Von Attila Haidegger
Was 2009 in der WG (daher der Name) der beiden mittlerweile diplomierten Jazz-Studenten in Wien begann, führte 2016 zum ersten als Duo veröffentlichten Album „Perspektive“, das im Singer/Songwriter-Stil gehalten ist. Der Akustik-Pop mit im Fingerstyle gespielter Gitarre und deutschen, englischen und im Dialekt gehaltenen Texten überzeugte die Radiostationen und Musiklabels. Die Plattenfirma „Universal Music“ und auch die bekannte Fernsehshow „DSDS“ bekundeten ihr Interesse an dem seit zehn Jahren verheirateten Paar: „Das bringt dir nix. Die Bedingungen sind schrecklich, teilweise würde einem sogar vorgeschrieben, was man zu singen oder zu spielen hat“, weshalb sich die beiden dazu entschlossen, auch die neue EP wieder in Eigenregie im hauseigenen Tonstudio aufzunehmen. Mirjam ist beruflich als Sonderschullehrerin tätig, Sascha als Programmierer – durch die finanzielle Unabhängigkeit können sie musikalisch machen, was sie wollen: „Wir kennen aus unserer Zeit in Wien viele Berufsmusiker, in Österreich ist das schon schwierig.“ Vermehrt treten die beiden als Duo auf, als eines der Highlights bezeichneten sie ihren Auftritt im prestigeträchtigen Wiener Jazz-Club „Porgy & Bess“: „Da machst du als Jazz-Musiker schon ein Häkchen“, so Mirjam. Auch mit ihren Neuinterpretationen bekannter Hits wie „Atemlos“ von Helene Fischer oder „Maschin“ von Bilderbuch generierten sie zehntausende Aufrufe auf Youtube.
ÜBER „COMING OF AGE“, VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN UND ZWIESPÄLTIGKEIT. Die neue EP „How was your weekend?“ ist im Gegensatz zum Vorgänger im Bandgefüge aufgenommen worden. Unterstützt von Sebastian Schweiger am Keyboard, Hannes Dapoz am Schlagzeug und Matthias Wieser am Bass, entstand eine genreübergreifende Platte mit sieben Tracks. Von Funk, Pop-Rock bis hin zu einer Ballade und jeweils einem instrumentalen Intro und Outro wird einiges geboten. Die Texte handeln vom Erwachsenwerden wie in „Goodbye Sweet Virginity“, der momentanen, durch den Ukrainekrieg befeuerten Ambivalenz in Europa, oder von Anhängern von Verschwörungstheorien wie in „Darwin Award“. Letzteres wurde bereits während des dritten Lockdowns im Jänner 2021 samt Video auf Youtube veröffentlicht und behandelt das Phänomen der sogenannten Querdenker und deren Weltanschauung, die laut dem Text auf fragwürdigen, nicht hinterfragten Quellen beruht. Der Song brachte nach der Veröffentlichung einen „wahren Shitstorm“ mit sich. Manche Leute hätten sich dadurch auf den Schlips getreten gefühlt, überwiegend gab es aber positives Feedback. Politische Themen in Musiktexten sind laut Mirjam undSascha kein Problem, vor allem nicht, wenn man keine bestimmte Zielgruppe bedienen müsse. „Das Wichtigste beim Musizieren ist mit Freunden Spaß zu haben, wir müssen uns nicht anpassen und nicht massentauglich sein“, so das Ehepaar. Vor allem der Zusammenhalt der regionalen Musikszene lässt Mirjam und Sascha die Entscheidung nicht bereuen, in Prutz sesshaft geworden zu sein. „Das gäbe es in Wien nicht“, wertschätzen die beiden genügsamen Vollblut-Musiker ihr Dasein.
Für die neue EP holte sich „Die Wohngemeinschaft“ Unterstützung: Sascha Pedrazzoli (Gitarre), Sebastian Schweiger (Keyboard), Mirjam Pedrazzoli (Gesang), Hannes Dapoz (Schlagzeug) und Matthias Wieser (Bass, v.l.) Foto: Gabriel Kollreider
Das Cover der neuen EP wurde von der Rieder Künstlerin Melanie Thöni entworfen (Ausschnitt).