Von Christina Hötzel
„Ein richtig tolles Erbstück. Ich habe da schon eine Idee, was ich damit tun kann“ – Anette Wiese-Immergrün (Siggi Senn) nimmt die Tankstelle ihres Vaters Ernst-Norbert Immergrün ganz genau unter die Lupe. Seit dem Bau der Unterführung ist nur noch wenig los und sie möchte ihr Erbe schnell verscherbeln. „Mädchen, lass dir gesagt sein, man kann mehr Geld verdienen mit dem, was die Leute tanken“, war die Devise des Verstorbenen, der selbst sein bester Kunde war. Nun hat Anette jedoch einen Investor an der Hand, der eine Aallederfabrik eröffnen will. Diese Geschäftsidee treibt allerdings ihren Sohn Rainer (Matthias Schranz) und dessen Freundin Tina (Sarah Raich), erklärte Veganer, auf die Barrikaden, die prompt eine Demo organisieren. So ging es auf der Bühne des Gemeindehauses in Kauns hoch her. Als die zwei Aktivisten sogar nackt vor der Tankstelle für ihre Überzeugungen eintreten, ist die selbsterklärte Erbin erschüttert und das Publikum begeistert.
SCHRÄGE VÖGEL UND VERPEILTE KOMMISSARIN. Angestellte Lucy (Andrea Jörg) kocht derweil mit zwielichtigen Geschäften ihr ganz eigenes Süppchen. Unter der Ladentheke handelt sie mit Drogen, Waffen und gefälschten Impfzertifikaten. „Super-bleifrei mit extra Rucola“ ist der Code für immerhin vegane Gewächse der anderen Art. Dann tritt auch noch der fragwürdige polnische Lkw-Fahrer Karol auf den Plan, der ausgerechnet die Mona Lisa aus dem Louvre geklaut hat und sie bei Lucy hinterlegt. Stammkunde Gustl beobachtet mit der Bierflasche in der Hand das Geschehen, und die gestrenge, aber etwas planlose Inspektorin Kling (Manuela Erhart) ermittelt. Notar Dr. Arnold Peters (Josef Falkeis) brachte in seiner Aktentasche dann jedoch die überraschende Wendung und der wahre Drahtzieher des Diebstahls war ein ganz anderer als gedacht.
STILECHTE STIMMUNG UND GUTES SCHAUSPIEL. Die Zuschauer tauchten sofort in das Geschehen ein, auch Dank des originalgetreuen Bühnenbildes. Liebevoll wurde die Atmosphäre einer üblichen Dorftankstelle nachempfunden mitsamt Motorölflaschen, Warndreieck, Verkaufstheke mit Zigaretten und Süßigkeiten und gut gefülltem Kühlschrank. In der Pause gab es Fleischkassemmel wie an der echten „Tanke“. Das Ensemble schaffte es gekonnt, die Zuschauer gut zwei Stunden zu begeistern und zu verblüffen. Ein spannendes, sehenswertes Stück mit vielen Irrungen und Wirrungen. Langeweile kam bei der Versammlung von schrulligen Gemütern und undurchsichtigen Machenschaften nicht auf. Die Schauspiele Kauns führten dieses besondere Stück zum 40-jährigen Bestehen auf: Der Schriftsteller in den eigenen Reihen, Autor und Regisseur Michael -Schmid hat die Handlung den Mitspielern zwar, nach eigenen Angaben, nicht auf den Leib geschrieben, sie gingen aber komplett in ihren Rollen auf.
Autor Michael Schmid mit Josef Falkeis, dem Notar des verstorbenen Tankstellenbesitzers RS-Foto: Hötzel
Tarnen klappt schon ganz gut: „Lieblingspole“ Karol und Stammgast Gustl sind mit der Angestellten Lucy in kriminelle Machenschaften verwickelt. RS-Foto: Hötzel
„Yes Ve Gan“, Flitzer für den Tierschutz: Sarah Raich und Matthias Schranz RS-Foto: Hötzel