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Bald pumpen, später (vielleicht) überleiten

Die Tiwag will schnellere Genehmigung des Pumpspeicherkraftwerks Versetz-Platzertal

Die behördliche Beurteilung des Gesamtprojektes „Kaunertal-Ausbau“ könnte dauern, auch aufgrund erwarteter gewässerökologischer Verschärfungen. Daher strebt die Tiwag eine schnellere Genehmigung des Teils „Pumpspeicherkraftwerk Versetz-Platzertal“ an. Auf die Überleitung Ötztaler Wassers zu verzichten ist nicht geplant.
11. Juni 2024 | von Daniel Haueis
Bald pumpen, später (vielleicht) überleiten
Tiwag-Vorstand Alexander Speckle: Pumpspeicherkraftwerk Versetz-Platzertal 2025 einreichen, Wasserableitungen aus dem Ötztal, Kraftwerke Prutz 2 und Imst 2 bleiben im Verfahren. RS-Foto: Haidegger
Die Energiewende braucht Speicherkapazitäten, weil die Sonne unregelmäßig scheint und und der Wind nach Lust und Laune bläst. Da es keine so großen Batterien gibt, wird der Strom, der gerade nicht benötigt wird, dazu verwendet, Wasser von unten nach oben zu pumpen. Und wenn man Strom dann braucht, wird dieses Wasser zu dessen Erzeugung verwendet. Physikalisch ist das natürlich nicht sinnvoll: Aus 100 Kilowattstunden Strom, die zum Hinaufpumpen benötigt werden, werden durchschnittlich 78 kWh, die man mit diesem Wasser erzeugen kann. Aber wirtschaftlich ist’s: Die Spitzenenergie ist zwei- bis dreimal so teuer wie Bandstrom. Daher gibt’s Pumpspeicherkraftwerke, die aufgrund der zunehmenden Nutzung von Wind- und Sonnenenergie noch wichtiger werden. Und deshalb forciert die Tiwag nun ein Teilprojekt ihres Großvorhabens „Kaunertal-Ausbau“: das Pumpspeicherkraftwerk Versetz beim Gepatschstausee, den Oberstufenspeicher im Platzertal und die Stromableitung nach Prutz. 

VERFAHREN TEILEN, DA VERSCHÄRFUNGEN ERWARTET. Tiwag-Vorstandsdirektor Alexan-der Speckle legt damit den Fokus im weiteren Bewilligungsverfahren und in der Umsetzung auf Speicherkapazitäten (wie sie auch die EU-Kommission will: „Vorhaben zum Ausbau der Speicherkapazität im Kaunertal“ findet sich in der Unionsliste der Projekte von gemeinsamem Interesse). „Versetz-Platzertal“ soll demnach 2025 eingereicht werden. Einen rechtskräftigen Bescheid könnte es 2029 geben, 2034 könnte das Pumpspeicherkraftwerk dann in Betrieb gehen, schätzt Speckle. Der restliche Teil des Verfahrens läuft inzwischen weiter: Wasserableitungen aus dem Ötztal, Unterstufenkraftwerk Prutz 2 und Kraftwerk Imst 2 bleiben im UVP-Verfahren. Speckle erwartet aber eine Verschärfung der gewässerökologischen Bedingungen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das Kraftwerk „Imst-Haiming“, weshalb auch der zweite Teil des „Kaunertal-Ausbau“-Verfahrens wohl erst in ein, zwei oder drei Jahren fortgeführt. wird Anders gesagt: Die Tiwag möchte weiterhin Ötztaler Wasser ins Kaunertal leiten. Denn: „Neben der Pumpspeicherfunktion hat die Erweiterung Kaunertal eine weitere zusätzliche Funktion, nämlich den Zubau von dringend benötigter, zusätzlicher, CO2 freier Energie mit der Möglichkeit eines gesteuerten Abbaus über den Speicher Gepatsch. Dieser große Zwischenspeicher ermöglicht es, genau dann Energie zu liefern, wenn der Verbrauch hoch ist. Ohne die Überleitung von zusätzlichem Wasser aus dem Ötztal kann keine zusätzliche Energie erzeugt werden. Diese benötigen wir dringend, um den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen zu schaffen. Das sieht die Energieautonomie 2050 des Landes Tirol auch so vor“, sagt Vorstand Speckle. Die geplante Jahreserzeugung von 886 GWh Strom, die mit dem Ötztaler Wasser in Versetz, Prutz, Imst (und dann noch Haiming) angestrebt wird, sei „praktisch nicht zu ersetzen“, sagt Speckle. Es ist viel Wasser mehrfach in Strom zu verwandeln (Höhenunterschied: 1.000 Metern) und somit ein Gutteil des für ein CO2-freies Tirol nötigen Stromes zu erzeugen. 

TIWAG: ÖTZTALER WASSER NICHT ZU ERSETZEN, KEIN HOCHMOOR IM PLATZERTAL. Im Vergleich dazu: „Versetz-Platzertal“ wird 63 GWh liefern. Damit kann das Land aber notfalls bis zu zwei Wochen mit Strom versorgt werden – im Blackout-Fall kann ein Inselbetrieb erfolgen. Aber auch dieser geplante Platzertal-Stausee steht in der Kritik, da dabei u. a. Hochmoore zerstört würden. Die Tiwag sagt dazu: „Das Platzertal ist kein Schutzgebiet und auch das immer wieder kolportierte Hochmoor ist im Platzertal nicht vorhanden.“ Rund sieben Hektar wertvoller Feuchtböden wären vom neuen Speicher betroffen, ein Vielfaches dieser Fläche aber werde als Ausgleich an Feuchtgebieten im Umfeld des Speichers vernässt bzw. neu angelegt. Das Land bestätigt, dass im Platzertal kein Hochmoor vorliegt, sondern nur Feuchtflächen, die den Niedermooren, den sogenannten Quellfluren sowie dem Platzerbach zuzuordnen seien. „Die genaue Charakterisierung und Abgrenzung der betreffenden Flächen muss erst im Laufe des Verfahrens erfolgen“, teilt das Land auf RUNDSCHAU-Anfrage hin mit. Für die Tiwag erfüllt das Platzertal – nach Überprüfung mehrerer Standorte im Umfeld des Gepatschspeichers – alle Voraussetzungen für einen modernen Speicher. Mehr noch: Nach jahrelangen Untersuchungen ist der Speicherstandort Platzertal als idealer Standort, sowohl in genehmigungstechnischer als auch bautechnischer Hinsicht, aufgrund des großen Höhenunterschiedes zum Speicher Gepatsch, aber auch der Nähe ausgewählt worden. Zudem liegt dieser Standort außerhalb jeglicher Schutzgebiete. „Daher ist dieser Standort für die Errichtung des Pumpspeichers alternativlos“, erklärt die Tiwag.

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