Von Daniel Haueis
Ursprünglich waren die Bezirkshauptleute Repräsentanten des Kaisers in den Bezirken – sie hatten sogar eine eigene Uniform zu tragen, wenn sie an Franz Josephs statt das Kaiserreich vertraten. Und sie bewohnten samt Familie ein Stockwerk der Bezirkshauptmannschaft. Diese Zeiten sind vorüber, und der Jurist Markus Maaß hat großen Anteil daran, dass die Verwaltung heute eine moderne ist. Als er 1985 als 26-Jähriger in der BH Landeck begonnen hat, gab es noch eine Bekleidungsvorschrift für Referatsleiter, die Schreibmaschinen waren allesamt mechanisch und ein Matritzendrucker (ein Vorläufer des Kopierers) verströmte Spiritusduft im Gebäude. Seither hat sich viel getan, und Markus Maaß hat „nachgeholfen“: Als Mitglied der Steuerungsgruppe Digitalisierung des Landes Tirol hat er die sinnvolle Nutzung elektronischer Möglichkeiten vorangetrieben. Sein Motto dabei: Die Technik hat dem Menschen zu dienen – nicht umgekehrt.
SERVICE AUF GESETZESBASIS. Und so hat Markus Maaß, der seit 1. Februar 2006 Bezirkshauptmann ist, auch seine Arbeit insgesamt angelegt: „Wir schauen, dass die Menschen im Bezirk zu ihrem Recht kommen.“ Er forderte von seinen rund 100 Mitarbeitern stets, zuerst nachzudenken, wie etwas gehen kann und nicht primär Begründungen zu suchen, weshalb etwas nicht geht. Die BH als „serviceorientierte Stelle im Rahmen des Gesetzes“, sagt Maaß. Motto: Aufklärung und Beratung bewirken mehr als Strafen. Für Maaß gab es jedenfalls „nichts Spannenderes als auf einer BH zu arbeiten“ – er wollte stets mit Menschen arbeiten, nahe an den Gemeinden sein, nahe bei Unternehmen etc. „Ich hab dürfen ein Stück weit mitgestalten“, sagt Maaß – der Verwaltungsjurist als Gestalter.
NEUERUNG UMWELTREFERAT UND IMMER WIEDER KATASTROPHENBEWÄLTIGUNG. Neuerungen hat Maaß aber nicht nur im Bereich Digitalisierung mitgetragen oder vorangetrieben. Er war der erste Leiter des Umweltreferates. Diese Funktion wurde 1987 – ein paar Jahre nach Besetzung der Hainburger Au und ein Jahr nach Einzug der Grünen in den Nationalrat – schon noch etwas misstrauisch beäugt. „Das war zukunftsweisend“, sagt Maaß, der damit auch massiv zur Bewusstseinsbildung etwa in puncto Naturschutz oder Abfallentsorgung beigetragen hat. Beruflich war er aber auch mit Katastrophen befasst: sei’s die Wolfsgrubenlawine im März 1988 in St. Anton mit sieben Todesopfern, seien es die Lawinenunglücke im Februar 1999 in Galtür und Valzur mit 38 Todesopfern, das Hochwasser 2005 im Bezirk oder Muren in Pfunds, See, Grins-Graf, Strengen oder Pettneu. „Das waren alles herausfordernde Ereignisse, tragisch die Toten und Verletzten …“, erinnert sich Maaß, der etliche davon als Stellvertreter von BH Dr. Erwin Koler zu bearbeiten hatte. Nachsatz: „Wir haben versucht, es richtig zu machen und die betroffenen Menschen bestmöglich zu unterstützen und den Gemeinden zu helfen.“ Das Team der BH Land-eck ist gut aufeinander abgestimmt und jeder hat bestimmte Aufgaben innerhalb der Bezirkseinsatzleitung. Mitunter musste man aber nicht nur Katastrophen bewältigen, sondern konnte sie verhindern: vorsorgliche Lawinensprengungen etwa wurden von Maaß & Co aus dem Engadin „importiert“ – der Blick über die Landesgrenze (Stichwort: Terra raetica) war Maaß stets ein wichtiger, da Impulse gegeben und erhalten sowie Kontakte geknüpft werden konnten. Da sie andere Staaten betreffen, war auch die Rechtsgrundlage stets eine andere, was den Blick wieder „geweitet“ hat.
