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Als in Weißenbach Ski produziert wurden...

Franz Alber erinnert sich an die Zeit, als Wagner Wintersportgeräte bauten

Was machen die Skirennläufer im Weltcup oder bei der gerade für Österreich so erfolgreichen Weltmeisterschaft in Cortina d'Ampezzo zuallererst, wenn sie die Ziellinie überquert haben? Sie schnallen ab, reißen die Ski hoch und präsentieren ihre Ausrüster. So prominent präsentiert zu werden – so weit haben es Franz Alber und sein Vater aus Weißenbach zwar nicht gebracht. Aber lokale Wirtschaftsgeschichte haben sie dennoch geschrieben.
22. Feber 2021 | von Jürgen Gerrmann
Als in Weißenbach Ski produziert wurden...
Diese Original Weißenbacher Alber-Ski sind heute in Hermann Schrötters Museum Millers Miehl zu sehen. RS-Foto: Gerrmann
Von Jürgen Gerrmann.
Heutzutage teilen sich nur wenige Firmen den Weltmarkt der High-Tech-Sportgeräte. Doch in der Kindheit und Jugend von Franz Alber, der („so Gott will“) im September seinen 90. Geburtstag feiert, war das ganz anders. Ski und Rodel waren damals noch Hand(werks)arbeit. Wie Vater und Großvater heißt der rüstige Pensionist, der im Sommer noch regelmäßig mehrmals pro Woche mit dem Rad nach Reutte strampelt (jetzt im Winter benutzt er den Bus), Franz – und wie Papa und Opa erlernte er auch er den altehrwürdigen Beruf des Wagners, der sich als eine der Wurzeln der modernen Skiindustrie entpuppen sollte: „Auch der Gründer der Skifabrik Fischer war ursprünglich Wagner“, erzählt er im Gespräch mit der RUNDSCHAU. Der Grund: In dieser Gründerzeit des alpinen Skisports habe man für die zwoa Brettl, mit denen man im g’führigen Schnee gehörig Spaß haben wollte, vornehmlich Hartholz verarbeitet: „Für die Skierzeugung kam vorwiegend Esche, später auch Hickory zum Einsatz.“

Start in den 1930er-Jahren.
Vater Franz arbeitete nach dem Ersten Weltkrieg als Wagner-Geselle in Innsbruck, Matrei am Brenner und Oberperfuß am Eingang des Sellraintals. Dort kam er zum ersten Mal in Kontakt zur Ski- und Rodelerzeugung. Dieses Wissen machte er sich auch zunutze, als er wieder zuhause in Weißenbach seinen eigenen Betrieb eröffnete. In den 1930er Jahren waren Ski und Rodel gefragte Produkte – nicht zuletzt im aufstrebenden Wintersportort Berwang fanden die Produkte aus dem Hause Alber großes Interesse und auch guten Absatz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte der junge Franz (am Kriegsende war er 13 Jahre alt) die Familientradition der Wagnerei fortsetzen – mit Erfolg. Doch nach der Gesellenprüfung wurde es ihm in der väterlichen Werkstatt erst einmal ein bisschen zu eng, er wollte auch noch andere berufliche Luft schnuppern und seine Kenntnisse und sein Können erweitern – also ging er nach Vorarlberg. Und zwar zur Skifabrik Kästle in Hohenems.

Ski-Presse ganz aus Holz.
Nach einem halben Jahr dort machte er seinem Vater daheim in Weißenbach klar, dass nun Innovationsgeist gefragt war. Wieso das? „Bis dahin waren die Skier unbeschichtet oder unverleimt. Nun wollte ich auf Schichtenskier umsteigen.“ Der Vater war einverstanden, und noch heute bewundert Franz junior dessen Flexibilität und Erfindergeist: „Schon bald machte er sich daran, eine Skipresse zu bauen. Und man staune – die bestand nur aus Holz! Die starken Spindeln hatte er aus Buchenholz gefertigt.“ Und so konnte man sich ans Werk machen: Schichten aus Eschen- oder Hickoryholz verleimten die beiden mit Kaselitleim. Rund 600 Schilling kostete nach seiner Erinnerung damals „ein Paar gute Schichtenski“. Doch die zunehmende Industrialisierung forderte auch bei den Albers ihren Tribut: „Ein Ein- oder Zweimannbetrieb war schon in den 1960er Jahren nicht mehr konkurrenzfähig.“ Der Junior ging daher bereits 1960 ins Metallwerk, der Vater starb sechs Jahre später – vorbei war es mit der Ski- und Rodelproduktion in Weißenbach, zu der es übrigens in Reutte mit Sepp Paulweber senior und der Werkstatt Zotz und Höbel („deren Spezialität waren ganz kleine Rodel für ganz kleine Kinder – toll!“) Parallelen gab.

Fingerspitzengefühl gefragt.
Geblieben ist aber die Erinnerung an eine faszinierende Handwerkskunst. Und es ist ein Glücksfall, dass sie Franz Alber noch an die Nachwelt im Computerzeitalter weitergeben kann. Voll Begeisterung erzählt er zu Beispiel, wie bei den unbeschichteten Modellen die Skischaufel gebogen wurde: „Die Rohlinge wurden mit dem Vorderteil in sauberes Wasser gestellt. Sobald das Holz genügend Wasser aufgenommen hatte, wurden sie über ein gut erhitztes Formeisen mit Blechunterlage aufgespannt und bis zur Trocknung des Holzes darauf belassen. Dieser Vorgang erfordert auch viel Fingerspitzengefühl, denn wenn das Eisen zu heiß ist, bekommt das Holz schwarze Brandflecke.“ Auch an den Rodelbau denkt Franz Alber noch gern zurück. Insbesondere an die Produktion der vorne gebogenen „Schneckenrodel“. Und wie ging das? „Die Kufen-Rohlinge wurden unter Dampf erhitzt und über Modelle gebogen. Bei uns wurde die heiße Luft von einem Dampfwaschkessel, den man damals vielfach verwendete, in ein viereckiges Holzrohr geleitet und etwa eine halbe Stunde lang und auch länger mit Dampf erhitzt. Wenn man die Rohlinge aus dem Holzrohr geholt hatte, musste schnell gearbeitet werden, damit sich die Hitze und der Dampf nicht verflüchtigten. Damit das Holz beim Biegen keine Sprünge bekommt, wurden auch Bleche am Modell mit eingespannt.“ Es brauchte also nicht nur Können, sondern auch viel Liebe, Hingabe und Gefühl, bis die Ski und Rodel aus Weißenbach fertig waren. 

Info.
Übrigens: Einige Wintersportgeräte aus der Werkstatt der Albers kann man auch in Hermann Schrötters Heimatmuseum„Millers Miehl“ in Weißenbach bewundern – Anmeldung unter Tel. +43 (0) 676 7 03 53 85. 
 
Als in Weißenbach Ski produziert wurden...
Franz Alber erinnert sich begeistert daran, wie er einst mit seinem Vater in der gemeinsamen Wagner-Werkstatt in Weißenbach Skier und Rodeln baute.    

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