So war es früher – Ausgabe Landeck (07-23) 

„Paznauner Tourismuswerbung“ anno dazumal anhand eines Beispiels. Vor 150 Jahren war das „Rößle“ das einzige Gasthaus in Galtür, bewirtschaftet wurde es von 1874 bis 1900 von Johann Michael Mattle, vulgo „Staner“ (Steiner). Als bedeutender, übers Paznaun hinaus bekannter Viehhändler hatte er es zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Der adelige Alpinist und Schriftsteller Otto von Pfister (geb. 1845 in Lindau, gest. 1915 in München) war mehrmals in der Silvretta unterwegs und kehrte bei seinen Bergfahrten auch im „Rößle“ ein. Damals spielte der Fremdenverkehr in Galtür noch keine nennenswerte Rolle. „Fremde“ wurden geduldet, aber kaum umworben. 1882 schrieb Otto von Pfister in seinem Tagebuch „Das Montafon mit dem oberen Paznaun“ unter anderem auf Seite 210: „… Handel und Gewerbe, welche früher im Thal florirt hatten, sind nahezu erloschen und vor Allem liegt das, was man Fremdenindustrie nennt, den Leuten ferne. Eine kleine Illustration hierzu soll nicht vorenthalten werden. Als eines Abends im Rössle zu Galtür der Verfasser in Ermangelung eines andern Gesprächsstoffes den Versuch machte, sich bei dem mit ihm am Tisch sitzenden Wirth auf Grund wiederholter, früherer Besuche in Erinnerung zu bringen, erwiderte der Letztere, ohne von seiner Pfeife aufzublicken: ‚Ich schau’ nie kein’ Fremden an und kenn’ nie kein’ Fremden wieder – a Stück Vieh aber, das ich einmal g’sehn hab’, kenn’ ich nach sechs Jahren noch aus einer ganzen Heerde heraus.‘ Man kann sich denken, wie geschmeichelt ob dieser Erklärung der Verfasser sich fühlte, welchen es schon geschmerzt hatte, dass seine Person einen so geringen Eindruck hinterlassen. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass das Rössle in Galtür nicht ein ganz wackeres Wirthshaus ist, an welchem man sich in so hoher einsamer Berglage wohl genügen lassen kann, …“

Fotos: Bildarchiv Josef Walser
Text: Josef Walser, 1985 und 2022