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„Man braucht schon eine dicke Haut“

Landehauptmann Günther Platter über Ärgerliches und Rührendes in und Konsequenzen der Corona-Krise

Landeshauptmann Günther Platter lobt den Zusammenhalt in Tirol in den derzeitigen Krisenzeiten. Ärgern musste er sich aber trotzdem und gerührt hat ihn auch einiges in diesen Tagen.
14. April 2020 | von Daniel Haueis
„Man braucht schon eine dicke Haut“
Landeshauptmann Günther Platter: „Wenn wir die richtigen Lehren ziehen, können wir sogar gestärkt aus dieser so schwierigen Zeit hervorgehen – als Land und als Gemeinschaft.“ Foto: Land Tirol
Von Daniel Haueis

RUNDSCHAU: Wie geht’s Ihnen? Übernachten Sie noch in Ihrem Büro?

Landeshauptmann Günther Platter: Diese Corona-Krise ist natürlich herausfordernd. Aber mir geht es gut, ich bin gesund und ich habe die nötige Kraft und Energie, um auch in dieser schweren Zeit die Verantwortung zu tragen. Zwei Wochen lang war ich durchgehend im Landhaus einquartiert, mittlerweile fahre ich über Nacht wieder nach Hause. Erfreulicherweise hat sich die Infektionskurve im Land in den letzten Tagen deutlich abgeflacht und auch die Zahl der Patientinnen und Patienten, die in Krankenhäusern oder auf Intensivstationen behandelt werden müssen, nimmt kaum zu. Zugleich steigt die Zahl derer, die wieder vollständig genesen sind. Ich freue mich über alle, die diese Erkrankung mithilfe unseres exzellenten Gesundheitssystems gut überstanden haben. Das Zusammenspiel zwischen den Ärzten und dem medizinischen Personal sowohl in den Krankenhäusern als auch im niedergelassenen Bereich wie auch in den Alten- und Pflegeheimen funktioniert sehr gut. Mein aufrichtiger Dank gilt allen, die in dieser Krise Herausragendes leisten.
 
RUNDSCHAU: Als Politiker braucht man zweifellos eine dicke Haut, aber: Was hat Sie wirklich geärgert in diesen kritischen Wochen? Andererseits: Wer hat es geschafft, den Landeshauptmann mit einer Geste oder einer Aktion zu rühren?

Landeshauptmann Günther Platter: Vielleicht ist ärgern nicht das richtige Wort. Ich war aber schon sehr verwundert darüber, wie mit aller Gewalt versucht wird, in dieser größten Krise des Landes Schuldige für diese Pandemie zu suchen und politisches Kleingeld zu wechseln. Ich erinnere mich noch an den Beginn der Corona-Krise, als viele unsere Maßnahmen als zu hart und verfrüht bezeichnet haben. Kurze Zeit später lautete der Vorwurf, die Maßnahmen seien zu lax und zu spät gesetzt worden. Dann wiederum hieß es, die Maßnahmen gehörten gelockert, um wieder zur Normalität zurückkehren zu können. Im Nachhinein zu urteilen ist immer leicht. Aber es stimmt: Man braucht schon eine dicke Haut, um so eine Krise zu überstehen. Besonders berührt haben mich in dieser Zeit viele Kleinigkeiten: So habe ich mehrere selbstgenähte Stoffmasken, unter anderem bestickt mit dem Tiroler Adler, zugeschickt bekommen. Rund um Ostern haben mich auch viele selbstgeschriebene Oster-Gedichte von Kindern erreicht. In dieser noch nie dagewesenen Situation zeigt sich einmal mehr: Wenn es darauf ankommt, können wir uns in Tirol aufeinander verlassen.
 
RUNDSCHAU: Welche Konsequenzen wirtschaftlicher, politischer oder auch gerichtlicher Art erwarten Sie nach der Corona-Krise?
 
Landeshauptmann Günther Platter: Uns allen muss klar sein, dass wir uns in der schwierigsten Situation seit dem Zweiten Weltkrieg befinden. Wir kämpfen gegen ein unsichtbares Virus, über das noch viel zu wenig bekannt ist. Auch Wissenschafter und Virologen gelangen täglich zu neuen Erkenntnissen. Für diese Krise gab und gibt es keinen Katastrophenplan, keine Notfallübung hätte uns darauf vorbereiten können. Schon heute steht fest: Das Coronavirus wird weder an Tirol, an Österreich noch an der Welt spurlos vorübergehen, ganz im Gegenteil. Gerade die wirtschaftlichen Folgen werden uns noch sehr lange beschäftigen. Umso wichtiger ist es, die richtigen Schritte zu setzen, um diese Krise so gut wie möglich zu bewältigen und unsere Wirtschaft rasch wieder auf Touren zu bringen. Ich persönlich bin der Meinung, dass uns diese Krise auch nachdenklich machen sollte, ob wir in der Vergangenheit alles richtig gemacht haben und ob nicht manches hätte besser laufen können. Jede Krise stellt auch eine Chance dar. Und daher bin ich überzeugt: Wenn wir die richtigen Lehren ziehen, können wir sogar gestärkt aus dieser so schwierigen Zeit hervorgehen – als Land und als Gemeinschaft.
 
RUNDSCHAU: Welche politische, welche persönliche Lehre haben Sie jetzt schon aus der Corona-Krise gezogen?
 
Landeshauptmann Günther Platter: In dieser Ausnahmesituation hat es auch menschliche Enttäuschungen gegeben, das sage ich ganz offen. Die politische Lehre aus der Krise ist, dass es in Tirol einen immensen Zusammenhalt und eine besondere Solidarität gibt.
 
RUNDSCHAU: Danke für das Gespräch.

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