60 Jahre Neue Mittelschule Lechtal: Feierstunde und fröhliches Fest
Klein begonnen, Großes erreicht: Eine tolle Entwicklung hat die Neue Mittelschule Elbigenalp genommen, seit im Spätherbst 1958 die ersten Kinder die Schulbank an der damals neuen Hauptschule drückten. Das wurde am Freitag sowohl beim Festakt als auch beim Tag der offenen Tür zum 60-jährigen Bestehen dieser Bildungseinrichtung deutlich.
Von Jürgen Gerrmann
„Wir feiern ein Fest der Freude“ – so hatte der Schulchor unter der Leitung von Gertrud Hammerle und Karin Knitel gleich zu Beginn den Nagel auf den Kopf getroffen. Und Direktorin Alexandra Pass lieferte ebenfalls sofort des Rätsels Lösung, warum die Schule zwar 1958 gegründet, das Jubiläum aber erst 2019 gefeiert werde: „Wir rechnen in Schuljahren, nicht in Kalenderjahren.“ Und so war man kurz vor den Ferien ja durchaus noch im Zeitrahmen.
Wie alles begann.
Stolz auf „ihre“ Schule: Direktorin Alexandra Pass hält Karl Jägers Chronik über die Gründerzeit der heutigen NMS Lechtal in den Händen.
Sie freute sich auch sehr, dass so viele Schüler aus den ersten Jahrgängen mit von der Fest-Partie waren. Sie konnten sich sehr gut in jene Zeit hineinversetzen, die Karl Jäger in seiner liebevoll verfassten Schulchronik, aus der Angelika Pass zitierte, geschildert hatte: Durch den wachsenden Wohlstand in der Nachkriegszeit und die dadurch entstandenen „differenzierten Lebensverhältnisse“ sei der Ruf nach einer „guten Schule“ laut geworden, da die Volksschüler in jener Zeit benachteiligt worden seien. Zudem seien die Buben zu oft „auf der Straße“, wodurch die Schulleistungen leider „mehr als dürftig“ seien. Einer Bürgerversammlung im Gasthof „Stern“ seien die Gegner – Gott sei Dank – fern geblieben, so dass die Stimmung dem Projekt gegenüber „überaus gewogen“ gewesen sei: Es gab nur eine Gegenstimme.
Doch, als das Schuljahr am 16. September 1958 begann, sei das Gebäude noch gar nicht fertig gewesen, dennoch habe der Unterricht „mit großem Eifer begonnen“, auch wenn man nur über einen Noteingang in die Klassenzimmer gelangt sei und dann bis zum Funktionieren der Zentralheizung im November furchtbar gefroren habe., Viele Veränderungen.
Viele Veränderungen.
„Vieles hat sich am Gebäude verändert, aber noch mehr am Unterricht“, zog Alexandra Pass einen Vergleich zum heute. In der Zwischenzeit habe man mit Großveranstaltungen auf sich aufmerksam gemacht, Bildungsschwerpunkte gesetzt und sich als innovative Schule einen Namen gemacht. Gesellschaft und Wirtschaft hätten nun ganz andere Anforderungen als in der Gründerzeit, es gehe auch zunehmend nicht nur um Bildung, sondern auch um Erziehung. Die Schule habe sich von der Bildungsanstalt zum Lebensraum entwickelt, es werde individuell in Kleingruppen statt frontal unterrichtet.
Man sehe die Schule als Schule für alle Lechtaler Kinder – von Steeg bis Forchach: „Niemand soll auf der Strecke bleiben. Wir fordern und wir fördern. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ziel.“
Für die Bürgermeister des Schulverbands, denen Alexandra Pass ausdrücklich für ihre Unterstützung gedankt hatte, sprach der Elbigenalper „Hausherr“ Markus Gerber. Er erinnert daran, dass man schon früher habe kämpfen müssen: „Und wir kämpfen noch heute, um die Schule voranzubringen. Wir wissen, was wir haben und was uns das kostet.“ Trotzdem sei in der Schulverbandsversammlung nie ein Jammern oder Stöhnen über diese Ausgaben laut geworden. Auch weiterhin gebe es viel zu tun: Die Barrierefreiheit fehle zum Beispiel. Freilich: „Ohne die Unterstützung des Landes Tirol wären die Investitionen der Vergangenheit und Zukunft für uns niemals möglich.“
„Klein hat man begonnen, Großes ist entstanden“, lobte die Schulqualitätsmanagerin für die Bildungsregion Reutte, Edith Müller. In Elbigenalp widme man sich engagiert dem Ziel, „Bildung dem anzupassen, was wir heute brauchen.“
Ein Loblied sang auch die für Bildung zuständige Landesrätin Beate Palfrader: In der NMS Lechtal habe man in diesen sechs Jahrzehnten nie das Ziel aus den Augen verloren, die Kinder und deren Entwicklung in den Mittelpunkt aller Bemühungen zu stellen. Bildung, aber auch Werte vermittle man vorbildlich, sei immer sehr innovativ, auch im sozialen Bereich. Beeindruckend sei das Engagement für Benachteiligte (wie die Indianer am Rio Xingu im Amazonasgebiet) und den Klimaschutz. Überhaupt gebe es große Angebote jenseits des „Normalprogramms“.
Boden und Birne.
Diese Schule sei ein gutes Beispiel dafür, dass die herrliche Bergwelt nicht den Blick nach außen verstelle oder verhindere, den Horizont zu erweitern: „Wenn wir in Tirol nichts im Boden haben, müssen wir was in der Birne haben“, fasste sie ihren Dank an die Pädagogen in Worte. Sie beeinflussten damit nicht nur die Entwicklung der Schüler, sondern einer ganzen Gesellschaft.
Die hervorragende Arbeit, die in Elbigenalp geleistet wird, wurde am großen Fest-Tag nicht nur durch den Schulchor, der zum Schluss der Feierstunde auch mit einer „Jubiläums-Festtags-Eigenkomposition“ aufwartete, in der sämtliche Orte des Schulverbands und auch sämtliche Fächer und zahllose Unterrichtsthemen auftauchten, deutlich, sondern auch beim Gang durch die die Schulräume, bei dem man die ganze Bandbreite dieser Bildungseinrichtung spüren konnte.
Da vermochte man zum Beispiel das größte Hotel im Lechtal zu erleben – allerdings ist es nur Bienen vorbehalten. Ein pfiffiger Raumteiler begeisterte die Gäste ebenso wie ein Handy-Depot aus Holz. Auch sein Wissen über heimische Baumarten konnte man testen. In der Sporthalle konnte man über eine Trampolin-Show der Buben ebenso staunen wie über Top-Showtänze der Mädchen. Und im Computerraum wartete noch ein Quiz auf die Besucher, bei dem es auch Überraschungen gab: Woher kommen zum Beispiel die meisten Schüler der NMS? Nein, es ist nicht Elbigenalp. Die richtige Antwort lautet: Bach.