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Ein Leben für die Freude am Glauben

Pfarrer Donatus Wagner feierte sein Goldenes Priesterjubiläum

„Donatus“: Auf Latein heißt das „der Geschenkte“. Um beim Latein zu bleiben: Nomen est omen. Wohl fast alle im Tannheimer Tal dürften zustimmen: Donatus Wagner war und ist ein Geschenk für das Tal und das ganze Außerfern. Vor Kurzem konnte der beliebte Seelsorger sein Goldenes Priesterjubiläum feiern.
27. Oktober 2020 | von von Jürgen Gerrmann
Ein Leben für die Freude am Glauben
Seit 50 Jahren verkündet Donatus Wagner als Pfarrer das Wort Gottes. Das Feuer des Glaubens lodert auch noch nach einem halben Jahrhundert in ihm. RS-Foto: Gerrmann
von Jürgen Gerrmann

Im (sogenannten)„Ruhestand“ lebt Donatus nun dort, wo er am 8. Juni 1943 das Licht der Welt erblickte: in Grän. Dort wurde in ihm schon in der Kindheit die Freude am Glauben geweckt: Pfarrer Albert Schedler (er stammte aus Bach im Lechtal) lud ihn zu den Ministranten ein, und als solcher durfte er auch schon Lesungen halten. „Da habe ich schon so etwas wie eine Berufung gespürt“, erzählt Donatus Wagner im Gespräch mit der RUNDSCHAU in seinem „Alterssitz“ im Pfarrhaus neben der Gräner Kirche: „Aber eigentlich wollte ich zuerst ja Koch oder Lehrer werden.“ Vermutlich lag das an den Zweifeln, die ihn in der 7. Klasse am Gymnasium Paulinum in Schwaz überfallen hatten. Also zog es ihn erst mal doch zur Pädagogik: „Aber während der Vorbereitung in Innsbruck habe ich dann doch etwas erlebt, was mir als Anrufung Gottes vorkam.“ Mit 21 suchte er dann das Gespräch mit Gottfried Griesl, dem damaligen Regens des Innsbrucker Priesterseminars. Und der bestärkte ihn in seiner Einschätzung.

KOOPERATOR EINES REUTTENERS. Mit ihm begannen damals 20 junge Männer die Ausbildung: „Vier wurden schließlich geweiht, zwei leben noch.“ Am 30. Mai 1970 weihte Bischof Paul Reusch ihn in der Pfarrkirche in Tannheim zum Priester, tags darauf leitete er in seinem Heimatort zum ersten Mal die Eucharis-tiefeier. Seine erste Stelle führte ihn zu einem Reuttener: als Kooperator von Walter Linser in Wattens. Danach ging es für vier Jahre zu Monsignore Heinz Schramm, dem Stadtpfarrer in Saggen, bevor die Pfarre in Volders vakant wurde und ihn der dortige Bürgermeister Erwin Bosch aufforderte, sich zu bewerben. Was kein Wunder war, denn auch der war ein Gräner. Nach elf Jahren folgte dann der Ruf in die Heimat: In Tannheim war Pfarrer Xaver Heinzer gestorben, „und da hat mich Bischof Reinhold Stecher gebeten, um die Stelle anzusuchen“. Was sich als Glücksfall für beide Seiten erweisen sollte. Obwohl ihm dies am 1. September 1988 durchaus als Wagnis vorkam. Schließlich hatte Jesus ja einmal gesagt, dass der  Prophet im eigenen Lande nichts gelte. In diesem Fall sollte das freilich nicht zutreffen. 2007 wurde er dann zum Pfarrer für den gesamten Seelsorgeraum Tannheimer Tal/Jungholz berufen und noch jetzt im Ruhestand wirkt er als ständiger Aushilfsseelsorger im Zwischentoren – und auch sonst überall dort, wo er gebraucht wird.

