Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Ungewissheit um Augenarzt in Landeck

Gerhard Walter im RUNDSCHAU-Gespräch – Versorgungsengpass im Oberland droht

Schon lange kein Geheimnis mehr ist der Ärztemangel am Land. Die Dichte an Allgemeinmedizinern wird Jahr für Jahr dünner. Aber auch Fachärzte gibt es immer weniger. Jetzt könnte es in der Bezirkshauptstadt Landeck bald keinen Augenarzt mehr geben, denn geht Dr. Gerhard Walter endgültig in seine wohlverdiente Pension, schaut es danach richtig düster aus. Eine kleine Entwarnung gibt es vorerst aber.
7. Feber 2022 | von Von Albert Unterpirker
Ungewissheit um Augenarzt in Landeck<br />
Gerhard Walter mit seinem vorbildhaften und treuen Helferteam Martina Weißkopf und Maria Schlatter (v. l.) RS-Foto: Unterpirker
Von Albert Unterpirker

Spricht man mit Gerhard Walter über die medizinische Lage im Oberland bzw. in Landeck, wird sofort klar: Dem langjährigen Landecker Augenarzt ist die derzeitige Situation ein ziemlicher Dorn im Auge. Als er 1986 die Praxis von Dr. Schuler übernahm, deutete noch nichts auf die aktuelle Problematik hin. In ständigem Kontakt mit der Augenklinik in Innsbruck startete Walter bereits vor Jahren erste Versuche, jemanden für die Kassenstelle in Landeck zu begeistern, doch abgesehen von zwei Kurzzeit-Vertretungen wollte sich das niemand antun. Für den Ärztemangel gibt es seiner Ansicht nach zwar einige Gründe, in erster Linie sind aber sicherlich universitäre Ausbildungsstrukturen dafür verantwortlich. „Wenn an der Innsbrucker Augenklinik von 13 Ausbildungsstellen nur drei von Tiroler*innen besetzt sind, dann ist der Versorgungsengpass vorprogrammiert, speziell im Oberland“, sagt der Arzt. Ohne noch näher auf die weiteren Ursachen einzugehen, ist für Walter klar, dass das Problem der Nachfolge in seiner Heimatstadt in naher, möglicherweise auch in ferner Zukunft nicht zu lösen sein wird. „Auch nicht mit finanziellen Lockangeboten, denn es fehlt an ‚Nachwuchs‘, die jungen Ärzt*innen können sich heute ihre Stellen aussuchen, wogegen die Stadt Landeck mit Attraktivität kaum punkten kann“, so Walter. Das sei in seinen Gesprächen mit jenen, die zuletzt die Klinik verließen oder ihre Ausbildung bald beenden werden, in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen, und: „Warum wohl blieben die bereits 20 (!) erfolgten Ausschreibungen der Stelle ohne Erfolg?“

VERZWEIFLUNG. Gerhard Walter ist übrigens 70 Jahre, und könnte schon längst in Pension sein. Vor mehreren Monaten wurde er von der Ärztekammer in Kenntnis gesetzt, dass sein Kassenvertrag mit Erreichen der Altersgrenze (70), also Ende März, automatisch erlischt. Mit dem Zusatz, dass dieser bei Bedarf verlängert werden könnte. Darüber dürfte es keinen Zweifel geben, wie Zahlen und Fakten belegen. Seine Praxis gehört zu den meistfrequentierten in Tirol, er ist der einzige Augenarzt im Bezirk, und die Nachfrage wird eher größer denn weniger. „Mittlerweile rufen Leute sogar aus dem Raum Innsbruck und aus Vorarlberg an, die ganz verzweifelt einen Augenarzt suchen“, erzählt er, weil sie oft Monate auf einen Termin warten müssten und die Situation mancherorts – man glaubt es kaum – noch schlechter ist als hier. In den letzten Wochen ist das Wann und Wie des Endes der beruflichen Laufbahn in seinem Kopf omnipräsent, die Sehnsucht nach dem Ruhestand bei seinen vielen Aktivitäten wächst. Aber er spürt die Sorgen der Patient*innen, wenn er sie vertrösten und ihnen mitteilen muss, dass die Zukunft ungewiss ist und ein Versorgungsengpass im Oberland droht. Hinzu kommt, dass ihm gerade die jetzigen Assistentinnen aufgrund ihrer herausragenden Tugenden und des unvergleichlichen Teamgeistes den Abschied nicht leicht machen.

GROSSES EINZUGSGEBIET. Dass das enorme Know-how dieser Mitarbeiterinnen in Bezug auf Praxis-Management und die ganze Bürokratie nicht mehr weiter genützt werden könnte, schmerzt Walter besonders. „Der Neuanfang wäre mit diesen Damen für eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger um ein Vielfaches leichter und einfacher!“ Jeder Tag, an dem die Praxis noch geöffnet ist, ein Gewinn für die Bevölkerung. Und ebenso für die Gemeinde, denn das Einzugsgebiet der Praxis erstreckt sich von Galtür über Nauders, Sölden, Roppen bis Ehrwald. „Die Leute nützen dabei nachweislich die Gelegenheit zum Einkauf in Landeck, es entgehen der Stadt Steuern und es fallen Arbeitsplätze weg“, weiß der Arzt.
Wenige Tage nach dem RUNDSCHAU-Interview hat Walter seinen Vertrag noch einmal bis September verlängert. Viele Probleme wären gelöst, wenn er einer engagierten Kollegin oder einem fleißigen Kollegen zur Aufnahme einer schönen, befriedigenden Arbeit in Landeck gratulieren könnte.


 
Ungewissheit um Augenarzt in Landeck<br />
Wenn Gerhard Walter aufhört, droht ein Versorgungsengpass. RS-Foto: Unterpirker

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