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Nein zur Skiverbindung

„Langtaufers-Kaunertal“-Projektbetreiber prüfen Einspruch

Der skitechnische Zusammenschluss zwischen dem Südtiroler Langtauferer Tal und dem Kaunertal wird seit Jahren heiß diskutiert. Vergangene Woche fiel die gespannt erwartet Entscheidung: Die Südtiroler Landesregierung lehnte das Projekt ab. Die Projektbetreiber prüfen, ob sie die Entscheidung beeinspruchen.
20. April 2020 | von Herbert Tiefenbacher
Nein zur Skiverbindung
Jetzt hat die Südtiroler Landesregierung über den umstrittenen skitechnische Zusammenschluss zwischen dem Südtiroler Langtauferer Tal und dem Nordtiroler Kaunertal eine Entscheidung getroffen. RS-Foto: Tiefenbacher
Von Herbert Tiefenbacher
 
Zwei Kabinenbahnen sollen die Gäste von Melag im Langtauferer Tal auf das 3100 Meter hohe Karlesjoch (Kaunertaler Gletscher) bringen. Gerechnet wird mit Gesamtkosten von 22,4 Millionen Euro. Als Hauptinvestor konnte Hans Rubatscher, Chef der Pitztaler- und Kaunertaler Gletscherbahnen, ins Boot geholt werden. Die Behörden befassen sich mit dem Vorhaben zwecks Erteilung der Genehmigung seit 2016. Im Feber 2017 lehnte die Südtiroler Landesregierung des Projekt erstmals ab, aber nur vorerst. Man entschied sich, ergänzende Gutachten einzuholen. Das ging wegen Pannen (Gutachten mussten wegen möglicher Befangenheit von Experten neu erstellt werden) schleppend voran. Inzwischen spitzte sich, wie berichtet, der Konflikt zwischen Gegnern und Befürwortern in der Reschenregion zu. Am Mittwoch vergangener Woche war es nun endlich so weit: In ihrer Sitzung befasste sich die Südtiroler Landesregierung erneut mit dem Verbindungsprojekt – und sie lehnte es wieder ab. 

ABLEHNUNGSGRÜNDE. Die Gründe für die Ablehnung erläuterte der RUNDSCHAU die zuständige Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer: Das Melagtal, ein Seitental des Langtauferer Tals, in dem die Skiverbindung geplant war, sei ein unberührtes Gebiet. Zudem enthalte das Tal urtümliche charakteristische Geländekammern und es gebe unzählige, kleinflächige Lebensräume mit einer hohen Biodiversität, darunter auch Arten, die international unter Schutz stehen. Die Gesamtbewertung des Standortes veranlasste den Umweltbeirat zu einem negativen Gutachten. Darüber hinaus komme das sozioökonomische Gutachten zum Schluss, dass sich das Vorhaben nicht eindeutig positiv auf die Region Obervinschgau auswirken werde. LR Hochgruber Kuenzer sieht jedoch einen Wermutstropfen: Durch die Nichtgenehmigung des Projekts könne eine große Chance für das Zusammenwachsen der Regionen beiderseits der Grenzen nicht genutzt werden. „Leider sprechen die Argumente der Gutachten gegen eine Genehmigung dieses Vorhabens“, betonte die Landesrätin. Diese Sichtweise wird nicht von allen Südtirolern geteilt. Vehemente Gegner des Projektes meinten in der Diskussion, sie seien gespannt, ob die Landesregierung ein derart umstrittenes Projekt, das zum Großteil in Nordtiroler Hand liege, genehmigt und dann noch Südtiroler Steuermittel für dessen Realisierung bereitstelle. LR Hochgruber Kuenzer will mit dieser Denkart nichts zu tun haben: „Ich bin für das Zusammenwachsen der Euroregionen. Man kann nicht nur davon reden, sondern muss auch danach handeln. In diesem Fall ist das aber nicht möglich.“

ENTTÄUSCHUNG. Sepp Thöni, Projektverfechter der ersten Stunde und Hotelier in Langtaufers, zeigte sich enttäuscht über die neuerliche Absage: „Es ist sehr schade und nicht verständlich, dass dieses Projekt nicht genehmigt wurde, denn aus unserer Sicht wären die Eingriffe in die Natur und Landschaft nur minimal. Zudem würde die touristische und wirtschaftliche Entwicklung des Langtaufers Tals und des oberen Vinschgaus gestärkt werden. Und es würde auch das nötige Kapital zur Verfügung stehen.“ Die Oberländer Gletscherbahnen AG werde, so Thöni weiter, jetzt einmal schauen, wie die Ablehnung im Detail begründet ist und dann werde man über das weitere Vorgehen (u. a. ob die Entscheidung der Südtiroler Landesregierung beeinsprucht wird) beraten. Auf Anfrage der RUNDSCHAU gab es von Hans Rubatscher bis Redaktionsschluss zur Entscheidung der Südtiroler Landesregierung keine Stellungnahme.

WWF BEGRÜSST ABSAGE. Die Naturschutzorganisation WWF Österreich begrüßt in einer Aussendung die Absage des Projekts, weil damit das Melagtal, ein weitgehend naturbelassenes Seitental des Langtauferer Tals skitechnisch verbaut worden wäre. „Auch auf Nordtiroler Seite muss die Politik die Zeichen der Zeit erkennen und ursprüngliche Naturlandschaften konsequent vor Verbauung schützen“, sagt Josef Schrank, Landschaftsökologe vom WWF Österreich. Im Jahr 2005 wurde eine rund 280 Hektar große unberührte Gletscherfläche des Gepatschferners durch das Tiroler Raumordnungsprogramm vom Gletscherschutz ausgenommen, um damit eine Erweiterung grundsätzlich zu ermöglichen. „Der umfassende Gletscherschutz wurde auf Druck der Seilbahnlobby ausgehebelt. Die Landesregierung muss diesen Irrweg rasch verlassen, damit unsere Gletscherlandschaften wieder ohne Ausnahme geschützt werden“, fordert Josef Schrank. 

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