Seit 2006 wohne ich, Katrin Bock, in den Niederlanden. Damals bin ich nach dem Abschluss meines Studiums in Innsbruck gemeinsam mit meinem Freund nach Amsterdam gezogen, um dort einen Master in Sozialpsychologie zu absolvieren. Meinen Freund hat es dann bereits nach einem Jahr nach Maastricht gezogen, da er an der dortigen Uni ein Doktoratsstudium beginnen konnte. Ich bin noch weitere vier Jahre in Amsterdam geblieben. Nach Abschluss meines Studiums habe ich in Rotterdam bei einem online-Marktforschungsinstitut meinen ersten Job gefunden. Zu der Zeit bin ich viel gependelt – zwischen meinem Wohnort Amsterdam und meiner Arbeitsstelle in Rotterdam und am Wochenende häufig zu meinem Freund nach Maastricht. Schließlich bin ich dann im Sommer 2011 auch nach Maastricht gezogen und habe auf der anderen Seite der Grenze im 35 km entfernten Aachen einen neuen Arbeitsplatz gefunden (erneut bei einem Marktforschungsinstitut). 2014 wurde unsere Tochter Elina geboren. Seit Juni 2020 arbeite ich in Maastricht bei der Provinz Limburg im Bereich Mobilität und beschäftige mich viel mit dem öffentlichen Nahverkehr und der Mobilitätswende. Die Herausforderungen in diesem Bereich sind in vielen Aspekten ähnlich wie in Tirol, aber es gibt auch deutliche Unterschiede. Am auffallendsten ist wohl der Zugang zum Fahrrad, das in den Niederlanden als vollwertiges Verkehrsmittel gesehen wird, um von A nach B zu kommen, wohingegen es in Tirol eher als Freizeitbeschäftigung und Hobby wahrgenommen wird.
Aufgewachsen bin ich in Landeck im Ortsteil Perfuchs. Ich habe zuerst die Volksschule Angedair und danach das Gymnasium in Perjen besucht. Mit 18 Jahren bin ich zum Studium nach Innsbruck gezogen. Aber auch während meiner Studentenjahre war ich noch oft in und um Landeck unterwegs.
Auch heute komme ich noch mehrmals pro Jahr nach Landeck, auch wenn mein Lebensmittelpunkt woanders liegt. Ich genieße dann (abgesehen von den Menschen natürlich) vor allem die Natur: alte Lieblingsplätze wie den Tramser Weiher, an dem man sich nach einem heißen Tag abkühlen kann. Oder einfach eine Runde durch den Wald zu spazieren, in dem ich schon als Kind gespielt habe. Den Luxus, einfach mal kurz an solch schönen Plätzen vorbei zu schauen, vermisse ich manchmal.
In Maastricht muss man sich deutlich mehr anstrengen und länger unterwegs sein, um ähnliche Wohlfühlplätze zu erreichen. Auch einen vernünftigen Winter sucht man hier oft vergeblich. Mit etwas Glück wird es ein bis drei Mal pro Winter weiß (meist nur bodenbedeckt), ansonsten ähnelt der Winter hier eher einem nicht enden wollenden Herbst. Da sehnt man sich des Öfteren nach der Tiroler Wintersonne und schneebedeckten Bergen.
Maastricht ist aber eine Stadt mit viel Charme. Es ist eine gelungene Mischung aus historischem Kern und jungem, internationalem Flair. Das kommt sowohl durch eine große Anzahl internationaler Studenten, aber auch durch zahlreiche internationale Arbeitnehmer (expats), die sich hier niedergelassen haben. An der Volksschule meiner Tochter findet sich dann auch ein bunter Mix an Kindern, die, so wie sie, ausländische Wurzeln in den unterschiedlichsten Ländern haben.
Charakteristisch für Maastricht (und die Region) ist auch die Lage im Grenzgebiet. Die niederländische Hauptstadt Amsterdam ist deutlich weiter weg als Städte wie Lüttich, Aachen oder Köln. Auch im Alltag bewegt man sich eigentlich ständig durch die drei Länder Belgien-Deutschland-Niederlande. So spazieren wir am Wochenende gerne zu unserer Lieblingseisdiele in Belgien oder treffen uns mit Freunden in Aachen. Es ist hier kaum vorstellbar, dass diese Grenzen jemals kontrolliert wurden.
Insgesamt geht es in den Niederlanden locker und wenig hierarchisch zu. Die Holländer kommen zu allen Anlässen in Hose und Pulli (einen Anzug hab ich hier kaum einmal gesehen; Krawatten besitzen sie glaub ich gar nicht) und sprechen jeden mit dem Vornamen und „du“ an. Einzige Ausnahme ist der König, der mit „Majesteit“ und „Sie“ angesprochen wird. Man lebt hier sehr frei, man respektiert Entscheidungen, die andere für ihr Leben treffen, und es wird weniger ge- und verurteilt. Auch das hat mir geholfen mich hier wohl zu fühlen.
Dennoch fühle ich mich auch nach knapp 20 Jahren noch immer als (Auslands-)Landeckerin, eine echte Holländerin wird aus mir wohl nicht mehr werden.
Katrin Bock
Charakteristisch für Maastricht (und die Region) ist die Lage im Grenzgebiet. Die niederländische Hauptstadt Amsterdam ist deutlich weiter weg als Städte wie Lüttich, Aachen oder Köln. Foto: Katrin Bock
Katrin Bock ist in Landeck im Ortsteil Perfuchs aufgewachsen und lebt seit 2006 in den Niederlanden. Foto: Katrin Bock