Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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„Das ist mein Place of Freedom“

Simon Senn – ein Basketballtrainer, der den Straßenstyle liebt

Mit 13 Jahren hat Simon Senn seine Leidenschaft entdeckt: Basketball. Seitdem ließ ihn diese Sportart nicht mehr los. Der Mitarbeiter der Jugendzentren Landeck und Serfaus gilt in der Oberländer Basketballszene als einer, der mit jungen Leuten sehr gut kann. Als Trainer vom Basketballclub Landeck ist er weithin bekannt. Aber nicht nur deswegen.
20. Dezember 2022 | von Von Albert Unterpirker
„Das ist mein Place of Freedom“
Kollegial und gute Stimmung – Basketballtraining mit Herz: Sanjin, Joni, Martin, Simon, Leo und Justin (v.l.) RS-Foto: Unterpirker
Von Albert Unterpirker

Wer meint, im Bezirk Landeck ist Basketball für manche nur ein wenig Ball- und Korbwerfen, der täuscht sich gewaltig. Ein Besuch beim abendlichen Training vom Basketballclub Landeck in der Polytechnischen Schule am Prantauerweg verdeutlicht: Hier sind unter den fortgeschrittenen Jungs auch Spieler am Werken, die gut und gerne in Innsbruck bei einem Club in einer Liga mitspielen könnten. Betreut werden die Teilnehmer von Simon Senn. Jener genießt in der Szene seit vielen Jahren enorm hohes Ansehen. „Er ist der geilste Trainer“, sagt Sanjin in einer Spielpause. Joni und Martin pflichten ihm bei: „Simon ist echt gut drauf, er ist ein Vorbild für uns!“ Das Training ist von Senn kollegial aufgebaut, die Stimmung dementsprechend gut. Dennoch gibt es Respekt, denn der Coach ist nicht irgendwer, sondern quasi eine Ikone im Landecker bzw. Oberländer Basketball-Geschehen. Seit drei Jahren trainiert Senn den Verein, und in dieser Zeit ging ziemlich was weiter. „Das mit dem Training hat sich herumgesprochen“, sagt der 38-Jährige, der früher fünf Jahre lang bei der Lebenshilfe in Landeck (Wohnhaus) engagiert war. Diese Arbeit habe ihm „super getaugt“. Wegweisend für ihn sei seine Entscheidung für den Zivildienst gewesen. „Mit Menschen zu arbeiten ist für mich sehr positiv, das gefällt mir sehr gut“, sagt Senn, der in Innsbruck am SOB Tirol eine sozialpädagogische Ausbildung absolvierte.

ART IN MOTION. Seine Basketball-Story geht indessen ganz weit zurück. „Michael Jordan (für viele der beste Spieler aller Zeiten, Anm.) war für mich der King, nicht nur in diesem Sport – er war eigentlich Art in Motion“, blickt er zurück in seine Kindheit. Mit 13 Jahren stand Senn in der Nacht auf, ohne dass es seine Eltern mitbekamen, schlich ins Wohnzimmer, machte den Fernseher an und schaute heimlich Spiele aus der NBA (stärkste Basketball-Liga der Welt) live. „Das hat mich sofort fasziniert, ich war stark beeindruckt“, sagt er, und fügt an: „Wenn ich nur darüber nachdenke, bekomme ich immer noch eine Gänsehaut – ich war einfach hin und weg!“ In Pians gab es in seiner Schule einen Sportlehrer (Alois Kolp), der dann für das „I-Tüpfelchen“ zuständig war. „Er hat angefangen, mit uns Basketball zu spielen, Dribble-Tricks zu machen – dann war es für mich vorbei“, erzählt der Jugendzentren-Mitarbeiter, und tischt eine bemerkenswerte Anekdote auf. Sein Elternhaus lag knapp oberhalb vom Sportplatz Stanz (in „Loch“). „Papa hat daheim für mich einen Korb aufgebaut, der Platz zum Spielen war aber minimal.“ Jeden Tag war er draußen beim Werfen, ob Sommer oder Winter, ob Regen oder Schnee. „Gut war immer“, schmunzelt Senn, „wenn man in den Korb getroffen hat. Wenn nicht, ist der Ball die Böschung runter, oft bis zur Prantauersiedlung. Alter Schwede, da bist du anständig rauf und runter gelaufen!“

COMMUNITY. Mit 15 Jahren besuchte er erstmals den Landecker Funpark. Diese Zeit war für ihn prägend. „Straßenstyle, das war meins“, sagt er, als er seine erste Konkurrenz kennenlernte. Ein Highlight war für ihn, als er schier übermächtige Gegner, die ihn zuvor „100 Mal abkassiert“ hatten, im 1:1-Spiel besiegen konnte. Den Funpark gibt es allerdings schon lange nicht mehr. Jetzt wird in Zams neben dem Fußballplatz „geslamt“. „Das ist mein Place of Freedom“, sagt Senn. Nirgends könne er so gut abschalten wie dort. Als er in Zams mit 17 zu spielen begann, war er jahrelang allein. „Anfangs war nichts los“, erinnert er sich, „aber mit der Zeit sind immer mehr Jungs gekommen.“ Freundschaften haben sich entwickelt. „In den letzten Jahren ist das eine richtige Community geworden.“ So könne es sein, dass an einem Freitag im Sommer gerne mal 20 Leute da sind. „Ich wollte Basketball mit anderen teilen – und diese Plattform in Zams ist immer noch super.“ Alle Altersklassen und unterschiedliche Ethnien finden dort zusammen. „Hautfarbe, Alter, Herkunft – egal!“ Auch in Imst gibt es übrigens eine kleine Szene, die sich u.a. ab und an im Sportzentrum trifft. Ein Hobbyspiel gegen die Imster – wäre das mal was? „Das wäre super“, nickt Senn. Überhaupt mal in einer Liga zu spielen. „Dazu müsste aber dreimal pro Woche trainiert werden. Außerdem kostet das Geld, etwa die Auswärtsfahrten, die Liga-Teilnahme etc.“ Einem Projekt „Basketballclub Oberland“ sei er dennoch nicht abgeneigt. „B-Ball“ würden sich viele junge Leute wünschen, das zeigten Umfragen hierzulande in Schulen. Bei seiner Trainingsgruppe gäbe es derweil leider „verschwendete Talente“. Einer, der nicht mehr dabei ist, wagte den Absprung ins Höhere: Jakob Harrer (18) trainiert und spielt mittlerweile bei den Raiders in Innsbruck (2. Bundesliga).

MOTIVATION. Solche Sachen motivieren Senn zusätzlich. Außerdem: „Basketball lernt einen Selbstdisziplin und Konzentration, bringt körperliche Gesundheit – und natürlich jede Menge Freude!“ Er hofft, dass alle, die derzeit dabei sind, weiter an Bord bleiben. Und was wünschen sich die Jungs zu Weihnachten? „Dass LeBron James und die Lakers endlich wieder besser spielen“, tönt es aus der Spielerecke. Senns Weihnachtswunsch ging schon mal in Erfüllung: Seine Freundin Sarah gebar kürzlich eine Tochter namens Ivy.
„Das ist mein Place of Freedom“
Im 1:1-Spiel immer noch sehr stark: Simon Senn (l.) bei einem Trainingsspiel im Poly Landeck RS-Foto: Unterpirker
„Das ist mein Place of Freedom“
Simon Senn: „Das ist mein Place of Freedom.“ RS-Foto: Unterpirker

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