Ins Buch geschafft haben es schlussendlich 45 Zeichnungen, neben den Bildern sind ein Vorwort der Germanistin und Lehrerin sowie Texte zu den Bildern enthalten. „Ich bin künstlerisch auf beiden Achsen unterwegs“, so Barbara Tilg, die bisher zwei Bücher veröffentlichte, die der Lyrik und Prosa zugeordnet werden können. Zustande kam die ungewöhnliche Kooperation durch ihren ehemaligen Salzburger Hochschullehrer Hans Höller, ein Freund Peter Handkes. Ihm ließ sie die ersten vier Zeichnungen zukommen. Höller machte Handke auf die Zeichnungen aufmerksam, dem wiederum gefielen sie laut Barbara Tilg auf Anhieb. Zusammen wurde ein Verlag gesucht, das Buch erschien schließlich am 9. Dezember 2024.
FENSTER IN DER ERZÄHLUNG. „Die Obstdiebin oder Einfache Fahrt ins Landesinnere“ erschien Ende 2017 und dreht sich um die titelgebende Obstdiebin, eine junge Frau namens Alexia, die eine Reise unternimmt. Dabei steht weniger die äußere Handlung im Vordergrund als die detaillierte Beschreibung der Landschaften, der Begegnungen mit Menschen und der Gedankenwelt der Figuren. Das Buch wird oft als ein entschleunigender Versuch gesehen, den Wert und die Schönheit der einfachen, alltäglichen Erfahrungen darzustellen. Für die Landeckerin ist das Buch jedenfalls voll mit „Bildern“, die zum Zeichnen anregen. Die im Bildband enthaltenen Zeichnungen folgen zwar der Chronologie der Handlung, interpretieren sie aber auf ihre eigene Weise. Sie dienen laut Tilg als „Fenster in der Erzählung“. Hans Höller bezeichnete die Zeichnungen als „bunte Fenster“, die den Roman nicht nacherzählen wollen, sondern die Handlung unterbrechen und u.a. „das freudige Schauen lehren“. Peter Handke bezeichnete Barbara Tilg laut eigener Aussage als seine „Mitträumerin“.
KRATZTECHNIK. Für die Bilder verwendete Barbara Tilg eine besondere Zeichentechnik. Ihr wichtigstes Instrument ist ein „Schweizer Messer“, das sie am Dachboden ihres elterlichen Hauses gefunden hat. Zuerst wird das Zeichenblatt mit farbiger Ölkreide grundiert, um nachher eingeschwärzt zu werden. Durch das „Kratzen“ und „Ritzen“ mit dem Taschenmesser werden die Farben, ergo das Bild, nach und nach freigelegt. Als Grundlage dienen Skizzen, die während des Lesens entstehen. Unter den gesammelten Zeichnungen sind auch einige Bilder in Tinte dabei. Die Kratztechnik lässt laut der Künstlerin wenig vorhersehbare, interessante Effekte entstehen: „Diese Offenheit bedeutet Freiheit. Das Bild, wenn es gelungen ist, möchte dastehen als eine Erscheinung der Freiheit – einem zentralen Motiv in der Obstdiebin. Ich wollte, dass die künstlerische Form diesem Motiv gerecht wird“, erklärt Barbara Tilg. In den Medien wurde das Buch bereits ausführlich besprochen, laut Tilg überhäuften sich die Anfragen zu den Bildern. Nachzeichnen werde sie diese nicht, Reproduktionen bzw. Drucke soll es aber geben. Und eine Ausstellung: Im Sommer werden alle 45 Bilder im Alpinarium in Galtür zu sehen sein – die Vernissage mit Lesung findet am 22. August um 19 Uhr statt. Der Bildband ist in der Tyrolia sowie im Weltladen in Landeck um 24 Euro erhältlich.
Die in Landeck lebende Künstlerin Barbara Tilg studierte Germanistik und Anglistik an der Universität Salzburg. Foto: Peter Tilg
„He, Obstdiebin“ ist am 9. Dezember 2024 im Verlag „Bibliothek der Provinz“ erschienen. Cover: Bibliothek der Provinz