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„Ich werde als Bürgermeister aufhören“

Landecks Stadtoberhaupt Wolfgang Jörg erklärt seinen Rücktritt

Diese Gemeinderatssitzung wird in die Geschichte der Landecker Stadtpolitik eingehen. Sichtlich von seinen Emotionen mitgenommen, erklärte Bgm. Wolfgang Jörg am vergangenen Donnerstag seinen Rücktritt per 31. Mai. Als Grund führte er die Verurteilung vor dem Landesverwaltungsgericht im Jahr 2019 an, da bei den Venetbahnen, deren Vorstand Jörg war, 24 Asylwerber illegal beschäftigt wurden. Jetzt zieht Jörg einen politischen Schlussstrich.
18. Mai 2020 | von Von Albert Unterpirker
„Ich werde als Bürgermeister aufhören“
Wolfgang Jörg: „Ich werde als Bürgermeister aufhören!“ RS-Foto: Unterpirker
Von Albert Unterpirker

Viel wurde in den letzten Monaten im Talkessel hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, wie lange Bgm. Dr. Wolfgang Jörg sein Amt noch ausüben wird. Seit Donnerstag ist die Zeit den Munkelns vorüber: „Ich werde mit 31. Mai 2020 als Bürgermeister aufhören“, sagte Wolfgang Jörg vor versammeltem Gemeinderat. In diesem Moment hätte man im Stadtsaal – die Sitzung fand aufgrund von Corona-Sicherheitsmaßnahmen dort statt – eine Vogelfeder fallen hören, so still war es nach dieser Ankündigung. „Ich habe mir das lange überlegt“, so Jörg, „und ich habe in der Quarantäne viel Zeit gehabt, nachzudenken. Ich habe immer versucht, das Beste zu machen.“ Es habe damals drei Anzeigen gegeben. „Beim Arbeitsrechtsanpassungsgesetz wurde es eingestellt, beim ASVG hat es eine Ermahnung gegeben und beim Ausländer-Beschäftigungsgesetz wurde ich zu einer Stellungnahme aufgefordert“, erzählt Jörg. „Dann hat die BH Landeck zuerst eine Ermahnung an mich ausgesprochen.“ In weiterer Folge habe die Finanzpolizei eine Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht gemacht. „Ich habe nie mit einem Flüchtling etwas zu tun gehabt und ich habe weder vorsätzlich, noch grobfahrlässig noch irgendetwas gemacht“, so der Bürgermeister weiter. „Ich muss jetzt 19.800 Euro zahlen. Es geht irgendwo und irgendwann zu weit. Es gibt Situationen im Leben, wo man werten muss: Zahle ich für meinen Job hinein, ist mir das wert? Es stellt sich für mich einfach eine Frage des Sinns – irgendwann ist genug.“ Und weiter erklärt Jörg: „Was mich am meisten stört: Ich hab nichts Falsches gemacht. Ich muss ganz ehrlich sagen: Da ist man hineingetunkt worden! Es ist eine moralische Geschichte, die juristische heißt: Mitgehangen, mitgefangen.“ Er habe mit keinem darüber geredet, dass er aufhöre. „Ich habe es meiner Mama gesagt. Das ist eine Situation, zu der man auch stehen muss – und ich habe mir das so vorgenommen. Ich muss mich bei manchen Leuten bedanken, beim Thomas (Hittler, Anm.), bei der Familie und bei der Gemeinde St. Anton. Ich möchte mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, und vor allem bei den Bürgerinnen und Bürgern. Ich wünsche euch und der Stadt alles Gute!“

