Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Teurer Kaffee nicht vor Jahresende

Dramatische Ernteeinbußen in Brasilien werden durch Klimakrise zum Dauerproblem

Rohstoffe werden knapp, Kaffee wird teuer. Die Folgen von Covid-19-Pandemie und Klimakrise betreffen nicht nur Gewerbe und Industrie, auch die weltweite Lebensmittelproduktion spürt die Auswirkungen. Der Weltladen, Spezialist für fair gehandelte Produkte, ist seit Jahren direkt mit den Produzenten in Kontakt und beobachtet speziell die Veränderungen im Kaffeeanbau genau. Die RUNDSCHAU hat bei Geschäftsführerin Waltraud Schöpf vom Weltladen Landeck nachgehakt, was die Produktionsketten beeinflusst, welche Faktoren dabei eine Rolle spielen und wie sich das auf die Preisentwicklung auswirkt.
10. August 2021 | von Theresa Gorbach
Teurer Kaffee nicht vor Jahresende
Der Klimawandel hat teils dramatische Auswirkungen auf die Kaffee-Produktion. Zu Engpässen kommt es dennoch nicht. Foto: Sean Hawkey
Theresa Gorbach

Lieferengpässe im Sinne von Warenlieferungen, die ausfallen, gebe es beim Weltladen nicht, wie Waltraud Schöpf vom Weltladen Landeck berichtet. Sehr wohl aber gebe es durch die Pandemie Verspätungen in den Warenankünften. Diese seien dadurch verursacht, dass die globalen Handelsströme seit Corona massiv in Unordnung geraten seien, etwa durch reduzierte Frachtkapazitäten, Containermangel, Produktionsverzögerungen, Nachschubprobleme bei Rohstoffen und anderen krisenbedingten Komplikationen. Als Beispiel hierfür führt Frau Schöpf die Verzögerung der Glaslieferung um zwei Monate an sowie die generelle Verzögerung bei kunsthandwerklichen Produkten bis zu einem Monat.

GUT DURCH DIE PANDEMIE. „Generell kann ich mitteilen, dass die Kernstruktur des fairen Handels relativ gut durch die Pandemie gekommen ist. Dennoch ist es natürlich klar, dass die verlorenen Umsätze, die während der Lockdown-Geschäftsschließungen entstanden sind, nicht aufgefangen werden konnten“, erzählt Schöpf. Positiv merkt sie an, dass sehr wohl eine Kundenbindung festgestellt werden konnte: Der Umsatz bei den Lebensmitteln, speziell bei Kaffee, konnte gehalten beziehungsweise sogar leicht gesteigert werden. Bei den „Nicht-Lebensmittel-Artikeln“ stelle man jedoch fest, dass es eher einen Rückgang gebe: „Das wird wohl der hohen Arbeitslosigkeit im Bezirk, den fehlenden Touristen im Frühjahr und der Sperre der Straße zwischen Landeck und Fließ zuzuschreiben sein“, vermutet Schöpf. Darüber hinaus merkt sie an, dass sie ganz persönlich den Abgang diverser Geschäfte der Stadt als kritisch für die verbleibenden Geschäfte sehe. Es fehle dadurch die „Laufkundschaft“, welche für den Warenverkauf essenziell sei.

KLIMAKRISE. Was in den letzten Jahren bei Einzelprodukten immer wieder vorkomme, seien Lieferengpässe, welche durch Auswirkungen der Klimakrise verursacht werden. Hierbei handle es sich in erster Linie um Ernteausfälle. Besonders schlimm traf es diesbezüglich beispielsweise die Kaffeeregion von Uganda, wo eine Partnerorganisation der EZA durch sintflutartige Regenfälle die gesamte Kaffee-Ernte verlor. Dieser Kaffee konnte jedoch durch andere Provenienzen (also andere Herkunftsländer) ersetzt werden. Bei Kaffee werden von daher keine allgemeinen Liefer-engpässe erwartet. Solche entstanden in erster Linie in Brasilien, wo eine spezielle Pilzart, der Kaffeerost (oder auch Roja), sich explosionsartig verbreitete, und zwar aufgrund der sich ändernden klimatischen Bedingungen. Dieser Pilz trat plötzlich in Lagen auf, wo er bisher unbekannt war und befiel dort im großen Ausmaß Arabica-Hochlandkaffeesorten, die diesem neuen Schädling nicht gewachsen waren. Ganze Volkswirtschaften in Lateinamerika mussten dadurch den agrarischen Notstand ausrufen, da die Ernte bei Kaffee um 70 bis 80 Prozent vermindert war. Durch die Anpflanzung neuer, resis-tenter Kaffeesorten konnte jedoch die Versorgungssicherheit wiederhergestellt werden, erzählt die Geschäftsführerin.

PREISSTEIGERUNG. In der Vergangenheit kam es klimabedingt zu massiven Preissteigerungen aufgrund von Ernteausfällen, auch bei der EZA. „Obwohl die Ernteausfälle in erster Linie Brasilien betreffen, wird es bei Kaffee insgesamt zu Preissteigerungen kommen, da Brasilien als größter Rohstoff-Produzent eine große Versorgungslücke auftun wird. Insgesamt gibt es also kurz gesagt zu viel Nachfrage für zu wenig Angebot. Auch der faire Handel bemerkt zurzeit massive Preissteigerungen“, so Waltraud Schöpf. Generell könne man aber anmerken, dass sich diese noch in moderatem Rahmen bewegen, da der faire Handel der EZA den Bauern und Bäuerinnen auch bisher bereits weitaus höhere Preise bezahle als diese am Weltmarkt lukrieren können. Wichtig zu erwähnen sei aber auch, dass ein steigender Weltmarktpreis erst den geernteten Kaffee der Zukunft betreffe, sofortige Preissteigerungen in den Supermärkten entsprechen daher nicht der Einkaufsrealität. Die EZA könne für ihre Kaffees keine Preissteigerung ausschließen, allerdings werde diese sicherlich nicht vor Ende des Jahres realisiert werden.

PREISSCHWANKUNGEN. Die Frage, ob Fairtrade-Produkte generell stärker von Preisschwankungen betroffen seien, verneint Frau Schöpf ganz klar. „Aufgrund von Mindestpreisen und einem fixen Mehrpreissystem ist die Preisgestaltung bei fair gehandelten Produkten prinzipiell stabiler als es Produkte sind, die sich ausschließlich am Weltmarktpreis orientieren. Das bedeutet jedoch, dass die Importorganisationen des fairen Handels in Zeiten von niedrigen Weltmarktpreisen deutlich mehr bezahlen als der konventionelle Mitbewerb. Das ist nur möglich, weil Käuferinnen und Käufer von fair gehandelten Produkten diese Politik bewusst durch das Zahlen eines fairen Preises unterstützen.“ Das sei wiederum nur durchsetzbar, da die Kunden wissen, dass dieser Mehrpreis auch wirklich bei den Genossenschaften und Bauern und Bäuerinnen ankommt. Garantiert werde das durch den direkten Kontakt der Importorganisationen sowie auch durch die externe Kontrolle durch das Fairtrade-Siegel-System. „Im normalen Handel kann es durchaus sein, dass hohe Weltmarktpreise nur bedingt bei Kleinbauern und -bäuerinnen ankommen. Es ist sogar davon auszugehen, dass dies die Regel ist.“

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