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Stadt Landeck steht auf der Auszahlungsbremse

12. März 2019 | von Nina Zacke
Stadt Landeck steht auf der Auszahlungsbremse
Seit 2016 schreibt der SGS Landeck-Zams-Fließ-Schönwies, der sein Domizil im Erdgeschoß des Gebäudes für betreutes Wohnen in Landeck hat, rote Zahlen. RS-Foto: Tiefenbacher

SGS Landeck & Umgebung kämpft mit Finanzproblemen


 

Der Sozial- und Gesundheitssprengel Landeck-Zams-Fließ-Schönwies kämpft mit Finanzproblemen und ersuchte die vier beteiligten Gemeinden um die Deckung des Abgangs von 2018 und 2019. Die Stadt Landeck steht vorerst noch auf der -Auszahlungsbremse. Man möchte Umstrukturierungen sehen.

 

Von Herbert Tiefenbacher

 

Hauskrankenpflege, Heimhilfe, Beratung, mobile Sozialarbeit und neuerdings auch Tagespflege – das ist das Leistungsangebot des Sozial- und Gesundheitssprengels der Gemeinden Landeck, Zams, Fließ und Schönwies. Schaut man hinter die plakativen Überschriften, zeigt sich ein großes Engagement für die Erfüllung dieser Aufgaben. Die Basisarbeit wird von 36 Fachkräften mit 14 Fahrzeugen gemacht, im Organisations- und Führungsbereich ist neben vier bereichsleitenden und planenden Mitarbeiterinnen ein Leitungsduo tätig. Diese Führungsspitze bilden seit Juli 2014 Anton Pircher (Obmann) und Mag. Doris Habicher (Geschäftsführerin).

 

UM ABGANGSDECKUNG ANGESUCHT. Die beiden mussten nun den vier Sprengelgemeinden erneut mitteilen, dass sich die nicht gerade erfreuliche finanzielle Entwicklung des SGS Landeck & Umgebung weiter fortsetzt. In der ersten Dekadenhälfte (bis 2015) noch standen jährlich Überschüsse zu Buche. 2012 lag das Plus z. B. bei 100.000 Euro und 2014 bei 94.000 Euro. Dies änderte sich ab 2016. In diesem Jahr wurde ein Abgang von etwa 247.000 Euro bilanziert. 2017 musste man ein Minus von rund 102.000 Euro hinnehmen. Der Sprengel wird nun auch das Geschäftsjahr 2018 mit einer negativen Bilanz abschließen. Der prognostizierte Abgang liegt bei 150.000 Euro. Und für 2019 ist ein Minus von rund 125.000 Euro veranschlagt. Damit die Liquidität erhalten bleibt, suchte die Sprengelleitung bei den vier Gemeinden um die anteiligen Abdeckungsbeiträge für 2018 (Jänner bis Juni) und 2019 (erstes Quartal) an. Die vier Kommunen tragen nämlich die Abgänge nach einem festgelegten Aufteilungsschlüssel. Nach diesem haben Landeck 49,7 Prozent, Zams 21,9 Prozent, Fließ 17,4 Prozent und Schönwies rund 11 Prozent zu übernehmen. Demnach hat Landeck für 2018 jetzt einen Abgangsdeckungsbeitrag von rund 36.900 Euro bereitzustellen, für 2019 etwa 15.500 Euro.

 

AUF DER AUSZAHLUNGSBREMSE. Die Stadtgemeinde Landeck reagierte mit einer Aufforderung an den Sprengel zur Bekanntgabe von Details zur finanziellen Situation. Dabei wurden auch Fragen zur Entwicklung dieser Situation gestellt. „Einige Fragen stehen noch im Raum. Der Stadtrat erwartet sich, dass in gewissen Bereichen Umstrukturierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Dazu haben wir bis jetzt noch nichts gehört. Von uns sind bisher aber auch die Abgangsdeckungsbeiträge noch nicht bezahlt worden“, erklärte Bgm. Dr. Wolfgang Jörg, Nachsatz: „Die finanzielle Situation beim Sprengel wird Thema der nächsten SGS-Vorstandssitzung sein.“ Diese ist für Ende März angesetzt.