DER GLAUBE UND DER ZWEIFEL. Wer Donatus Wagner begegnet, der erlebt ihn als Inbegriff der Lebens- und Glaubensfreude. Hatte er denn nie die „Thomas-Momente“ des Zweifels? „Oh doch, immer wieder.“ Und zwar nicht nur ,als ihm dann die Betreuung von sechs Pfarren im Tannheimer Tal letztlich doch zu viel wurde und er dann 2012/13 in ein Sabbatjahr ging. Sondern auch, „weil ich mit manchen Bestimmungen in unserer Kirche nicht einverstanden war und bin“. Freilich: „Das gehört dazu. Der Zweifel ist ein Kind des Glaubens.“
Und auch das Verbrauchtsein gehöre zum Leben. In seiner großen Krise vor acht Jahren, „da hatte ich einfach nicht mehr den Schwung und die Freude“. Aber da habe ihm das Sabbatjahr mit Exerzitien, Begegnungen, Fortbildungen doch sehr gut getan: „Danach habe mich Bischof Manfred Scheuer gefragt, ob mir das etwas gebracht habe. Ich habe ihm geantwortet ,Ich habe meine erste Liebe wiedergefunden'.“ Und die wäre? „Die Verkündigung, die Botschaft des Glaubens, die Christus uns geschenkt und wiedergeschenkt hat.“ In Donatus lodert unverkennbar das Feuer des Glaubens. Woher rührt dessen Kraft? „In der Botschaft Jesu, die Orientierung gibt, prägt, das Leben formt und mit Hoffnung erfüllt.“  Und genau das ist für ihn das Zentrale des Glaubens: „Hoffnung, die Zukunft verheißt. Nicht der irdische Tod ist das Letzte. Gott hat andere Pläne mit seiner Schöpfung: Vollendung in Ewigkeit.“

CORONA UND DIE HOFFNUNG. Im Zeichen von Corona sind indes viele Menschen nicht so sehr von Hoffnung, sondern von Angst erfüllt. Wie geht er damit um? „Ich versuche zu sagen, dass wir diese Krankheit bekommen und auch daran sterben können. Aber in der Geschichte haben wir viele Seuchen überwunden. Das Leben hat Zukunft.“ Gott habe den Menschen mit freiem Willen ausgestattet. Die Schöpfung sei eine unvollkommene Welt: „Es gibt auch das Böse, Unglücke, Seuchen, unschuldiges Leiden.“ Der Mensch könne seinen freien Willen aber auch einsetzen, etwas gegen Umweltzerstörung zu tun. Oder etwas für die Menschen auf den Schattenseiten: „Wir sollten Behinderten, Asylsuchenden und überhaupt jedem in Not begegnen wie Jesus, für den das die Umsorgten waren.“ Das reiht Donatus von Grän in die Nachfolge Benedikts von Nursia ein: „In jedem Menschen sollten wir Christus begegnen. Jeder ist eine Schickung Gottes. Das ist einfach eine Realität.“ Mit dem Menschen seien untrennbar Grenzen und Unvollkommenheit verbunden: „Vieles gelingt nicht.“ Früher habe auch er ein schlechtes Gewissen gehabt, wenn etwas nicht perfekt gelaufen sei. Aber mit dem Alter sei die Erkenntnis gewachsen: „Ich bin Diener des Herrn. Ob etwas gelingt, liegt nicht allein an mir. Ich bin nicht der Herr.“ Trotz aller Glaubensfreude: „Ich weiß, dass sich die Kirche erneuern und verändern muss. Ich leide an Rom und Innsbruck, weil nach wie vor zu wenig in dieser Richtung unternommen wird.“ Und was muss  sich verändern? Wiederverheiratete Geschiedene müssten selbstverständlich wieder an der Eucharistie teilnehmen können. Auch Frauen müssten geweiht werden. Und man dürfe nicht so stur am Kodex hängen: „Man muss ihn auch um der Liebe und der Wahrheit Willen übertreten können. Die Sünde ist da. Aber nicht alles ist Sünde, was man früher für Sünde gehalten hat.“ Das sei immer sein Streben gewesen: „In der Gemeinde Menschen zu finden, die versuchen, aus dem Geiste Jesu zu leben, die die Bibel kennen (denn nur wer die Bibel kennt, kennt Jesus), miteinander Eucharistie feiern und Salz der Erde und Licht der Welt für andere sind.“ Solidarität ist für Donatus auch in der Welt von heute ein zentraler Begriff. Er gibt da dem deutschen Alt-Bundespräsidenten Joachim Gauck völlig recht: „Das friedliche Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft lehrt uns zu dulden, auszuhalten, zu respektieren, was wir sonst nicht oder nicht vollständig aushalten. Dazu muss man sich aber der eigenen Identität sicher sein. Dann kann man selbstbewusst in Dialog und Widerstreit eintreten.“ Gauck war vor seiner Zeit als Staatsoberhaupt ein evangelischer Pfarrer. Dass ihn Donatus zitiert, zeigt auch, wie wichtig ihm Ökumene ist: „Früher hatte man im Außerfern negative Gedanken gegen die Luthrischen. Heute spielt das keine Rolle mehr.“ Seit er Pfarrer sei, habe er immer gute Kontakte gepflegt, mit seinem evangelischen Kollegen Mathias Stieger habe es immer eine sehr gute Beziehung gegeben: „Wir haben große Fortschritte erlebt. Die Menschen spüren, dass es Vielfalt in der Einheit geben muss.“ 
 

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