Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
Artikel teilen
Artikel teilen >

„… weil man die Interessen der Gemeinde zu vertreten hat“

28. August 2019 | von Nina Zacke
„… weil man die Interessen der Gemeinde zu vertreten hat“
Bgm. Helmut Mall: „Man muss sagen, der Bürgermeister ist in der politischen Hierarchie der undankbarste Posten, aber derjenige mit dem meisten Gestaltungsraum.“ RS-Foto: Zangerl

Helmut Mall über das „Bürgermeister-Sein“


 

Am 1. September werden es exakt zehn Jahre, dass -Bürgermeister Helmut Mall die Geschicke der Stanzertaler -Tourismusgemeinde St. Anton leitet. Mit der RUNDSCHAU spricht der Dorfchef offen über das „Bürgermeister-Sein“ mit -seinen Höhen und Tiefen, Veränderungen, das breite und immer breiter werdende Tätigkeitsfeld eines Bürgermeisters oder auch über geplante und bereits realisierte Projekte in der Arlberg-gemeinde. Aspekten wie der Ortsbildgestaltung samt einem -realisierten Infrastruktur-Großprojekt, der Landwirtschaft, Nachhaltigkeit oder einem aktiven Vereinsleben zollt das Dorfoberhaupt ebenso einen hohen Stellenwert wie einer funktionierenden Zusammenarbeit auf interkommunaler Ebene und anderen innerörtlichen Interessenvertretungen.

 

Von Elisabeth Zangerl

 

Es sind wahrscheinlich 100 verschiedene Themen, die allein jetzt auf diesem Schreibtisch liegen“, in dieser sehr prägnanten Form beantwortet Bgm. Helmut Mall die Frage der RUNDSCHAU nach dem Tätigkeitsfeld eines Bürgermeisters und erklärt: „Das Bürgermeister-Sein ist eine hochinteressante Tätigkeit – es ist eine enorme Vielfalt an Themen, mit denen wir Bürgermeister täglich konfrontiert sind.“ Helmut Mall, der seit 1986 Angestellter der Gemeinde St. Anton ist, hat das Bürgermeisteramt am 1. September 2009 angetreten bzw. von seinem Vorgänger Rudi Tschol übernommen. Dabei waren es besonders die Anfänge, die nicht allzu einfach waren. Helmut Mall erinnert sich – kurz vor seinem 10-jährigen Bürgermeister-Jubiläum – zurück: „Es ist sehr schwer Bürgermeister zu sein und nicht vom Volk gewählt zu sein – das würde ich wahrscheinlich nicht mehr machen. Diese halbjährige Übergabephase war sehr schwer. Die Leute lassen einen das auch spüren“, verrät Helmut Mall offen – vom Gemeinderat wurde er damals einstimmig gewählt. Wenige Monate später, im Frühjahr 2010, folgte dann die Gemeinderatswahl – zur Wahl standen drei Kandidaten, Helmut Mall konnte sich mit fast 60 Prozent der Stimmen klar durchsetzen. Nach zehn Jahren in der Bürgermeisterfunktion resümiert er nun: „Im Laufe der Zeit ist es ein großes Netzwerk, das man aufbaut, man lernt viele Leute kennen“ und leitet gleich über zu den „Schattenseiten“, mit denen vermutlich auch ein jeder Bürgermeister irgendwann im Laufe seiner Tätigkeit konfrontiert sein wird: „Manchmal ist es leider auch so, dass man sich mit Menschen verfeindet, weil man einfach die Interessen der Gemeinde zu verteidigen hat – das Fatalste überhaupt ist ein Jein, das frisst dich“, ist Bgm. Mall überzeugt.

 

Funktionierende Gemeindeverwaltung als Basis“. Angesprochen auf das stetig steigende Arbeitspensum und das immer größer werdende Tätigkeitsfeld, erklärt Bgm. Helmut Mall seine Sicht der Dinge: „Es wird immer mehr, das Tätigkeitsfeld breiter, auch durch Gesetzesfluten und zusätzliche Verordnungen. Grundsätzlich wird alles aufwendiger.“ Auch sei alles mit vermehrten rechtlichen Konsequenzen verbunden, Helmut Mall erklärt weiter: „Man muss dem standhalten, dass jeder das Maximum für sich herausholen möchte – schließlich geht es uns Bürgermeistern um die Rücksicht auf den Ort. Das ist eine riesen Schwierigkeit, dem gerecht zu werden.“ Nachgehakt, was für einen „Neueinsteiger“ in diesem Beruf wichtig ist, meint Bgm. Mall: „Eine funktionierende Gemeindeverwaltung ist die Basis für jeden Bürgermeister – auch ist es gut, wenn einem Menschen, beispielsweise erfahrene langjährige Gemeinderäte anfangs mit Rat zur Seite stehen“, und: „Man braucht einfach eine Vertrauensperson am Anfang.“ Seinen persönlichen Vorteil definiert er darin, „die Gemeinde“ mit all ihren Strukturen schon vorher durch seine Tätigkeit gekannt zu haben.

