Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Abschied und Neuanfang

Nach fast 400 Jahren verlässt der Franziskanerorden Reutte - Kloster soll ein Haus der Kirche und der Begegnung werden.

Im Jahre des Herrn 1628 kamen die ersten Franziskaner nach Reutte. 2022 endet diese Geschichte endgültig. Das nunmehr ehemalige Franziskanerkloster Reutte wird von der Diözese Innsbruck und der Marktgemeinde Reutte übernommen. Das Kloster soll zu einem Haus der Kirche und der Begegnung umgewandelt werden, so der neue „Hausherr“ – Bischof Hermann Glettler.
4. April 2022 | von Johannes Pirchner
Der Schlüssel für das Kloster wurde übergeben: Bischof Hermann Glettler, Franziskaner-Provinzial Fritz Wenigwieser, Dekan Franz Neuner und Bürgermeister Günter Salchner. RS-Foto: Pirchner
Von Johannes Pirchner.
Den Frühling Gottes entdecken.
Die hl. Messe am 3. April stand ganz im Zeichen des Abschieds des altehrwürdigen Franziskanerordens, der seit Generationen Reutte und seine Seelsorge geprägt hatte. Schon in seinen begrüßenden Worten an die Gemeinde sprach Dekan Franz Neuner die engen Bande zwischen den Franziskanern und der Marktgemeinde Reutte an. In einer eindrucksvollen Predigt und festlichen Ansprache ging Bischof Hermann neben dem Kloster auf die Probleme und Sorgen von heute ein. Er nannte den Klimawandel, das Leid in der Ukraine und die soziale Kälte als die größten Herausforderungen unserer Zeit. Ebenso hob der Bischof den Einsatz der „Initiative Hoffnung für Flüchtlinge“ im Außerfern hervor. Neben diesen Aussagen stand die Predigt seiner Eminenz ganz im Zeichen des Abschieds der Franziskaner, aber auch im Zeichen des Neuanfangs. Mit bewährtem Handeln, mit breiten Händen und mit bewährtem Hausverstand beginnt jetzt etwas Neues im ehemaligen Kloster. Man muss neu beginnen, und so verglich der Bischof diesen Neustart mit dem Frühling Gottes, sowohl im Glauben als auch mit dem Gelände des ehemaligen Klosters. Das Franziskanerkloster Reutte soll in ein Haus der Kirche umgewandelt werden. Es soll weiterhin ein geistlicher Ort bleiben, in dem sich in Zukunft die wichtigsten Institutionen der Diözese finden, wie etwa die Caritas, die Außenstellen der Diözese Innsbruck ebenso wie die Servicestelle der Kirchenbeitragsstelle. Ebenso soll das Gelände des ehemaligen Klosters weiterhin ein Ort für Familien, soziale Angelegenheiten und der Seelsorge bleiben. 70 Prozent der Raumplanung seien bereits abgeschlossen, so der Bischof. Für die Rettung dieses Reuttener Wahrzeichens wurden unter anderem auch Gelder des Kirchenbeitrags herangezogen. Des Weiteren wird geprüft, ob sich die Räume des ehemaligen Klosters für die Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen eignen. An der Rettung des ehemaligen Klosterareals war maßgeblich Bischof Hermann Glettler beteiligt, der diese Rettung zur Chefsache erklärt hatte. So sind nun das ehemalige Klostergebäude und die St. Anna Kirche offiziell im Eigentum der Diözese. Eine würdige Lösung für alle Beteiligten.

Seelsorge und Kirche bleiben im Zentrum von Reutte.
Dekan Franz Neuner erinnerte in seiner Ansprache nochmals an die Enttäuschung und Betrübtheit, die der Abzug der Franziskaner im Bezirkshaupt-ort Reutte und im ganzen Außerfern ausgelöst hatte. Der Auszug des Franziskanerordens wäre zwar verständlich – aufgrund fehlender Gemeinschaft – viele verspürten aber eine tiefe Traurigkeit. Jedoch bleibt die Kirche fest im „Markt“ verwurzelt und wird weiterhin ein Ort der Seelsorge, des Gebets und ein Ort für die Menschen in Reutte bleiben. Ebenso freue sich Dekan Franz Neuner, die neuen Ideen im Kloster umzusetzen.

Auflösung von Klöstern  ist leider kein Reutter Phänomen allein.
Der Provinzial der Franziskaner, Fritz Wenigwieser, betonte ebenso sein Bedauern über den Weggang des Franziskanerordens aus dem Außerfern und aus Reutte. Er erklärte schlüssig die Gründe des Ordens. Die Franziskaner sind eine lebende Bruderschaft, immer mehr älter gewordene Brüder müssen immer mehr Aufgaben stemmen, ebenso fehlt ihnen die Gemeinschaft. Deshalb müssen viele Franziskanerkloster in Tirol aufgelöst werden. Für ihn sei es jedoch loslassen, nicht fallen lassen, so der Provinzial, der selbst ein Jahr in Reutte verbrachte. Für das ehemalige Klosterareal wünsche er sich weiterhin eine Kapelle zur Anbetung des hl. Franziskus und des hl. Antonius. Ebenso sei er dankbar, dass eine gute Lösung für das gesamte Areal gefunden wurde.

Das Kloster behält eine soziale Funktion, das ist gut so!
Ebenso erleichtert wie froh, eine gute Lösung für das Kloster-areal gefunden zu haben, zeigte sich auch Reuttes Bürgermeister Günter Salchner. Auch er erinnerte nochmals an die lange Tradition der Franziskaner in der Marktgemeinde und fand den Rückzug des Ordens sehr schade. Er sei sehr beruhigt, dass das Kloster in der Diözese einen neuen Investor gefunden hat. Dies sei keinesfalls selbstverständlich gewesen. Seit 2014 gab es viele Ideen für das ehemalige Klosterareal und den Klostergarten, vom Hundefriedhof bis zum buddhistischen Meditationsplatz. Erfreut zeigte sich BGM Salchner auch, dass das ehemalige Klosterareal weiterhin eine soziale Funktion im Bezirkshauptort erfüllen werde. Hier ließen sich Familienprojekte gut realisieren. Da die Marktgemeinde nun für den Klostergarten verantwortlich ist, beendete der Bürgermeister seine Ansprache nun in seiner Funktion als neuer „erster Gärtner“ mit dem Sonnengesang des hl. Franziskus: Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester Mutter Erde, die uns erhält und lenkt und vielfältige Früchte hervorbringt, mit bunten Blumen und Kräutern. – Dies zeugt von der Verantwortung der Marktgemeinde, die Tradition des hl. Franziskus im Garten fortzuführen. Trotz dieser Zeitenwende mit dem traurigen Abzug der Franziskaner ist der 3. April 2022 sicher ein guter Tag für die Seelsorge, das Soziale und die Tradition in Reutte.

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