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Es werden bereits Operationen verschoben

Krankenhaus St. Vinzenz: Intensiv-Personal am Limit – die Triage-Kriterien

Die Corona-Situation fordert das medizinische Personal, speziell die Mitarbeiter der Intensivstation, am Krankenhaus St. Vinzenz. Und sie fordert auch so manchen Oberländer Patienten: Operationen müssen verschoben werden.
22. November 2021 | von Daniel Haueis
Es werden bereits Operationen verschoben<br />
Intensivmediziner Prim. Walter Hasibeder: „Derzeit werden nicht dringliche Operationen wie zum Beispiel Metallentfernungen, Krampfaderoperationen u. A. verschoben. Nimmt die Belastung mit Corona-Patientinnen und -Patienten weiter zu, müssen orthopädische, geplante unfallchirurgische und andere Operationen ebenfalls verschoben werden.“ Foto: Krankenhaus St. Vinzenz Zams
Von Daniel Haueis

„Derzeit wird im Krankenhaus, vor allem von unserem Fachpflegepersonal, enormes geleistet“, berichtet Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hasibeder, ärztlicher Leiter der Anästhesie und Operativen Intensivmedizin am Krankenhaus St. Vinzenz in Zams. Das Personal arbeitet erneut unter extremen Arbeitsbedingungen (Schutzausrüstung). Die Corona-Isolierstation verzeichnet steigende Patientenzahlen, in der interdisziplinären Intensivstation gab es vergangenen Donnerstag zwar nur drei Covid-19-Fälle, aber sie war mit internistischen und chirurgischen Notfällen voll belegt. Teilweise wird der Aufwachraum wieder als Intensivstation für Patienten nach großen chirurgischen Eingriffen oder bei hausinternen Notfällen genutzt. Möglich ist dies nur, da Intensivmedizin-Fachpfleger Überstunden leisten und Urlaubstage verschieben. „Trotzdem muss es jedem klar sein, dass auch unser Pflegepersonal am Limit ist“, sagt Hasibeder.

MAXIMAL 16 INTENSIV-PLÄTZE. Die interdisziplinäre Intensivstation in „St. Vinzenz“ hat zehn vollwertige Intensivplätze und vier Intermediate-Care-Plätze; zwei weitere Intermediate-Care-Plätze sind für die Versorgung neurologischer Notfälle in der Zukunft vorhanden, aber derzeit noch nicht mit dem notwendigen Pflegefachpersonal ausgestattet. „Derzeit werden aufgrund der Corona-Situation alle Intermediate-Care-Plätze als Intensivbetten benutzt. Zusätzlich können durch Verlagerung von Anästhesiefachpflegepersonal auf die Intensivstation auch die letzten verfügbaren Intermediate-Care-Plätze als Intensivstationsbehandlungsplätze genützt werden … Das bedeutet, dass wir in Notsituationen bis zu 16 Intensivbetten nutzen können“, sagt Hasibeder. Zusätzliche Kapazitäten könnten in Extremfällen durch Nutzung des Aufwachraumes geschaffen werden – diese Situationen gab es bereits während der letzten großen Corona-Wellen.

VERSCHOBENE OPERATIONEN. Für den Einsatz des Anästhesiefachpflegepersonals auf der Intensivstation müssen aber gleichzeitig OP-Säle gesperrt werden und Planoperationen in großem Stil verschoben werden, zeigt der Primar Einschränkungen für die Allgemeinheit auf: „Derzeit werden nicht dringliche Operationen wie zum Beispiel Metallentfernungen, Krampfaderoperationen u.A. verschoben. Nimmt die Belastung mit Corona-Patientinnen und -Patienten weiter zu, müssen orthopädische, geplante unfallchirurgische und andere Operationen ebenfalls verschoben werden. Dazu zählen zum Beispiel Protheseneingriffe, bestimmte Wirbelsäulenoperationen, elektive chirurgische Eingriffe …“ – damit Personal in den intensivmedizinischen Bereich „verschoben“ werden kann.

TRIAGE NACH ÜBERLEBENSCHANCE. Sollte es zu Triage-Situationen kommen, werden Notfallpatienten in der Notaufnahme aufgrund der Schwere der aktuellen Erkrankung, der Schwere der chronischen Vorerkrankungen und der Einschätzung der körperlichen Leistungsreserven beurteilt. Ein Team erfahrener Ärzte schätzt also die Überlebenschancen der Patienten unmittelbar nach Eintreffen im Krankenhaus ein und entscheidet damit bei eingeschränkten Intensivkapazitäten, wer einen Intensivplatz bekommt – sofern noch vorhanden sind. „Das aktuelle Alter spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle“, sagt der Primar, und auch eine Corona-Impfung ist kein Kriterium: „Als Ärzte und Ärztinnen werden wir sicher keine moralische Bewertung unserer Patientinnen und Patienten, aufgrund eines bestimmten Verhaltens (geimpft oder nicht geimpft) durchführen!“, sagt Walter Hasibeder, der eit 1993 intensivmedizinisch tätig ist. Er hätte sich „nie träumen lassen, das wir in unserem Land, in Friedenszeiten, jemals an eine Triage von Patienten und Patientinnen im Krankenhaus denken müssen. Die Trägheit der Politik und das Schönreden voraussehbarer Entwicklungen ärgern mich und viele meiner Kolleginnen und Kollegen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daher maßlos!“ Zur Impfpflicht konnte Hasibeder (schon vor der Ankündigung der Bundesregierung) nur sagen: „Selbstverständlich! Wir werden nur über eine Impfpflicht diese Pandemie überwinden.“ Bei den derzeitigen hohen Fallzahlen sei auch eine maximale Kontaktreduktion durch einen zeitlich begrenzten Lockdown wahrscheinlich unumgänglich, sagte er am Donnerstag auch diesen Plan der Bundesregierung voraus. Und: „Die Maskenpflicht im öffentlichen Raum ist das Gebot der Stunde!“, so der Fachmann.

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