 

Höhepunkt Umfahrungsstraße. In Anbetracht der realisierten Projekte wurde in den vergangenen zehn Jahren so einiges, auch im Bereich der Ortsbildgestaltung, unternommen: „Das war sehr wichtig für mich – der Höhepunkt war die Verlegung der Umfahrungsstraße und zugleich ein großer Kampf“ (Anm.: a ufgrund politischer Gegenstimmen). „Mittlerweile gibt es aber so viele positive Stimmen. Dieses Projekt war Teil der Ortsentwicklung“, erklärt der St. Antoner Dorfchef. Realisiert wurde eine endlos lange Liste an Projekten, darunter die Sanierungen der Volksschulen St. Anton und St. Jakob sowie der NMS, der Bau des Kindergartens und der Kleinkinderbetreuungseinrichtung, des Jugendzentrums Homebase und der Wohneinheit des Betreuten Wohnens. Zudem wurde der Landschaftspark „Giasi“ errichtet, der Fußballplatz saniert, das Gewerbegebiet in St. Jakob erschlossen, der Sozialverein SoViSta gegründet, Weihnachtsbeleuchtungen erneuert, die Pfarrkirche St. Anton renoviert, Bauplätze (wie die Siedlung Stadle) ausgewiesen und verkauft, Gründe angekauft, das Radweg-Projekt Stanzertal realisiert, die Wassergenossenschaft St. Christoph übernommen, der Interski-Kongress 2011 durchgeführt, das Bergbauprojekt „Gand“ errichtet, Almen saniert (Tritsch und Putzen) sowie zwei neue Almhütten gebaut. „Als Bürgermeister ist man nur der Frontmann, diese Projekte wurden natürlich nicht allein realisiert, sondern in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen (TVB, Arlberger Bergbahnen etc.)“, resümiert Mall, und: „Es ist absolut etwas passiert in diesen zehn Jahren.“ Ein Projekt soll dabei noch hervorgehoben werden: „Der Kauf der Wagner Hütte (zuvor Rasthaus Verwall) ist cool.“ Deren Eröffnung ist im Spätherbst geplant. Auch lobt Bgm. Mall: „Die Zusammenarbeit mit dem Vizebürgermeister und dem Gemeinderat ist sehr gut.“

 

Kommunale Zusammenarbeiten verstärken“. Zusammenarbeiten, egal in welcher Form, sind von hoher Bedeutung, Bgm. Mall erklärt: „Oftmals gilt es natürlich, andere Interessen zu vertreten“, so Mall beispielsweise über Zusammenarbeiten mit dem TVB oder den Arlberger Bergbahnen. Als äußerst wichtig bezeichnet der St. Antoner Bürgermeister eine funktionierende Zusammenarbeit mit den anderen Stanzertaler Gemeinden: „Kommunale Zusammenarbeiten sind in diversen Bereichen sehr wichtig, diese sollten künftig noch mehr gestärkt werden. Früher hat es den -Arlberg gegeben, den es natürlich noch immer gibt. Aber es ist wichtig, dass das Stanzertal seinen Namen wieder bekommt“, bezieht Mall deutlich Stellung. In Anbetracht der Projekte steht mit dem Nahwärmewerk ein zukunftsweisendes Vorhaben gerade in den Startlöchern. Wünschenswert aus Sicht des Dorfoberhauptes wäre noch die Realisierung des Genossenschaftsstalls, darüber hinaus sollten die Musikkapelle und die Schützenkompanie passende Vereinsräume bekommen: „Wir arbeiten an einer Lösung“, lässt Mall einblicken, und: „Man muss aufpassen, dass der hohe Stellenwert der Vereine im Dorf erhalten bleibt.“ Darüber, was die Zukunft bringt, hält sich Bgm. Mall noch bedeckt: „Bis zur nächsten Wahl sind es noch drei Jahre, wir werden sehen – der Job wird härter, als Bürgermeister steht man 365 Tage im Jahr unter Druck“ und: „Aber man muss sagen, der Bürgermeister ist in der politischen Hierarchie der undankbarste Posten, aber derjenige mit dem meisten Gestaltungsraum. Wir Bürgermeister sind an der Basis.“

Feedback geben

Feedback abschicken >
Nach oben