Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Dorfprominenz im Clinch

Alt- und Jetzt-Bürgermeister von Bichlbach streiten um Verzögerungsspur

Fast alle in Bichlbach dürften es wissen, und viele im Außerfern auch: Altbürgermeister Albert Linser und dessen Nach-Nach-Nachfolger Klaus Ziernhöld werden zumindest im 21. Jahrhundert keine engsten Freunde mehr. Und dies wirkt sich nun auch auf ein Straßenbauprojekt aus.
1. Feber 2021 | von Jürgen Gerrmann
Dorfprominenz im Clinch
Um diese (nicht zuletzt im Winter) gefährliche Kreuzung am östlichen Ortsrand von Bichlbach gibt es gewaltige Debatten und im Moment eine Blockade: Alt-Bgm. Albert Linser fordert eine Verzögerungsspur aus Richtung Wengle, will den dafür erforderlichen Grund aber nur hergeben, wenn ein Fahrverbot auf dem Begleitweg Richtung Bahnhof verhängt wird. Das möchten freilich der jetzige Bürgermeister Klaus Ziernhöld und der Gemeinderat nicht. RS-Foto: Gerrmann
Von Jürgen Gerrmann.
„Die Sache hier ist lebensgefährlich“, sagt Albert Linser, wenn man mit ihm an der Ausfahrt vom Weg zu seinem Tierpark auf die B179 steht. Nach dem gewaltigen Wintereinbruch Mitte Jänner türmten sich dort die Schneeberge, die Sicht von beiden Fahrbahnen auf die jeweils andere war versperrt: „Neulich hätte ich schier einen schweren Unfall gebaut. Hier kann man auf der Bundesstraße Tempo 80 fahren, viele preschen mit viel mehr vorbei.“ Dem Vernehmen nach soll die Verzögerungsspur in Richtung Albert Linsers Tierpark schon im Zusammenhang mit dem Bau der Bichlbacher Lärmschutzwand zur B179 verabredet gewesen sein. Damals wurde ja auch der Begleitweg zur Bundesstraße gebaut, der laut Linser nötig wurde, weil früher acht oder neun Feldausfahrten auf die stark befahrene Straße geführt hätten (nicht nur von seinem Tierpark, sondern auch für die Land-, Jagd- und Forstwirtschat).

Das Land gibt sich bedeckt.
Warum hat sich also bislang noch nichts getan? Warum exis-tiert die Verzögerungsspur ab dem jetzigen großen Hinweisschild nach links zur Almkopfbahn noch immer nicht, obwohl das Land Tirol diese Straßenbaumaßnahme doch eigentlich zugesagt hat? Bei der Antwort auf diese Frage gibt sich Diplom-Ingenieur Robert Zach von der Abteilung Verkehr und Straße des Landes Tirol eher etwas zugeknöpft: Eigentlich sei das Projekt schon für 2019 vorgesehen gewesen. Allerdings werde das Land nicht tätig, bevor sich die Gemeinde Bichlbach und Albert Linser geeinigt hätten. Es existiere nämlich quasi ein Junktim. Albert Linser gehört im Moment die Fläche, auf der die Verzögerungsspur gebaut werden soll: „Und die gibt er erst her, wenn auf dem Feldweg zwischen der Abbiegung zu seinem Tierpark bei seinen Stallungen und dem Bahnhof ein Fahrverbot erlassen wird.“

Ein ominöses Fahrverbot.
Wie kann das sein? Der Altbürgermeister erklärt das so: Nach dem Brand des Bichlbacher Bahnhofs habe er die Brandruine gekauft. Zum Grund, den er im Zuge dessen von der Bahn erworben habe, habe auch ein Abschnitt des Feldweges gehört. Den habe er beim Bau des Lärmschutzes und des Begleitweges durch das Land und der Gemeinde Bichlbach nur unter der Bedingung wieder (dann an das Land) abgegeben, dass ein Fahrverbot erlassen werde, von dem allein Berechtigte und Zoobesucher ausgenommen werden können. Linser dazu: „In der Zwischenzeit habe ich schon x-mal urgiert, was mit dem Fahrverbot los ist. Aber die Gemeinde tut nix.“ In der Gemeinderatssitzung vom 28. Juli 2020 habe Bürgermeister Klaus Ziernhöld behauptet, das sei Linser nie zugesichert worden. Auch bei der Vollversammlung der Agrar tags zuvor habe das Gemeindeoberhaupt in dieser Richtung nicht der Wahrheit die Ehre gegeben. Und wie sieht der Angegriffene das? „Aus meiner Erinnerung hat man dem Albert nur versprochen, sich die Sache anzuschauen, wenn die Verzögerungsspur fertig ist. Schon jetzt fahren auf dem Feldweg doch ohnehin nur Einheimische.“ Diese neue Spur auf der Abfahrt wäre für ihn persönlich kein Problem: „Aber das soll der Albert mit dem Land ausmachen. Ich kann das Ding nicht bauen. Die Gemeinde hat kein Geld, und wir schieben auch sonst einen Berg von Aufgaben vor uns her. Ich bin in dieser Sache nicht im Boot – und der Gemeinderat auch nicht.“ Eine „sündteure Abfahrt“ zu bauen und dann ein allgemeines Fahrverbot zu erlassen, das nur Linser zugute komme: „Das wird es nicht geben.“ Dem wirft der Bürgermeister auch vor, ganz bewusst viel Grund aufgekauft zu haben, um die Gemeinde immer wieder unter Druck setzen zu können: „Ich tue deswegen so wenig wie möglich mit ihm.“ Wobei auch aus seiner Sicht der Tierpark eine „super Sache“ für Bichlbach sei. Und Albert Linser sei ein Schaffer ohnegleichen: „Der springt Tag und Nacht. So viel wie er macht sonst keiner im Dorf.“ Aber für alles müsse es auch Grenzen geben: „Das Spielchen mit dem Fahrverbot – na, das wär vielleicht eine Nummer!“ Man müsse sich nur einmal die Schlagzeilen vorstellen, wenn für einen öffentlichen Weg solch ein Fahrverbot, das nur einem zugute komme, verhängt würde: „Das wäre einmalig. Dann würden die Leute ja sagen, der Ziernhöld ist der blödeste Bürgermeister, und zwar nicht nur von Tirol, sondern von der ganzen Welt.“ Die Fronten bleiben also verhärtet. Keiner will nachgeben. Albert Linser beharrt auf der Einlösung des Versprechens, von dem er überzeugt ist, dass es ihm dereinst gegeben wurde. Und er macht Ziernhöld auch persönlich mitverantwortlich, wenn es an der umstrittenen Kreuzung zu Unfällen komme: „Wenn da was passiert, macht er sich mitschuldig.“

Ziernhöld kandidiert nicht mehr.
Die Geschichte hat übrigens noch einen Nebenas-pekt. Zum Abschluss des Gesprächs mit der RUNDSCHAU äußerte sich der Bürgermeister nämlich so: „Dieses Fahrverbot – nein, dieses Abschiedsgeschenk werde ich dem Albert nicht machen. Der Weg ist in der Obsorge der Gemeinde, und das bleibt auch so.“ Abschiedsgeschenk? „Ja, mit Ablauf dieser Wahlperiode ist Schluss. Ich war dann 24 Jahre dran. Es war ein schöne Zeit, wir haben viel weitergebracht mit dem Gemeinderat. Aber alles im Leben hat seine Zeit. In der Pension habe ich wieder was anderes vor.“
 

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