Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
Artikel teilen
Artikel teilen >

Starke Zunahme an Gefährdungsabklärungen

Die Kinder- und Jugendhilfe Landeck stärkt Familien und schützt Kinder

Die Coronakrise trifft auch viele Familien mit voller Härte: Emotionale und finanzielle Überforderungen sind merklich gestiegen. Für die Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe der Bezirkshauptmannschaft Landeck steht das Kindeswohl an erster Stelle.
12. April 2021 | von Von Irmgard Pfurtscheller
Starke Zunahme an Gefährdungsabklärungen<br />
Im Jahr 2020 verzeichnete die Kinder- und Jugendhilfe der BH Landeck 87 Abklärungen. Doch jetzt, ein Jahr nach Pandemiebeginn habe sich die Situation teilweise dramatisch verschärft: In den ersten zwei Monaten 2021 gab es bereits 50 Abklärungen zu bearbeiten (Symbolbild). Foto: Pixabay
Von Irmgard Pfurtscheller

Im Jahr 2020 verzeichnete die Kinder- und Jugendhilfe der BH Landeck, ehemals Jugendamt, 87 Abklärungen. Es gab an die fünf Wegweisungen, eine Frau mit ihren Kindern wurde im Frauenhaus untergebracht. Der erste Lockdown im Frühjahr 2020 sei von der Mehrheit der Bevölkerung mit großer Disziplin und Akzeptanz mitgetragen worden. Eltern, Schüler und Lehrer haben schnell reagiert und waren sehr bemüht, das Beste aus der Situation zu machen, so Cornelia Weinseisen, Referatsleiterin der Kinder- und Jugendhilfe. Doch jetzt, ein Jahr später, habe sich die Situation teilweise dramatisch verschärft: In den ersten zwei Monaten 2021 gab es bereits 50 Abklärungen zu bearbeiten: „Jetzt geht es jetzt ans Eingemachte.“ Die Herausforderungen für Alleinerzieherinnen sind riesig, und auch Familien, wo beide Elternteile im Gastgewerbe oder Tourismusbetrieben beschäftigt waren, trifft es besonders hart. Wenn ein geregelter Tagesablauf mit Arbeit und Schule wegbricht, sind die Herausforderungen für viele nicht mehr zu bewältigen. 187 Familien befinden sich derzeit in Bezugsbetreuung. Sozialarbeiter helfen betroffenen Familien bei der organisatorischen Alltagsbewältigung sowie bei erzieherischen Problemen, wobei das Wohl der Kinder und Jugendlichen im Vordergrund steht. Ist dieses trotz aller Bemühungen gefährdet und die positive Entwicklung des Kindes nicht mehr gegeben, ist der letzte Schritt die Wegnahme aus der Familie.

FREMDUNTERBRINGUNG. Der häufigste Grund für eine Fremdunterbringung ist eine generelle Überforderung von Eltern und Alleinerzieherinnen. Gewalt sei schwierig nachzuweisen, Väter seien oft nicht greifbar, da die Erziehungsarbeit nach wie vor Frauensache sei. Betroffene Kinder und Jugendliche werden in verschiedenen Einrichtungen untergebracht. Das „Haus Terra“ der Caritas zählt zu den Einrichtungen in Landeck, in Imst gibt es die sozialpädagogische Wohngemeinschaft Oberland „Tupo“ und auch in Innsbruck und Umgebung gibt es diesbezügliche Einrichtungen. 27 Kinder und Jugendliche befinden sich derzeit in Vollerziehung und sind fremduntergebracht. Kinder aus Landeck werden dabei in anderen Bezirken untergebracht und umgekehrt. Es soll damit eine gewisse Distanz zum ehemaligen sozialen Umfeld gewährleistet werden, wobei regelmäßige Besuchsrechte gegeben sind. Eine weitere Möglichkeit der Fremdunterbringung ist die Pflegeelternschaft. Das betrifft vor allem Säuglinge und Kleinstkinder, deren Mütter sich nicht in der Lage sehen, das Kind aufzuziehen. Im Bezirk Landeck gibt es zwölf Pflegefamilien, und sieben Kinder aus dem Bezirk Landeck wachsen derzeit außerhalb des Bezirkes bei Pflegeeltern auf. Die Kinder sind in der Familie voll integriert und bleiben bis zum Erwachsenenalter und auch darüber hinaus dort.

AUFFANGNETZ „MINDESTSICHERUNG“. Auch im Bereich Mindestsicherung zeigt die Tendenz im ersten Quartal 2021 nach oben. Im Mai und Juni des vergangenen Jahres habe es vermehrt Anfragen gegeben, die sich nach der Sommersaison bis zum Herbst wieder normalisiert haben, berichtet Fachbereichsleiter Franz Kneringer. Nach der abgesagten Wintersaison 2020/21 ist jedoch die Zahl der Ansuchen gestiegen. Bei 140 im Jänner und Februar des letzten Jahres sind es heuer im gleichen Zeitraum 176 – eine Steigerung von 25 Prozent. Die Härtefälle sind neben Alleinerzieherinnen und Tourismusbeschäftigten auch arbeitslose Schulabgänger und saisonale Arbeitskräfte. Zu wenig Arbeitszeiten, um Arbeitslosengeld zu erhalten, und der Wegfall von Arbeit und Unterbringungsmöglichkeiten bringen vor allem Saisonarbeiter, davon viele Frauen, in Existenznöte. Hier springt die Mindestsicherung als Auffangnetz ein – als Überbrückung, bis wieder ein geregeltes Einkommen möglich ist, und auch als Aufstockung, wenn trotz Arbeit mit dem Einkommen nicht auszukommen ist, was besonders für Alleinerzieherinnen gilt. Trotz der anfänglichen Steigerung erwartet sich Kneringer keinen riesigen Zuwachs mehr, sondern dass es sich in Hinblick auf eine mögliche Sommersaison wieder normalisiert.
 
Starke Zunahme an Gefährdungsabklärungen<br />
Referatsleiterin Cornelia Weinseisen und … RS-Foto: Pfurtscheller
Starke Zunahme an Gefährdungsabklärungen<br />
… Fachbereichsleiter Franz Kneringer verzeichnen eine Corona-bedingte Steigerung. RS-Foto: Pfurtscheller

Feedback geben

Feedback abschicken >
Nach oben