Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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„Region muss sich entscheiden“

11. Feber 2020 | von Nina Zacke
Kämpfen auch vor der neuen Biker-Saison gegen den Motorradkrach im Außerfern: Reinhard Oberlohr von der Interessengemeinschadft Xsund's Lecht'l und Fritz Gurgiser vom Transitforum Austria-Tirol (rechts). RS-Foto: Gerrmann
Verträgt sich ein Naturpark mit gesundheitstouristischem Anspruch mit Motorradlärm, über den viele Menschen im Lechtal und anderswo im Außerfern stöhnen? – Daran scheiden sich auch vor der Bikersaison 2020 die Geister.

Transitforum Austria-Tirol und Xund's Lecht'l: „Gesundheitstourismus und Lärm schließen sich aus!“


Der Frühling naht, die Biker scharren angesichts des bislang recht milden Winters schon mit den Hufen. Angesichts dessen befällt das Trasitforum Austria-Tirol und die Interessengemeinschaft Xsund's Leben im Lecht'l die Sorge, dass zum Start der Motorradsaison einmal mehr nichts Signifikantes gegen den Kraftrad-Krach unternommen wird. Sie fordern daher unisono und einmal mehr: „Es muss gehandelt werden!“

Von Jürgen Gerrmann

Verträgt sich ein Naturpark mit gesundheitstouristischem Anspruch mit Motorradlärm, über den viele Menschen im Lechtal und anderswo im Außerfern stöhnen? – Daran scheiden sich auch vor der Bikersaison 2020 die Geister.


Beide Gruppierungen sehen dabei zuvörderst die Behörden in der Pflicht: „Die sind schließlich gehalten, nationale und internationale Schutznormen auch durchzusetzen“, sagt Fritz Gurgiser vom Transitforum. Darauf habe das Amt der Tiroler Landesregierung bei einer Bürgerversammlung im vergangenen Mai in Stanzach sogar selbst hingewiesen: „Die Behörde ist zur Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen (insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe) verpflichtet.“
Zudem sei mündlich versprochen worden (zuletzt bei einer Besprechung am 6. November in der Bezirks-hauptmannschaft Reutte), dass die Abteilung Verkehrsrecht im Amt der Tiroler Landesregierung bis Ende des Jahres Maßnahmen gegen den Lärm anordne. Davon könne bislang aber keine Rede sein. Es sei vor zwei Monaten lediglich in der Presse verlautet, dass kein Fahrverbot komme. Mit den Bürgern, die schon lange gegen den Krach kämpften, sei kein Kontakt aufgenommen worden.
Die „unzumutbare Umgebungslärmbelastung“ in der „Gesamtregion Imst/Hahntennjoch/Ruhegebiet Muttekopf/Lechtal/Tannheimertal/Naturpark Tiroler Lech“ verlange aber, dass jetzt endlich etwas geschehe: „Gemessen, diskutiert, studiert und untersucht wurde lange genug“, ärgern sich Gurgiser und seine Mitstreiter: „Nun zählen Taten statt Worte!“
RESTRIKTIVE EINSCHNITTE GEFORDERT.

Unverkennbar schwingt bei ihnen allerdings auch die Befürchtung mit, dass diejenigen, die etwas tun könnten, eine Art „Zeitspiel“ betreiben und erneut ein Jahr vergeht, ohne dass eine wirksame Entscheidung getroffen werde und man stattdessen die Dinge eine weitere Saison lang vor sich herschiebe. Die Anti-Lärm-Streiter verlangen daher restriktive Einschnitte. Und die sollten bis zum 31. März klar sein, damit man sie noch vor Öffnung des Hahntennjochs auch jenseits der Landesgrenzen publik machen könne.
HOFFNUNG LEBENSSPUR.

Große Hoffnungen setzten Transitforum und Xsund's Lecht'l übrigens in die Initiative „Lebensspur Lech“ – eine Plattform, zu der sich Füssen Tourismus und Marketing, die Gemeinde Breitenwang, der Tourismusverband Lechtal und der Verein Lechweg zusammengeschlossen haben (mit von der Partie sollten auch die Gemeinden Gramais, Hinterhornbach, Pfafflar, Kaisers und Holzgau sein). Deren Ziel sei nämlich ein „dauerhafter und nachhaltiger Qualitätstourismus“ – auch mithilfe von hohen Zuschüssen der EU. Und das könne man nur unterstützen.
Dazu passe allerdings der Motorradkrach ganz und gar nicht. Schließlich sollten die Schwerpunkte des „gesundheitstouristischen Erlebnisraums“ ja ausdrücklich „mentale Balance und gesunder Schlaf“ sein. Es gehe nicht an, dafür EU-Fördermillionen einsammeln zu wollen und gleichzeitig „die ankommenden Gäste mit einem Lärm zu konfrontieren, den sie nicht einmal aus dem Flachland oder voralpinen Regionen kennen“. Gurgiser: „Man kann nicht solch ein Projekt einreichen und gleichzeitig beim Lärm wegschauen. Wenn man einen Naturpark hat, geht das einfach nicht.“
FÖRDERMILLIONEN GEFÄHRDET?

Warnendes Beispiel sei da Kals in Osttirol: Dort habe man auch enorme Summen für ein „Bergsteigerdorf“ eingeheimst, aber dennoch den Massentourismus weiter forciert. Mit der Konsequenz, das Geld wieder zurücküberweisen zu müssen. Der Transitforum-Sprecher warnt daher: „Mit der Untätigkeit gegenüber dem Lärm gefährdet man die Fördermillionen.“
Die Region solle sich nun entscheiden, was sie wolle: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass die eine Hand Fördergeld für Schutzgebiete aller Art ausgibt, während die andere nichts gegen den unzumutbaren Umgebungslärm unternimmt.“ Er sei überzeugt: „Je mehr der Lärm reduziert wird, umso attraktiver wird die Region im Wettbewerb mit anderen lauten Regionen. Denn der Gast will für sein Geld Ruhe und keinen nervenzehrenden Motorradkrach.“
FÜR ÄRZTLICHES GUTACHTEN.

Etwas Neues weist die Forderungspalette der Anti-Motorradkrach-Streiter übrigens auch auf: Sie „ersuchen höflich“ um ein ärztliches Gutachten, das auf der Basis der Motorradlärmstudie der knapp 200 000 Lärmpegelmessungen der Initiative „zweifelsfrei bestätigt, dass die hohen Lärmbelastungen keinerlei Auswirkungen auf die Gesundheit der einheimischen Bevölkerung und der Gäste aus nah und fern haben“.
Das dürfte ein ziemlich schwieriges Unterfangen werden.

 

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