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Crisma Praxmarer hilft auf die Sprünge

Außerferns derzeit einzige Sozialbegleiterin stärkt die Selbsthilfefähigkeit, wenn Probleme über den Kopf zu wachsen drohen

Oft brechen Probleme wie eine Lawine über Menschen herein. Schnell gerät man dann an seine Grenzen, scheint wie gelähmt, alles droht zu entgleiten. In solchen Siuationen ist es wichtig und richtig, sich Hilfe zu holen – Hilfe zur Selbsthilfe – damit man die Kontrolle wieder zurückgewinnt. Crisma Praxmarer ist die derzeit einzige Sozialbegleiterin im Bezirk Reutte. Sie hilft Menschen in Krisen. Die RUNDSCHAU sprach mit Crisma Praxmarer und dem Leiter des Roten Kreuzes Reutte, Andreas Inwinkl.
21. Juni 2021 | von Sabine Schretter
Crisma Praxmarer hilft auf die Sprünge
Sozialbegleiterin Crisma Praxmarer hilft ihren Klienten, sich selbst zu helfen. RK-Reutte-Geschäftsführer Andreas Inwinkl möchte das Angebot flächendeckend im Bezirk Reutte aufstellen. RS-Foto: Schretter
Von Sabine Schretter.
Seit 2015 gibt es die Initaitive „Sozialbegleitung“ in Tirol. Ehrenamtliche Mitarbeiter des Roten Kreuzes unterstützen Menschen, deren Leben aus den Fugen geraten ist. Sozialbegleiter stärken die Selbsthilfefähigkeit ihrer Klienten, entwickeln mit ihnen gemeinsam Strategien, Problemlagen anzugehen und Lösungen zu finden. Diese Probleme sind vielfältig: Die Wohnung wird gekündigt, man verliert seine Arbeit, ist sozial an den Rand der Gesellschaft geraten oder mit dem Papierchaos für einen Antrag überfordert. Sozialbegleiter stehen zur Seite und unterstützen, nehmen aber nicht die Arbeit ab. Das Angebot des Roten Kreuzes ist für Klienten kostenfrei, die Unterstützung durch einen Sozialbegleiter auf sechs Monate limitiert. Sozialbegleiter erhalten im Vorfeld eine fundierte Ausbildung, die sich über mehrere Wochenenden erstreckt.

Ich helfe gern.
Eine der 50 Tiroler Sozialbegleiter ist Crisma Praxmarer. Sie ist derzeit die einzige Sozialbegleiterin, die im Außerfern diesen Dienst versieht. Das soll sich aber, wenn es nach ihr und Andreas Inwinkl geht, rasch ändern. Der Bedarf sei im Bezirk durchaus gegeben, weiß Crisma Praxmarer zu berichten. In ihrem Brotberuf arbeitet sie in der Tagespflege des Seniorenzentrums „Zum guten Hirten“. Das Helfen ist also genau ihres. Als Sozialbegleiterin ist sie erst seit einigen Wochen im Amt. Auf dieses Ehrenamt wurde sie durch einen Zeitungsartikel aufmerksam gemacht. „Ich habe ein Ehrenamt gesucht und ich helfe gern – das war schon immer so. Und ich freue mich, wenn ich Erfolge sehe und weiß, dass meine Hilfe hier genau an der richtigen Stelle war“, erzählt sie im Gespräch mit der RUNDSCHAU. Derzeit sei es zwar noch etwas ruhig, aber sie wisse, dass es durchaus Bedarf für Begleitungen im Bezirk gibt. „Viele Menschen hält ihre Schwellenangst zurück, sich bei uns zu melden. Das kann ich gut verstehen, denn ich brauche ja Einblick in sehr private Dinge, etwa Finanzunterlagen, damit ich dort ansetzen kann, wo meine Unterstützung notwendig ist“, fährt Crisma Praxmarer fort. Als Sozialbegleiterin unterliegt sie einer absoluten Schweigepflicht und muss sich an die Datenschutzrichtlinien halten. „Das ist oberstes Gebot. Was ich mit meinen Klienten bespreche, bleibt bei uns zweien, das dringt nicht nach außen“, versichert sie und betont, dass sich niemand schämen oder fürchten muss, um Sozialbegleitung anzusuchen. Generell wird darauf geachtet, die Intimsphäre beider – des Klienten und des Beraters – zu wahren. Treffen finden niemals in den Privatwohnungen oder -häusern, sondern immer an einer Ortsstelle des Roten Kreuzes statt. Nach einer ersten Kontaktaufnahme mit dem Roten Kreuz wird einem Klienten ein Sozialbegleiter zugeteilt. Beide gemeinsam erörtern die Situation und suchen Perspektiven zur Bewältigung der Probleme. Wenn Fälle sehr komplex sind, zeigt Crisma Praxmarer auf, welche Anlaufstellen es gibt, wo Klienten gezielt und spezifisch Hilfe erhalten.  „Ich nehme den Klienten nicht ihre Arbeit ab, sie müssen schon mitarbeiten. Ich stelle einen Plan mit Aufgaben, die zu erledigen sind, zusammen. Diesen Plan sollte der Klient im besten Fall dann selbstständig abarbeiten“, umreißt Crisma Praxmarer ihren Ansatz und fährt fort: „Ich lasse aber niemanden, der komplett überfordert ist oder sich ganz einfach nicht allein zu einem Amt, einer Behörde oder Antragstelle traut, im Stich. Selbstverständlich begleite ich diese Klienten, bin an ihrer Seite und ermutige sie, die notwendigen Schritte zu tun. Auch bei älteren Menschen, die zum Beispiel mit dem Ausfüllen von Anträgen überfordert sind, noch nie mit dem Internet zu tun hatten und sich nicht auskennen, helfe ich. Oft braucht es nur einen kleinen Schubs und es geht in die gewünschte Richtung.“ Wie viel Zeit sie für die Klienten aufwendet, hängt vor allem von ihrem Dienstplan im Seniorenzentrum ab. „Für die Klienten bin ich an meinen freien Tagen da. Da richte ich mich nach den Öffnungszeiten der Ämter und Behörden, denn meist geht es ja um Behördendinge. Die Wochenenden gehören meiner Familie“, schildert Crisma ihr Zeitmanagement. Die Arbeit mit den Klienten ist jeweils auf ein halbes Jahr limitiert, dann endet die Sozialbegleitung. Nur in ganz komplizierten Ausnahmefällen kann eine Begleitung eventuell verlängert werden.

