Besucher sind überrascht, wenn sie mitten im steilen Berggebiet zu einer größeren ebenen Wiesenfläche kommen – dem Wiesele. Auf diesem mystisch anmutenden Platz stehen heute nur mehr die restaurierten Mauern eines in Tirol wohl einzigartigen und großen sakralen Denkmals. Die Wallfahrt geht bis ins Jahr 1641 zurück, als die erste Kirche beim Wiesele erbaut wurde. Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1686. Es kamen nachweislich ab dem 17. Jahrhundert zahlreiche Pilger aus Nord- und Südtirol hierher und auch die Bewohner der umliegenden Gemeinden unternahmen regelmäßig Bittgänge um Regen, gute Ernte und Abwehr von Naturkatastrophen. Da diese erste Kirche dem steigenden Ansturm der Pilger nicht mehr gewachsen war, wurde 1739 bis 1741 ein Neubau errichtet. Und das Wiesele war eine Einsiedelei: Ab 1737 war die Eremitage „Wiesele“ ständig von Priestern und Eremiten bewohnt. Kirche und angeschlossenes Benefiziantenhaus hatten ein Ausmaß, wie man es in dieser abgeschiedenen Lage nicht erwarten würde; auch die nunmehrige Ruine zeigt eindrucksvoll die Größe der ehemaligen Kirche mit einer Länge von über 22 und einer Breite von beinahe 13 Metern. Mit dem direkt an die Kirche angeschlossenen Benefiziantenhaus hat das Ensemble eine Länge von mehr als 33 Metern.
VERFALL. An der Stelle, wo die erste Kirche im Wiesele stand, wurde 1850 eine kleine Kapelle errichtet, die bis heute Ziel so mancher Pilger ist. Ende des 18. Jahrhunderts kam aber das abrupte Ende der Wallfahrt und die Einsiedelei am Wiesele: Joseph II. hob 1788 viele Klöster des Landes auf. Die Kirche am Wiesele wurde ausgeräumt, das Inventar verkauft oder verschleppt. So befindet sich das hoch verehrte wundertätige Kreuz in der Pfarrkirche in Fendels, die Altäre und die Kanzel kamen in die damals neu errichtete Pfarrkirche in Feichten, die Kirchenglocken fanden in den Kapellen des Kaunertales eine neue Bestimmung. Die Anlage auf dem Wiesele war dem Verfall preisgegeben und geriet 200 Jahre fast in Vergessenheit. 1986 bis 1994 wurden schließlich umfangreiche Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen ergriffen. „Wer heute ins Wiesele kommt, steht deshalb nicht vor einem traurigen Rest von Mauerfragmenten, sondern vor beeindruckend restaurierten Mauern einer der größten Einsiedlerkirchen Tirols“, zitiert Richard Heiß, Obmann des Vereins Wiesele, Experten. Weitere Mitstreiter und er haben die Herausforderungen der letzten Jahre bewältigt: Rissbildungen und ausgebrochene Steine, durch Hangbewegungen verursacht, mussten aufwändig saniert werden. Diese Arbeiten konnten im Herbst 2023 abgeschlossen werden, berichtet Heiß, der ein Herz für das alte Gemäuer auf Prutzer Gemeindegebiet hat.
WALLFAHRT UND SEGNUNG. Deshalb kann der Verein Wiesele gemeinsam mit den Pfarren Prutz, Faggen und Fendels (von wo aus jährlich eine Wallfahrt zum Wiesele stattgefunden hat) wieder zu einer Wallfahrt einladen. Am 27. Juli um 17 Uhr beginnt die Messe samt Segnung. Die Wallfahrt startet in Fendels um 15.30 Uhr bei der Kirche. Vom Tunnelportal (Tiwag) oberhalb vom Burgschrofen geht’s um 16 Uhr los (Parkmöglichkeit für Pkws). Wallfahrer, die nicht zu Fuß gehen können, starten um 16 Uhr im Shuttlebus vor dem Widum in Prutz. Anschließend gemütliches Beisammensein mit Wallfahrtswürstl und Getränken. Pfarrgemeinderatsobmann Hubert Marth sieht dies als Gelegenheit, dem Verein Wiesele danke zu sagen für die geleistete Arbeit, deren Abschluss nun würdig gefeiert wird.
Die Veranstaltung findet nur bei guter Witterung statt, eine Absage wird auf SocialMedia und der Website der Pfarre (www.dekanat-prutz.at) bekanntgegeben.
Am 27. Juli um 17 Uhr beginnt die Messe samt Segnung. Die Wallfahrt startet in Fendels um 15.30 Uhr bei der Kirche, vom Tunnelportal (Tiwag) oberhalb vom Burgschrofen geht’s um 16 Uhr los, Wallfahrer, die nicht zu Fuß gehen können, starten um 16 Uhr im Shuttlebus vor dem Widum in Prutz. Foto: Verein Wiesele