Unterschiedlich ist ihre Arbeitsweise: Spiss experimentiert gerne, liebt bei der Arbeit laute Musik und nimmt in seiner kreativen Phase gerne das gesamte Atelier in Beschlag. Krabichler liebt das strukturierte Arbeiten in einem aufgeräumten Atelier: „Ich benötige Ruhe, um meine Ideen zu Papier zu bringen“, so die Künstlerin. Ein Atelier zu teilen ist äußerst inspirierend, es birgt aber auch, wie erwähnt, Nachteile. In Summe aber, versichern beide Künstler, überwiegen in ihrem Fall die Vorteile. Der große Vorteil ist der sachlich-kritische Dialog: „Peppi ist von meinen Werken immer begeistert, ich wäre über ein wenig mehr Kritik schon erfreut“, so Krabichler. Der Angesprochene will dies so nicht stehen lassen und stellt fest: „Die Arbeiten von Lisa sind, wenn sie sie mir zeigt, einfach gut, meine Kritik ist immer sachlich und niemals nur freundlich gemeint. Im Gegenzug ist Lisa bei meinen Werken doch recht kritisch. Öfters regt sie mich an, dieses oder jenes noch zu überdenken, ich arbeite ihr scheinbar ein wenig zu schnell“, vermutet Spiss.
DIE KÜNSTLER. Spiss ist seit seiner Lehrzeit als Maler und Anstreicher ein leidenschaftlicher Künstler und Kunstinteressierter. „Während meine Kollegen, wenn sie auf den Bus nach Hause warten mussten, noch schnell ein Bier trinken gingen, besuchte ich die Galerie Elefant. Diese war in den Büroräumlichkeiten der Steuerberatungskanzlei Lami untergebracht. Dort ließ ich mich von den Werken inspirieren. Ich bin ein Autodidakt, ‘learning by doing’ war immer mein Motto.“ Am ehesten künstlerisch geprägt haben ihn die „Künstlerlager“, die er in den 90er-Jahren in Ungarn besuchte, und die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern bei „artist in residence“-Projekten, meint Spiss. Seine Kunst, seine Ansätze, seine Werke, seine unterschiedlichen Arbeitsweisen in einem Artikel zu beschreiben ist ein Ding der Unmöglichkeit. Es würde ein ganzes Buch füllen und ein solch hervorragendes Buch (Peppi Spiss – Ultramarin und lichtes Ocker) wurde zu seinem 60. Geburtstag schon geschrieben. Krabichler ist seit 2000 ein fixer Bestandteil der Tiroler Künstlerszene. Ebenso wie Spiss hat sich Krabichler vorwiegend autodidaktisch gebildet und wurde wie er vielfach ausgezeichnet. So unterschiedlich ihre Arbeitsweisen auch erscheinen, in manch einem Werkzyklus (Kreuzwege) ergänzen sie sich doch perfekt. Auch über die Arbeit von Krabichler sind Kataloge und Bücher (Waves – Lisa Krabichler) erschienen.
DIE KUNSTVERMITTLER. Aus unterschiedlichen Gründen – Krabichler stellt derzeit ihre Dissertation in Kunstgeschichte fertig und Spiss plant für das kommende Jahr ein großes Theaterprojekt – ist die künstlerische Arbeit ein wenig in den Hintergrund getreten. Ebenso ist die Kulturvermittlung zurückgestellt worden. So wurden die Arlberger Kulturtage mit ihrem Symposium heuer nicht durchgeführt. Die Kuratorentätigkeiten wie auch die Arbeit als Laudatoren mussten reduziert werden. Im Interesse des Kulturlebens im Stanzertal und darüber hinaus in ganz Tirol kann man nur hoffen, dass ab 2026 beide Künstler wieder „Vollgas“ geben.
Ein ganzes Leben für die Kunst: Peppi Spiss mit einem Werk, entstanden unter dem Einfluss der Musik von Pentagram RS-Foto: Pircher