Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Die Engel mit den Zunftzeichen

Die Krippe in der Zunftkirche Bichlbach ist um neue Figuren reicher

Eine Hochburg des Krippenbaus: Das ist zweifelsohne Bichlbach. Selbst Corona vermochte diese Tradition der Volkskunst nicht zu brechen – und so wuchs die Krippe in der Zunftkirche St. Joseph weiter an.
14. Dezember 2020 | von Jürgen Gerrmann
Stolz auf die auch in diesem Jahr wieder größer gewordene Krippe in der Zunftkirche zu Bichlbach sind der Obmann des Krippenbauvereins, Werner Hosp (links) und der Kustos der Bruderschaft St. Joseph, Lorenz Wacker.     RS-Fotos: Gerrmann
Von Jürgen Gerrmann.
Mit viel Liebe und Kunstfertigkeit hat der 86-jährige Engelbert Michalko die Kulisse für das weihnachtliche Geschehen um 20 Schafe, eine Brunnenszene und eine Gloriole bereichert. Und gerade diese „Krönung“ der Krippe ist etwas ganz Besonderes: Die drei Engel tragen nämlich die Zeichen der in der Bruderschaft St. Joseph versammelten Zünfte – den Winkel für die Maurer, den Zirkel für die Zimmerer und die Kelle für die Stuckateure. Aber alles, was sich da neu und aus früheren Zeiten tummelt, ist das Werk Engelbert Michalkos, der viel Hingabe für jede einzelne Figur verwendet hat. Und jede einzelne ist auch ein absolutes Unikat. Sie gibt es sonst nie mehr.

Bewegung und Tiefenwirkung. 
Die von Krippenbaumeisterin Doris Beirer entworfene orientalische Krippe, die Hannes Larcher perfekt ausgeleuchtet hat, kann als ein wahres Gesamtkunstwerk gelten. Und Lorenz Wacker, der Kustos der Zunftbruderschaft, schwärmt zum Beispiel von der „wunderschönen Bewegung“, die sie sowohl durch die Figuren als auch die Landschaften und Gebäude bis hin zum gemalten Hintergrund durchzieht: „Sie hat eine herrliche Tiefenwirkung und ist einfach künstlerisch hochwertig.“ Ihn fasziniert dabei nicht zuletzt die Balance, die bei dieser Krippe gefunden worden sei: „Es soll ja nicht übertrieben figural sein. Aber bedeutende Szenen aus dem Evangelium dennoch ihren Platz finden. Und das ist hier gelungen.“

Die drei Könige kommen.
Laut Werner Hosp, dem Obmann des Krippenbauvereins, stecken da schon ohne das Schnitzen und Fassen schon 150 Stunden Arbeit dahinter – die jetzige Erweiterung noch gar nicht mitgerechnet. Sie soll übrigens weiter wachsen: Nächstes Jahr stellen sich dann die heiligen Drei Könige beziehungsweise die Sterndeuter aus dem Morgenlande dazu. Apropos Drei Könige: Diese herrliche Krippe ist eine der Früchte der Arbeit des Krippenbauvereins, der am Dreikönigstag 1987 auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Albert Linser gegründet wurde. „Der wollte das Krippenwesen in jedes Haus bringen“, erzählt Werner Hosp. Damit habe er aber auch an die soziale Verantwortung der Menschen erinnern wollen, die sich im Wort „Herberge“ widerspiegle. Dass die Krippentradition in Bichlbach sich zu solch einer Blüte entwickeln konnte, liegt sicher auch mit daran, dass Linser so engagierte Mitstreiter zu finden vermochte: Dr. Walter Bachlechner zählte ebenso zu den Gründungsmitgliedern wie Lorenz Wacker, Gerd Ihrenberger, Stefan Kätzler und der leider schon verstorbene Hermann Berktold. In all den Jahren wurden zahllose Krippenbaukurse für Kinder und Erwachsene abgehalten, und der Obmann schätzt, dass bei etwa sechs bis sieben Darstellungen des weihnachtlichen Geschehens pro Jahr mittlerweile rund 150 Krippen zusammengekommen sind. Wobei die Eröffnung des Zunfthauses im Widum vor nunmehr fast 20 Jahren auch für den Verein ein Meilenstein gewesen sei: „Ab da konnten wir unsere Krippen so richtig ausstellen und ihnen auch einen würdigen Rahmen bieten.“

Voller Symbolik.
Die orientalischen Krippe, die in der Zunftkirche so viele begeistert, wurde als Stilart übrigens erst populär, als sich auch immer mehr Tiroler zu Pilgerreisen ins Heilige Land machen konnten: „Früher hatte man das ja nur aus Erzählungen gekannt und konnte es sich nicht so recht vorstellen“, sagt Lorenz Wacker. Aber nicht nur die Landschaft Israels arbeitete man daher mehr und mehr in dieses „inszenierte Evangelium“ ein. Sondern auch die Symbolik: „Im jüdischen Glauben ist die Sieben ja eine heilige Zahl. Deshalb gibt es in diesen Krippen ja auch sieben Ebenen. Und auch anderes ist auf die Sieben ausgerichtet. Man sieht das auf den ersten Blick vielleicht gar nicht – aber alles hat seine Bedeutung.“ Auch in einem von so vielen Einschränkungen geprägten Jahr eine solche Krippe aufbauen zu können (und sogar noch erweitert) – das ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Und der Einsatz der Mitglieder berührt natürlich auch den Obmann: „Dafür bin ich wirklich sehr dankbar.“

Info.
Die Krippe in der Zunftkirche St. Joseph zu Bichlbach ist noch bis Maria Lichtmess (2. Februar) täglich von 10 bis 19 Uhr zu sehen.
 
Die Engel mit den Zunftzeichen
Die Engel in der Gloriole halten die Zeichen der in der Bichlbacher Bruderschaft vereinigten Handwerkszünfte: Maurer, Stuckateure und Zimmerer.

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