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Auf der letzten Wegstrecke begleiten

Ehrenamtliche Hospizbegleitung heißt, an der Seite Schwerkranker, Sterbender und deren Angehörigen zu sein

Sterben gehört zum Leben. Wer mit Abschied und Tod in Berührung kommt, wird berührt. Das ist eine elementare Erfahrung im Leben eines jeden. Mit Schwerkranken, Sterbenden und ihren Angehörigen gemeinsam den letzten Teil des Weges zu gehen, gehört zu den Aufgaben eines ehrenamtlichen Hospizbegleiters.
28. Juni 2021 | von Sabine Schretter
Auf der letzten Wegstrecke begleiten
Angelika Heim (rechts) leitet das Ehrenamt bei der Tiroler Hospizgemeinschaft und informierte gemeinsam mit Regionalbeauftragter Sabine Hosp über die Ausbildung zum ehrenamtlichen Hospizbegleiter.RS-Foto: Schretter
Von Sabine Schretter.
„Du zählst, denn du bist du. Und du zählst bis zum letzten Augenblick deines Lebens“, sagte Cicely Saunders, Ärztin und Begründerin der modernen Hospizbewegung. Sie entwickelte die Basisprinzipien einer ganzheitlichen Begleitung in der letzten Lebenszeit, heute unter dem Begriff „Palliative Care“ – die Begleitung und Versorgung schwerkranker Menschen, deren Erkrankung nicht mehr heilbar ist – bekannt. Menschen in dieser schwierigen Situation zur Seite zu stehen und deren Angehörigen  zu unterstützen und ihnen Freiräume zu schaffen, übernehmen ehrenamtliche Hospizbegleiter. Eine Ausbildung für dieses anspruchsvolle Ehrenamt findet von April bis Oktober 2022 im Bezirk Reutte statt. Angelika Heim, Leiterin des Ehrenamts bei der Tiroler Hospizgemeinschaft und Sabine Hosp, Regionalbeauftragte der Tiroler Hospizgemeinschaft für das Außerfern und das Oberland, informierten am Montag, dem 21. Juni, in der Wirtschaftskammer Reutte darüber.

Zuhören – da sein – bis zuletzt begleiten.
„Was freiwillig getan wird, wird immer gut.“ Mehr als 230 Ehrenamtliche sind derzeit in Tirol in der Hospizbegleitung tätig, erzählte Angelika Heim den sechs anwesenden Damen und dem Herrn. Angelika Heim ist seit 2015 bei der Tiroler Hospizgemeinschaft und arbeitet im Hospizhaus in Hall. Regionalbeauftragte Sabine Hosp absolvierte selbst 2010/2011 die Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizbegleiterin, arbeitet seit 2018 hauptberuflich für die Tiroler Hospizgemeinschaft und leitet genauso lange das Hospizteam Reutte. Sie ist auch Teil des Kinderhospizteams. Ausführlich erklärten beide, was die Ausbildungsinhalte und später die Aufgaben der ehrenamtlichen Hospizbegleitung sind und welche Voraussetzungen man mitbringen sollte, wenn man sich für dieses Ehrenamt entscheidet.

Ein Ort zum Rasten.
Als Hospiz wurde im Mittelalter eine Herberge für Pilger, Bedürftige, Fremde oder Kranke bezeichnet – ein Ort, an dem sie rasten und Kräfte sammeln, sich geborgen und versorgt fühlen konnten. Hospizbegleitung heute gibt jenen Menschen Sicherheit, die sich am Ende ihres Lebens befinden. Hospizbegleiter helfen, stärken, hören zu, erfüllen Wünsche, sind da – für die Menschen, die bald gehen und für die, die bleiben. „Es geht um Achtsamkeit, das Aufeinanderschauen. Für ehrenamtliche Hospizbegleiter ist es eine Herzensangelegenheit, einen herausfordernden Weg gemeinsam zu gehen“, beschreibt Angelika Heim. Nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben zu geben, umschrieb Cicely Saunders das Wesen der Hospizbegleitung. Wünsche erkennen und Wege suchen, diese zu erfüllen – das ist ein wesentlicher Inhalt der ehrenamtlichen Arbeit im Hospizbereich. Der schwerkranke Mensch, dessen  Lebensqualität und Würde stehen im Mittelpunkt. „Es ist für Ehrenamtliche sehr bereichernd, wenn man bei einem Besuch mit einem Strahlen begrüßt wird, und wenn am Ende des Besuchs dieses Strahlen vielleicht noch ein bisschen heller ist. Was am Ende eines Lebens guttut, darf sein – auch wenn es vielleicht eine Zigarette oder ein Gläschen Wein ist“, sagt Sabine Hosp. In Situationen, die sehr betroffen machen, in denen die Worte fehlen, kann Begleitung auch ohne Worte stattfinden. Der Mensch wird als ganzheitliches Wesen nach sozialen, spirituellen und psychischen Aspekten begleitet. Wohl steht der Patient im Fokus, Hospizbegleitung schließt aber auch die Angehörigen mit ein. Hospizbegleiter können Angehörigen oder Pflegenden Freiräume schaffen. Angehörige werden auch nach dem Abschiednehmen weiter begleitet. Dafür gibt es ein breitgefächertes Angebot der Trauerbegleitung: TrauerCafés, TrauerRäume, Trauerspaziergänge, Gespräche. Wichtig sei es, Trauer als wichtigen Prozess sein zu lassen, der Trauer Raum zu geben, aber auch Ablenkung zu bieten, Trauernde behutsam wieder ins Leben zu holen, so Angelika Heim dazu.

Anforderungen.
Die ehrenamtliche Hospizbegleitung kann für Menschen, die gut im Leben stehen, Mut haben, Schwerkranke und Sterbende begleiten und deren Angehörige entlasten wollen, eine sehr erfüllende Aufgabe sein. Man muss mit Krankheit, Sterben, Tod und Trauer umgehen können, sich bewusst sein, dass diese Aufgabe nicht immer leicht zu bewältigen ist.  „Hospizbegleitung macht viel mit einem. Man setzt sich mit dem eigenen Ich und der eigenen Vergänglichkeit auseinander“, schildert Sabine Hosp aus ihrer eigenen Erfahrung als Hospizbegleiterin. Wer sich für die Ausbildung zum ehrenamtlichen Hospizbegleiter interessiert, braucht psychische Stabilität und ein gewisses Maß an Flexibilität, ansonsten aber keine speziellen Vorkenntnisse. Anmeldungen zur Ausbildung sind ab sofort unter Tel. 05223 43700 33676 oder E-Mail: akademie@hospiz-tirol.at möglich.

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