MEDIALE VORVERURTEILUNG ALS SCHWERSTE BELASTUNG. Die größte Herausforderung für das Team der BH Landeck war und ist die Bewältigung der Corona-Pandemie. Die Maßnahmen, die gesetzt werden mussten, konnten nur auf Grundlage eines Epidemiegesetzes aus dem Jahre 1950 und einem Pandemieplan aus den 70er-Jahren erfolgen. Diese rechtlichen Grundlagen entsprachen nicht mehr den heutigen Erfordernissen. Wie komplex die Materie ist, ist auch daran erkennbar, dass von den ca. 750 bundesgesetzlichen Regelungen zur Bekämpfung der Pandemie viele in der Zwischenzeit höchstgerichtlich wieder behoben wurden. Aus Sicht der BH wurde zu Beginn der Pandemie alles rechtlich Mögliche unternommen, um die Verbreitung des Virus zu verhindern. Es wurden in diesem Zeitraum ca. 40 Verordnungen erlassen, von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen (Ausgangsbeschränkungen, Betriebsschließungen etc.) über Schulschließungen bis zur Regelung der Aus- und Einreise in das Bundesgebiet. Darüber hinaus waren die Einsätze der Polizei, des Bundesheeres, die Mithilfe der Gemeinden und der Blaulichtorganisationen sowie Krankenhaus zu koordinieren. Die BH-Mitarbeiter betreffende staatsanwaltliche Ermittlungen wurden vor einem Jahr eingestellt, über einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens hat ein Richtersenat zu entscheiden. „Am belastendsten“ war die mediale Vorverurteilung, sagt Markus Maaß. Eine Vorverurteilung ist für jeden schmerzlich – für einen Juristen, der sein Lebtag lang einem Rechtsstaat entsprechend auf Grundlage von Gesetzen zu handeln hatte, wohl besonders. Markus Maaß würde diesen Berufsweg – Ausbildung zum Juristen und Tätigkeit in der BH Land-eck – jedenfalls wieder einschlagen: Das Land Tirol, die Bürgermeister, die Polizei, das Bundesheer, die Blaulichtorganisationen und auch die Bevölkerung des Bezirkes Land-eck sind Adressaten seines Dankes, Maaß dankt für das Verständnis für seine Entscheidungen und die Loyalität ihm gegenüber. Das „wertvollste Gut“ waren in den gut 37 Berufsjahren aber die Mitarbeiter der BH Landeck: „Sie haben wesentlich dazu beigetragen das Ansehen der Verwaltung zu heben“ – dadurch haben die BH Landeck und auch das Land Tirol im Bezirk einen guten Ruf.
PENSION. In Pension geht ein insgesamt zufriedener Markus Maaß; seine weiteren Ziele sind allesamt „kleine“: Wenn er mit Ablauf des 31. März 2023 in den Ruhestand tritt, ist er gut 63 Jahre alt und wird dann mehr Zeit mit seiner Großfamilie verbringen. Auch mehr Zeit für Musik (Tuba), Wanderungen, Bergsteigen, Skifahren und Skitouren in seiner Heimat Strengen und „seinem“ Bezirk Landeck sollte bleiben.
„Die Bevölkerung ist sehr offen“
Als Bezirkshauptmann war und ist Markus Maaß natürlich auch mit dem Aslythema befasst. „Die Bevölkerung ist Flüchtlingen gegenüber sehr offen gewesen, sehr aufgeschlossen. Es gab viele Freiwillige, Lehrer, die geholfen haben etc.“, analysiert er. Es seien auch alle Gemeinden bereit, Flüchtlinge aufzunehmen – Landeck sei aber „nicht das erste Ziel für Flüchtlinge“: „Einen Run auf Landeck kann ich nicht feststellen.“ Flüchtlinge sind meist lieber im Zentralraum untergebracht, auch deren Versorgung wird so erleichtert. Aktuell gibt es im Bezirk vor allem Flüchtlinge aus der Ukraine.