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„Bei Nachhaltigkeit hat sich viel getan“

Mode-Designerin Rebekka Ruetz im RUNDSCHAU-Interview

Seit 2011 ist Rebekka Ruetz fester Bestandteil der Fashion Week Berlin. Die aus Fiss stammende Mode-Designerin kreiert Einzelstücke oder Kleinserien für Damen, preisgekröntes Design inklusive. Wie sie zum Thema Nachhaltigkeit in der Mode steht, und ob es eine „Krisenmode“ gibt, erzählt sie der RUNDSCHAU.
8. Feber 2021 | von Von Albert Unterpirker
„Bei Nachhaltigkeit hat sich viel getan“<br />
Rebekka Ruetz: „Man kleidet sich auch für sich selbst.“ Foto: Domenic Hartman
Von Albert Unterpirker

RS: Rebekka, wie ist die Fashion Week Berlin bezüglich Corona-Pandemie abgelaufen?
Rebekka Ruetz: Die Fashion Week in Berlin wurde im Sommer 2020 aufgrund von Covid-19 abgesagt. Im Jänner 2021 fand dann eine virtuelle Fashion Week statt, bei der wir dementsprechend eine Annual Collection (Ganzjahres-Kollektion, Anm.) gezeigt haben. Da aber kein Publikum erlaubt war, wollten wir diese Einschränkung nutzen, um gleich andere Wege zu gehen, weg von der klassischen Modeschau. Daher haben wir einen kurzweiligen Modefilm gezeigt, der megagut bei den Zuschauern ankam.

RS: Es gibt Fashion Weeks, die immer wieder kritisiert werden, dass dort wenig bezüglich Nachhaltigkeitskonzepte transportiert wird. Wo reiht sich da die Berliner Fashion Week ein?
Rebekka Ruetz: Früher war dies sicher so. Aber gerade in den letzten Jahren wurde in diesem Bereich sehr viel getan. Bei der diesjährigen Winter Fashion Week im Januar 2021 hat sich die Fashion Week Berlin definitiv dem Thema Nachhaltigkeit gewidmet – was uns sehr freut.

RS: Wo muss sich die Modebranche deiner Meinung nach zukünftig hinentwickeln, will man den Planeten nicht noch mehr ausbeuten und schädigen?
Rebekka Ruetz: Die kurze Antwort wäre, dass Modeunternehmen weniger, aber dafür nachhaltig produzieren müssen, und Kunden ihren Konsum einschränken sollten. Aber in der Wirklichkeit sind beide Seiten sehr komplex. Nachhaltig produzieren heißt meist auch teurer produzieren und das heißt wiederum, dass der Preis für den Kunden steigt. Das kann sich nicht jeder leisten oder will es auch nicht – also müssen wir das Problem von mehreren Seiten angehen. Einerseits müssen wir Wege finden, um trotz nachhaltiger und umweltfreundlicher Produktion günstigere Preise anbieten zu können, und andererseits das Bewusstsein schaffen, dass Kunden Bekleidung wieder als etwas Wertvolles schätzen anstatt sie als Wegwerfware zu betrachten.

RS: Wie setzt du selbst Nachhaltigkeit in deinen Produkten um?
Rebekka Ruetz: Wir unterscheiden hier die Vorgehensweise unserer beiden Linien rebekka Ruetz und You Know You Want It (YKYWI). Bei erster handelt es sich um Prêt-à-porter für Damen, welche wir komplett in Österreich, Deutschland und Italien produzieren. Alle Stoffe kommen von europäischen Lieferanten. Außerdem bedeutet dies auch kurze Wege und die Einhaltung europäischer Umweltstandards und Arbeitsbedingungen. Bei YKYWI, unserer Streetware-Linie für Damen und Herren, verwenden wir nur Bio-Produkte aus nachgewiesen nachhaltiger und fairer Produktion. Diese werden dann in Deutschland in einer Druckerei, welche sich an höchste Umweltstandards hält, bedruckt. Dadurch können wir Mode anbieten, die dem aktuellen Anspruch gerecht wird und dennoch zu einem vernünftigen Preis angeboten werden kann.

RS: Wo holst du dir deine Inspirationen?
Rebekka Ruetz: Meine Inspiration finde ich immer in verschiedensten Dingen:
In einem spannenden Buch, einem Song, einem Film, in der Natur, in der Architektur oder in der Kunst. Das ist bei jeder Kollektion anders und das mag ich sehr. Wenn man offen für die kreativen Ideen in einem selber ist, dann kommen diese auch, egal wodurch sie inspiriert werden.

RS: Was würdest du jungen Frauen raten, die den Wunsch haben, in den kreativen Modebereich zu wechseln?
Rebekka Ruetz: Wer im Bereich Modedesign arbeiten möchte, kommt meiner Ansicht nach nicht an einem guten Modedesign-Studium herum. Zudem sollte die Person sehr viel Leidenschaft, Ausdauer und Kreativität in allen Bereichen mit sich bringen, Eigenschaften, ohne die man in der Mode nicht weit kommt. Gerade im Designbereich gibt es viel mehr Bewerber als offene Stellen. Von daher sollte man auch möglichst früh möglichst viele Praktika absolvieren. Dies hilft, um in der Branche Fuß zu fassen.

RS: Gibt es in Tirol ähnlich denkende Menschen, mit denen zu zusammenarbeitest?
Rebekka Ruetz: Ich habe auch in Tirol ein Netzwerk an kreativen Menschen: Fotografen, Grafiker, Schriftsteller, Musiker und so weiter. Dort ergeben sich immer wieder Kooperationen und Zusammenarbeit. Aber Netzwerke dieser Art kennen zum Glück ja keine Grenzen, daher arbeite ich auch sehr viel mit Menschen aus anderen Ländern und Regionen zusammen.

RS: Apropos Corona: Hat sich in Zeiten der Pandemie eine ‚Krisen-Mode‘ durchgesetzt?
Rebekka Ruetz: Es hat sich definitiv ein Trend zu gemütlichen Jersey- und Strickteilen herauskristallisiert, die man zu Hause gerne im Homeoffice oder auf der Couch trägt. Als Krisen-Mode würde ich den Trend allerdings nicht bezeichnen, eher als ‚Wohlfühl-Mode‘. Wir sehen auch, dass nun nach fast einem Jahr Pandemie die Leute auch wieder mehr schicke Mode tragen wollen. Während gemütliche Klamotten nach wie vor gut gehen, verkaufen wir wieder mehr schicke Kleider, Blusen und dergleichen. Dies greifen wir aktuell auch in unserem Video zur Fashion Week Berlin auf. Unter dem Hashtag #dresslikeeverybodyswatching wollen wir Menschen dazu animieren, auch zu Hause ihre schicksten Teile zu tragen. Denn man kleidet sich ja nicht nur für andere, sondern auch für sich selbst. Das hat eine Auswirkung auf die eigene Stimmung und Einstellung.

RS: Zukünftige Projekte?
Rebekka Ruetz: Wir haben einige Sachen für das kommende Jahr ge-plant, dürfen aber noch nicht zu viel erzählen. Am besten folgt man uns auf Instagram oder Facebook, dann verpasst man nichts ;-)

 
„Bei Nachhaltigkeit hat sich viel getan“<br />
Seit 2011 ist Rebekka Ruetz mit ihren Kollektionen bei der Fashion Week Berlin. Foto: Linda Leitner
„Bei Nachhaltigkeit hat sich viel getan“<br />
Rebekka Ruetz: „Man kleidet sich auch für sich selbst.“ Foto: Domenic Hartman

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