 

GRÜNDE FÜR DIE ABGÄNGE. Zu den Gründen für die negative finanzielle Entwicklung des SGS Landeck & Umgebung sagte GF Doris Habicher: „Die Sache ist zu komplex, als dass sie sich in Kürze darstellen ließe. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle.“ Das Hauptproblem dabei sei das sogenannte Normkostenmodell des Landes, das die Verrechnung der Leistungen der mobilen Pflege und Betreuung regelt. „Es werden Stundensätze bezahlt, die nicht kostendeckend sind“, betonte Habicher. Als Beispiel führte die SGS-Geschäftsführerin den Verrechnungssatz für eine Sonntagsstunde an, der derselbe ist wie jener für eine Wochentagsstunde. Als zweites Beispiel nannte Habicher den Kollektivvertrag: Kommt es zu Verbesserungen für die Beschäftigten in der mobilen Pflege und Betreuung, entstehen dadurch zusätzliche Kosten, die der Sprengel aber über das Normkostenmodell nicht refundiert bekommt. „Da klafft es auseinander. Das geht sich nicht aus“, so GF Habicher.

 

WEITERE FAKTOREN. Ein weiterer Kostenfaktor sei, dass man aufgrund des Personalmangels auf teurere Leasing-ArbeiterInnen ausweichen muss. Mit einigem Geldaufwand verbunden gewesen sei die Übersiedlung des Sprengels, die Anpassung der Personalstruktur sowie die Investitionen in die EDV und den Fuhrpark. Habicher wies zudem darauf hin, dass der SGS Landeck & Umgebung nicht wie manch andere Sprengel über kos-tensparende Rahmenbedingungen verfüge, die die finanzielle Situation begünstigen. „Die tun sich leichter“, merkte GF Habicher an. Der Landecker Sprengel mache alles selber und müsse für alles bezahlen. Es gebe Sprengel, so Habicher, denen erspare die Gemeinde Kosten für die Buchhaltung, weil sie diese mitmacht. Für andere Sprengel wiederum würden keine Mietkosten anfallen. Der SGS Landeck hingegen habe monatlich 2.000 Euro Miete für das neue Domizil im Gebäude für betreutes Wohnen zu bezahlen (bisher gab man 800 Euro für die Miete aus). Als fast beneidenswert werden von Habicher diejenigen Sprengel angesehen, die ihr Budget mit namhaften Spendengeldern aufbessern und mit Sponsormitteln neue Fahrzeuge finanzieren können. SGS-Obmann Anton Pircher führte in seiner Stellungnahme im Wesentlichen jene Argumente an, die von der Geschäftsführerin Habicher vorgebracht wurden. Hinsichtlich der noch klemmenden Auszahlung der Abgangsdeckungsbeiträge äußerte sich Pircher zuversichtlich.

 

Hälfte der Sprengel schreibt rote Zahlen

Aus Sicht des Obmannes der ARGE mobile Pflege in Tirol, Thomas Strickner, ist die Finanznot beim SGS Landeck & Umgebung nachvollziehbar. Er weiß, dass in Tirol über die Hälfte der Sprengel – darunter sind die drei großen Einrichtungen ISD – Innsbrucker Soziale Dienste GmbH, Verein Vaget und Die Johanniter – rote Zahlen schreiben. „Weil die Sprengel mit den Normkosten des Landes Tirol für ihre Leistungen nicht das Auslangen finden. Es ist zwingend notwendig, dass Normkostensätze ausbezahlt werden, um überleben zu können“, sagte Strickner. Eine Evaluierung werde derzeit von einer Arbeitsgruppe, der Strickner angehört, durchgeführt, aber mit neuen Kostensätzen sei vor 2020 nicht zu rechnen. „Derzeit kommt man nicht umhin über Spenden und Sponsoring Gelder zu lukrieren, um kein Minus zu machen“, so Strickner. Nachfrage: Wenn ein Sprengel nicht in der glücklichen Lage ist, solche Gelder zur Verfügung zu haben, bleibt dann der Abgang bei den Gemeinden hängen? „So ist es“, meinte Thomas Strickner. Laut ihm ist dieses Normkostenmodell mit den vorgegebenen Stundensätzen als Finanzierungsschablone seit 2010 für die Sprengel in Tirol verbindlich, aber bisher noch nicht evaluiert und entsprechend angepasst worden.

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