Ausbildung.
Die Ausbildung zur Sozialbegleiterin absolvierte Crisma Praxmarer an vier Wochenenden. Im Zentrum der Ausbildung standen  die verschiedenen Problematiken, mit denen man als Sozialbegleiter zu tun haben kann. „Wir erfuhren auch viel Interessantes aus dem Migrationsbereich oder darüber, wie man etwa Ex-Häftlinge bei ihrem Schritt zurück ins Leben unterstützen kann. Die Ausbildung ist sehr interessant und breit gefächert.“ Wer sich für das Ehrenamt „Sozialbegleitung“ interessiert, sollte einen Führerschein besitzen. „Wenn wir etwa zum Schuldnerberater nach Imst müssen, ist das ohne Auto kaum machbar“, so Crisma Praxmarer. Soziale Kompetenz und ein wenig Grundwissen sollten vorhanden sein. Sozialbegleiter sollten offen sein und mit Menschen umgehen können und wollen. „Ich empfinde es als große Bereicherung, mit einem Ehrenamt Menschen helfen zu können. Es freut mich, wenn ich sehe, dass ein Klient es dann wieder alleine schafft“, ermuntert Crisma Praxmarer, Sozialbegleitung vielleicht auch für sich als Ehrenamt zu entdecken.

Breit aufstellen.
Das Angebot der Sozialbegleitung soll im Bezirk Reutte breiter aufgestellt werden, so der Leiter des Roten Kreuzes Reutte, Andreas Inwinkel. „Wir geben ein Schreiben an alle Gemeinden des Bezirkes aus und stellen das Angebot der Sozialbegleitung vor. Die Gemeinden und die Bevölkerung des Bezirkes sollen wissen, wen sie im Bedarfsfall kontaktieren können.“

Info.
Wer sich für das Ehrenamt „Sozialbegleitung“ des Roten Kreuzes Tirol interessiert, kann sich bei der Bezirksstelle des Roten Kreuzes Reutte unter Tel. 05672 62 444 oder E-Mail: info@roteskreuz-reutte.at oder beim Landesverband Tirol des Österreichischen Roten Kreuzes unter Tel. 057 144 123 bzw. E-Mail: sozialbegleitung@roteskreuz-tirol.at melden. Weitere Informationen unter www.roteskreuz-tirol.at, www.roteskreuz-reutte.at

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