sowie die Bauwirtschaft  haben sich als Träger der Konjunktur erwiesen. „Wir werden 2021 im Export – was die Industrie betrifft – die Marke von 14 Milliarden sprengen. Das ist ein absolut neuer Rekord, den wir auch vor der Krise nie erreicht haben“, freut sich Walser. Unterdessen mussten der Tourismus und andere Dienstleister massive Einbußen hinnehmen. So verwundert es nicht, dass der Wirtschaftsstandort Tirol im Bundesländervergleich überdurchschnittlich von Corona betroffen war, schließlich werden gut 40 Prozent der gesamten Wertschöpfung mit wirtschaftsbezogenen Dienstleistungen erzielt. In Summe hat die Pandemie eine entgangene Wertschöpfung von rund fünf Milliarden Euro verursacht. Die Aussichten für den kommenden Frühling sowie den Sommer seien aber positiv und im Sommertourismus sieht der WK-Präsident generell noch großes Potenzial für die Zukunft. Mit diesem Winter sei die Tourismusbranche im Bezirk Imst unter den gegebenen Umständen bisher recht zufrieden, berichtete Bezirksobmann Josef Huber. „Für das Jahr 2022 haben wir ein Wirtschaftswachstum prognostiziert, das zwischen fünf und sechs Prozent liegt – allerdings ist das eine Positivrechnung. Sollte ein weiterer Lockdown kommen, wird das Wirtschaftswachstum wohl bei der Hälfte liegen“, erklärt Walser. „Die Kombination aller verfügbaren Maßnahmen – von der Impfung über das Testen bis hin zu den bewährten Hygieneregeln – muss ausreichen, um einen weiteren Lockdown zu verhindern“, ist er sich sicher. Von der Politik fordert er frühzeitiges Gegensteuern, zeitgerechte und verständliche Verordnungen sowie faire Entschädigungen für besonders betroffene Branchen. Zugleich müssen aber auch die Weichen für die großen Herausforderungen der Zukunft gestellt werden. „Dazu gehören der Fachkräftemangel, der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und die Digitalisierung“, weiß Walser. Eine aktuelle WKO-Umfrage belegt, dass der Fachkräftemangel und die massiven Verteuerungen bei den Energiepreisen die größten Probleme für die Betriebe darstellen.

ARBEITSKRÄFTEMANGEL. Aufgrund des demographischen Wandels ist mit einem Arbeitskräftemangel zu rechnen. Mittlerweile befinden wir uns bereits in der Pensionswelle der Babyboomer-Generation.  „Die Lehre war mir immer besonders wichtig. Diese müssen wir weiterentwickeln und im Gesamtbild attraktiver machen“, so Walser. Erfreulich ist, dass der Bezirk Imst mit Stand 31. Dezember 2021 880 Lehrlinge zählt, also mehr als noch zum Stichtag 31. Dezember 2020, als es 863 Lehrlinge waren – noch gibt es aber offene Lehrstellen. „Ein Riesenpotenzial liegt auch bei den Frauen. Viele arbeiten geringfügig oder in Teilzeit, da die Kinderbetreuung nicht mehr hergibt. Daher unsere Forderung an das Land und die Gemeinden: Kinderbetreuung weiter ausbauen“, führt der WK-Präsident fort. Walser fordert außerdem, dass Pensionisten, die weiterhin arbeiten gehen wollen, dies ohne steuerliche Nachteile bzw. steuerfrei tun können. „Für uns als Unternehmer wäre das ein riesen Vorteil, wenn wir auf Mitarbeiter zurückgreifen können, die Erfahrung haben“, sagt Walser. Für den Tourismus konnte mit der neuen Stammsaisonnier-Regelung ab 2022 bereits eine erste Erleichterung geschaffen werden. Bei der Beschäftigung von Nicht-EU-Bürgern seien die Möglichkeiten aber noch nicht ausgeschöpft. Diesbezüglich brauche es rasche Lösungen und weitere Produkte vonseiten der Politik. Die Rot-Weiß-Rot-Karte wäre ein solch hilfreiches Produkt, jedoch müsste diese deutlich vereinfacht werden. So sollten neben einer einschlägigen Berufsausbildung auch ein Praxistest und langjährige Berufserfahrung anerkannt werden.

DIGITALISIERUNG UND NACHHALTIGKEIT. Ob nun Homeoffice, virtuelle Konferenzen oder Schulungen – im Bezug auf die Digitalisierung hat sich in den letzten Monaten so einiges getan. Die Pandemie wirke sozusagen als Booster und sorge für einen enormen Digitalisierungsschub. Nichtsdestotrotz haben die heimischen Unternehmen in dieser Sache noch Aufholbedarf. Die Digitalisierung bietet jedenfalls jede Menge Chancen. Das Land und der Bund unterstützen die Betriebe beim digitalen Wandel mittels Förderungen. Ein Beispiel hierfür ist das Projekt „Digital-Lotse“. Diese niederschwellige Digitalisierungsmaßnahme wurde im vergangenen Jahr von der Tiroler Wirtschaftskammer und „digital.tirol“ in Zusammenarbeit mit den vier Tiroler Stadtmarketing-Einrichtungen in Imst, Hall in Tirol, St. Johann sowie Kufstein ausgearbeitet. Bezirksobmann Josef Huber und WK-Präsident Christoph Walser geben außerdem zu wissen, dass den Wirtschaftstreibenden vor Ort die nachhaltige Entwicklung des Bezirkes ein besonderes Anliegen ist. „Uns ist es besonders wichtig, dass die Nachhaltigkeit sowohl ökologisch als auch sozial und insbesondere wirtschaftlich gedacht wird. Der Bau von Wasserkraftwerken darf nicht jahrelangen UVP-Verfahren unterliegen, sondern muss rasch umgesetzt werden“, so Huber. In Anbetracht der ohnehin steigenden Energie- und Treibstoffpreise, bereitet auch die Einführung der CO2-Bepreisung zur Jahresmitte sorgen. Es brauche praktikable Lösungsansätze für einen CO2-freien Schwerverkehr und das würden weder Elektro- noch Wasserstofftechnik aktuell zulassen. Hinzu kommt, dass derzeit ohnehin schon vielerorts Lieferschwierigkeiten herrschen.

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