ENTSCHEIDUNG. Anschließend erklärte Thomas Hittler (erster Vize-Bürgermeister) zu Jörg unter Tränen: „Ich möchte mich bei dir bedanken für die Jahre und für die Freundschaft. Ich bin absolut dagegen, dass Wolfgang das macht, aber ich respektiere und verstehe seine Entscheidung. Wolfgang, es war eine schöne Zeit mit dir. Wir haben viel Erfolg gehabt, wir haben auch ein paar Misserfolge gehabt – das gehört dazu. Es geht nicht der Bürgermeister, es geht ein Freund. Ich finde es schade für die Stadt, aber ich glaube, dass es für dich persönlich eine gute Entscheidung ist. Das, was da passiert ist, ist solch eine Frechheit. Normalerweise müsste es jeder verstehen, wenn sich keiner mehr für ein politisches Amt zur Verfügung stellt. Ich muss ehrlich sagen: Ich habe es auch überlegt, es mit Wolfgang zu machen. Ich habe es nicht getan, aber der Grund wäre da. Für so etwas Strafe zu zahlen, ist es eine absolute Frechheit und da läuft im Staat etwas falsch. Das muss ich ganz offen sagen. Wolfgang, ich kann dich jetzt nicht umarmen, aber ich täte es gern!“





Neuwahl in Landeck – Urteil gegen „Venet-Vorstände“

Von Daniel Haueis

Vier Venetbahn-Vorstände waren von der illegalen Asylwerberbeschäftigung betroffen. Sie haben es gut gemeint, wollten Asylwerbern, die nur äußerst eingeschränkt arbeiten dürfen, ein wenig Abwechslung und einen kleinen Verdienst bieten. Zusatznutzen aus Politiker-Sicht: Ein möglichst harmonisches Zusammenleben im Asylwerberheim, wenn 60 Männer zumindest nicht den ganzen Tag lang in einem Gebäude „aufeinanderkleben“. Aber diese Beschäftigung war illegal, auch wenn es sich bei der Venetbahn quasi um einen gemeindeeigenen Betrieb (Landeck und Zams) handelt. Finanziell am härtesten trifft es Bgm. Siegmund Geiger aus Zams – er musste in etwa das Doppelte von Wolfgang Jörg bezahlen. Auch der Gang zum Höchstgericht (Verwaltungsgerichtshof) brachte keine Änderung mehr: „Die außerordentliche Revision wurde abgelehnt“, sagt Geiger. Das sei zur Kenntnis zu nehmen, erklärt er. „Wir haben es menschlich gut gemeint, aber rechtlich sind wir falsch gelegen“, sagt der Zammer Bürgermeister, der diese „bittere Pille“ schlucken muss – Geiger wie seine Vorstandskollegen waren ehrenamtlich für die Venetbahn tätig und mussten die Strafe aus der eigenen Tasche bezahlen.

HITTLER, VÖHL, MAYER. In Landeck sind nun Bürgermeisterneuwahlen durchzuführen. Klar ist, dass er von den Gemeinderäten aus ihrer Mitte gewählt wird, da es weniger als zwei Jahre bis zur nächsten regulären Wahl sind. Für Wolfgang Jörg rückt ein Ersatzgemeinderat nach, laut VBgm. Thomas Hittler ist‘s Florian Stubenböck. Fristen, wann die Wahl spätestens stattzufinden hat, gibt‘s keine. Nachdem die ÖVP mit zwölf Mandaten die absolute Mehrheit hat, wird Landeck sicherlich wieder einen „schwarzen“ Stadtchef bekommen. Laut VBgm. Thomas Hittler wird‘s wohl VBgm. Peter Vöhl, StR Herbert Mayer oder er selbst – entsprechende Abklärungen (mit Familie, Arbeitgeber etc.) folgen. Herbert Mayer war schon einmal Stadtchef: Zwischen dem Tod Bgm. Engelbert Stenicos im Herbst 2012 und der Angelobung Bgm. Wolfgang Jörgs im Frühjahr 2013 lenkte der frühere Vizebürgermeister die Geschicke der Bezirkshauptstadt. Auch Thomas Hittler war es schon einige Wochen – während der Coronoa-Maßnahmen-bedingten Isolation Wolfgang Jörgs.
„Ich werde als Bürgermeister aufhören“
Bgm. Wolfgang Jörg, flankiert von seinen beiden Vizebürgermeistern Peter Vöhl (l.) und Thomas Hittler. RS-Foto: Unterpirker

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